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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 351/2001 OLG Hamm

Leitsatz: Ein förmlicher Hinweis des Gerichts auf eine wesentliche Änderung der Sachlage ist dann nicht erforderlich, wenn der Angeklagte durch den Gang der Hauptverhandlung über die Änderung informiert wird.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: förmlicher Hinweis des Gerichts, Unterrichtung durch den Gang der Hauptverhandlung, wesentliche Änderung der Sachlage

Normen: StPO 265

Beschluss: Strafsache gegen M.R. und E.C.

wegen gefährlicher Körperverletzung

Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil der 14. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 4. Dezember 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.06.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung der Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Die Revisionen werden auf Kosten der Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Die Angeklagten sind durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 19. Mai 2000 wegen gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die dagegen gerichteten rechtzeitigen Berufungen der Angeklagten hat die 14. kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum verworfen.

Die äußerst umfangreichen tatsächlichen Feststellungen der 14. kleinen Strafkammer lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Angeklagten arbeiteten zur Tatzeit als Türsteher in der Diskothek "Seventh Heaven" in Bochum. In den frühen Morgenstunden des 28. November 1999 kam es gegen 3.30 Uhr in der Diskothek zu einem Tumult zwischen Gästen, in dessen Verlauf die Angeklagten zwei Besucher, deren Identität nicht ermittelt werden konnte, nach draußen führten. Die Angeklagten wurden bei diesem Vorgang von einem weiteren Türsteher unterstützt, dessen Identität aber ebenfalls nicht zu klären war.

Nachdem die Angeklagten in die Diskothek zurückgekehrt waren, packten sie ohne ersichtlichen Grund den Geschädigten W., der sich gleichfalls in der Diskothek aufhielt. Der Angeklagte R. nahm W. in den Schwitzkasten und führte ihn zum Ausgang der Diskothek. Während dieses Vorgangs versetzten der Angeklagte C. und der bislang unbekannt gebliebene Mittäter dem Geschädigten W. mehrere Schläge ins Gesicht. Mindestens einen Schlag führte der Angeklagte C. aus. Der Zeuge W. erlitt erhebliche Verletzungen, namentlich eine Schmelzabsprengung an Zahn 41, ein Frontzahntrauma an Zahn 11, ein deutliches infraorbitales Hämatom rechts, ein leichtes Hämatom an der linken Unterlippe sowie an der linken Wange, eine Jochbeinprellung rechts und eine Wangenprellung links.

Die Angeklagten haben die ihnen zur Last gelegte Tat in Abrede gestellt und sich übereinstimmend u.a. dahingehend eingelassen, dass der Angeklagte R. den Geschädigten W. nicht angefasst habe. Vielmehr sei W. von C. hinausgeführt worden, nachdem er diesen mehrfach ohne Grund festgehalten habe. Beim Hinausführen seien der Angeklagte C. und W. in einen Tumult zwischen mehreren Gästen geraten, bei dem diese Personen auf W. eingeschlagen und ihm offenbar die zuvor beschriebenen Verletzungen beigebracht hätten.

Gegen dieses Urteil richten sich die form- und fristgerecht eingelegten und im Einzelnen begründeten Revisionen der Angeklagten, mit denen die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum erstrebt wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revisionen gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.
Die Rechtsmittel sind zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1.
Die Rüge der Verletzung des § 265 Abs. 4 StPO, Art. 103 Abs. 1 GG greift nicht durch.

Die Angeklagten rügen in zulässiger Form, dass das Landgericht es entgegen der nach § 265 Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 103 GG bestehenden Hinweispflicht unterlassen habe, sie auf eine wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Sie haben dazu zusammengefasst Folgendes ausgeführt:

Die tatsächlichen Grundlagen des Schuldspruchs hätten im angefochtenen Urteil gegenüber der zugelassenen Anklage und dem erstinstanzlichen Urteil eine unter Verteidigungsaspekten wesentliche Änderung erfahren, ohne dass die Angeklagten hierauf in geeigneter Weise hingewiesen worden wären. Sowohl die zugelassene Anklage als auch das erstinstanzliche Urteil lasteten den Angeklagten eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen W. ohne Tatbeteiligung eines weiteren Mittäters an. Demgegenüber gehe die Strafkammer davon aus, dass sich eine dritte Person, vermutlich ein dritter Türsteher, an dem Geschehen beteiligt und dem Geschädigten W. ebenfalls mehrere Schläge versetzt habe. Diese Schläge seien den Angeklagten als mittäterschaftliche gefährliche Körperverletzung zugerechnet worden. Auf diese grundsätzliche Änderung der Urteilsgrundlagen seien die Angeklagten nicht hingewiesen worden.

