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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ws 236/01 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Rücknahme der Pflichtverteidigerbestellung aus wichtigem Grund

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Pflichtverteidiger; Rücknahme der Bestellung, wichtiger Grund

Normen: StPO 143

Beschluss: Strafsache gegen P.K.
wegen Mordes, hier: Ablehnung der Rücknahme der Pflichtverteidigerbestellung

Auf die Beschwerden des Angeklagten vom 23., 25. und 28. Mai 2001 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der VII. Strafkammer
(Schwurgericht) des Landgerichts Dortmund vom 24. April 2001 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.06.2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerden gegen die Zurückweisung des Antrags auf Zurücknahme der Pflichtverteidigerbestellung sowie die Nichtbestellung des Wahlverteidigers zum Pflichtverteidiger werden auf Kosten des Angeklagten verworfen.

G r ü n d e :
Der Angeklagte wendet sich mit gleichlautenden Schriftsätzen seines Wahlverteidigers vom 23. und 25. Mai 2001 bzw. mit seiner im Hauptverhandlungstermin vom 28. Mai 2001 erhobenen Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden der VII. Strafkammer (Schwurgericht) des Landgerichts Dortmund vom 24. April 2001, durch den der Antrag des Angeklagten vom 3. April 2001, die Bestellung des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt S. aus Dortmund zurückzunehmen und dem Angeklagten Rechtsanwalt
N. aus Dortmund zum Pflichtverteidiger zu bestellen sowie der Antrag des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt S. vom 18. April 2001 auf Entpflichtung jeweils zurückgewiesen worden sind.
Der Schwurgerichtsvorsitzende hat der Beschwerde des Angeklagten im Hauptverhandlungstermin vom 28. Mai 2001 nicht abgeholfen.

Die Rechtsmittel sind zulässig, aber unbegründet.

Der Schwurgerichtsvorsitzende hat mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, die Anträge des Angeklagten zurückgewiesen sowie dessen Beschwerde nicht abgeholfen.

Ein wichtiger Grund, der über den hier nicht einschlägigen Fall des § 143 StPO hinaus die Auswechslung des Pflichtverteidigers rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 143 Randnummern 3 bis 5 m.w.N.).

Ein substantiiertes Vorbringen, aus dem sich die mangelnde Qualifikation des Pflichtverteidigers oder mangelnder Einsatz für die Belange des Angeklagten herleiten ließe, liegt nicht vor. Die offenbar bei dem Angeklagten von dritter Seite hervorgerufene, aber nicht näher begründete Erwartung, sein nunmehriger Wahlverteidiger sei für seine Verteidigung in einem Schwurgerichtsverfahren besser geeignet, rechtfertigt weder die Annahme einer Pflichtverletzung durch den bisherigen Pflichtverteidiger noch ein zu diesem gestörtes Vertrauensverhältnis. Im Übrigen hat Rechtsanwalt S., der ursprünglich auf Wunsch des Angeklagten zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, den Angeklagten nach dessen eigenem Vortrag zunächst dreimal in der Justizvollzugsanstalt aufgesucht. Weitere Besuche zur Vorbereitung der am 28. Mai 2001 begonnenen Hauptverhandlung fanden laut Mitteilung von Rechtsanwalt S. am 4. April und 11. Mai 2001 statt. Damit ist der Pflichtverteidiger in einem für die Durchführung einer pflicht- und sachgemäßen Verteidiung erforderlichen Umfange tätig geworden. Wenn gleichwohl der Angeklagte, ohne dies näher darlegen zu können, mit seinem Pflichtverteidiger „nicht zufrieden“ ist, ist damit aus der Sicht eines vernünftigen und verständigen Angeklagten (vgl. OLG Hamm MDR 1967, 856) kein wichtiger Grund ersichtlich, die Bestellung des bisherigen Pflichtverteidigers aufzuheben und stattdessen den derzeitigen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt N. als Pflichtverteidiger zu bestellen.

Auch tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über das Verteidigungskonzept, die Ausdruck einer ernsthaften Vertrauenskrise sein können (vgl. dazu die vom Wahlverteidiger in seiner Beschwerdeschrift zitierte Entscheidung des OLG Hamm in StV 1982, 510), sind im vorliegenden Falle nicht erkennbar und werden auch nicht vorgetragen.
Hinzu kommt, dass die erstrebte Auswechslung des Pflichtverteidigers wegen der terminlichen Verhinderung von Rechtsanwalt N. die Durchführung der am 28. Mai 2001 begonnenen Hauptverhandlung unmöglich gemacht und zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung geführt hätte, deren Umfang nicht absehbar gewesen wäre. Eine derartige Verletzung des Beschleunigungsgebotes, das nicht der alleinigen Disposition des Angeklagten unterliegt, wäre indes nicht hinnehmbar.

Unter diesen Umständen ist das übereinstimmende Begehren von Pflichtverteidiger und Angeklagtem, das auf die bloße Behauptung eines gestörten Vertrauensverhältnisses gestützt ist, ohne ein solches indes nachvollziehbar zu belegen, zu Recht zurückgewiesen worden.

Die Beschwerden waren daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.


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