Zwar ist den Revisionsführern zuzugeben, dass die Strafkammer ihrer Entscheidung eine wesentliche Änderung der Sachlage zugrunde gelegt hat, indem sie von einem weiteren Mittäter ausging. Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, die den Anklagesatz dahingehend auslegt, dass davon auch die Tatbeteiligung eines Dritten umfasst ist. Dem Anklagesatz ist nicht mit der nötigen Eindeutigkeit zu entnehmen, ob sich das "sie" lediglich auf die beiden Angeklagten bezieht oder ob es sich auch auf den bislang unbekannten Türsteher erstreckt.

Allerdings sind die Angeklagten und ihre Verteidiger aber nicht von dieser Änderung überrascht worden. Ihnen ist zwar kein förmlicher Hinweis im Sinne des § 265 Abs. 1 StPO erteilt worden. Dies ist aber auch nicht erforderlich, da es sich nicht um einen protokollierungsbedürftigen Vorgang nach § 273 StPO (zu vgl. BGHSt 19, 141,143) handelt. Es genügt vielmehr, wenn die Angeklagten wie hier - "durch den Gang der Hauptverhandlung" oder auf andere Weise (Befragung) davon unterrichtet worden sind, welche Veränderung der Sachlage das Gericht in Betracht zieht ( vgl. dazu BGHSt 19, 141, 143; 28, 196, 198; BGH NStZ 1981, 190; StV 1988, 329; 1995, 116; 1996, 584, 585; BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 3 u. § 265 Abs. 4 Hinweis 4 ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zeigt schon der Umstand, dass das Gericht auf eine bestimmte Tatsache in einem bestimmten Zusammenhang Wert legt, den von ihm gesehenen neuen tatsächlichen Gesichtspunkt ( vgl. BGHSt 19, 141, 143). Damit würde auch in den Augen des Angeklagten ein ausdrücklicher Hinweis überflüssig erscheinen. Allerdings soll es nicht ausreichen, wenn das Gericht die in der zugelassenen Anklage nicht enthaltenen neuen tatsächlichen Umstände ausschließlich im Rahmen von Zeugenvernehmungen anspricht (vgl. BGH StV 1996, 584, 585).

Diesen von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hat die Strafkammer Rechnung getragen. Sie hat den Angeklagten während der gesamten Hauptverhandlung deutlich gemacht, dass sie Wert auf die Klärung der Frage legt, ob ein weiterer Mittäter an der Körperverletzungshandlung zum Nachteil des Geschädigten W. beteiligt war. Dies belegen die Urteilsgründe eindeutig. So sind die Angeklagten gleich zu Beginn ihrer Vernehmung zur Sache ausdrücklich nach der Existenz eines weiteren Türstehers an dem besagten Abend befragt worden, was diese verneint haben. Zwar hat die Strafkammer die Angeklagten ausweislich der Urteilsgründe im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung nicht nochmals ausdrücklich nach einer möglichen Tatbeteiligung einer dritten Person in Bezug auf W. befragt. Dies war aber angesichts der Einlassung der Angeklagten zum eigentlichen Tatgeschehen und ihrer generellen Verneinung eines dritten Türstehers entbehrlich.

Die Vorsitzende der Strafkammer hat darüber hinaus im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, die sich immerhin über fünf Termine erstreckt hat, im Rahmen der Beweisaufnahme sämtliche Zeugen, die sich in der Tatnacht in der Diskothek aufgehalten haben, danach befragt, ob neben den Angeklagten an dem besagten Abend noch ein weiterer Türsteher Dienst getan und ob und wenn ja, wie dieser sich an dem angeklagten Tatgeschehen beteiligt habe.

Ausweislich der Urteilsgründe hat sich der Geschädigte W. zu dem Tatgeschehen und zu der Rolle eines dritten Türstehers u.a. wie folgt geäußert:

"Seiner Erinnerung nach sei das In-den-Schwitzkasten-nehmen durch R. für ihn völlig überraschend gekommen. Er W. habe nicht zuvor einen Türsteher angegangen, habe keinen auch nur berührt. Er sei von drei Türstehern, nämlich R., C. und einem Dritten, rausgeführt worden. Auf Vorhalt, dass er in der Hauptverhandlung erster Instanz nicht sicher gewesen sei, ob ein dritter Türsteher dabei gewesen sei insoweit hat die Zeugin Richterin am Amtsgericht Franz, die die Hauptverhandlung erster Instanz geführt hat, bekundet, W. habe das so gesagt, wobei ihm auch vorgehalten worden sei, in seiner Strafanzeige habe er von drei Türstehern gesprochen-: Das müsse ein Missverständnis sein. Er sei immer sicher gewesen, dass es drei Türsteher gewesen seien, wobei er einen von ihnen nicht habe identifizieren können. Das habe er auch mit seiner Aussage in der Hauptverhandlung erster Instanz so sagen wollen. Die mehrfache Frage des Verteidigers des Angeklagten C. in der Hauptverhandlung erster Instanz, ob es zwei oder drei Türsteher gewesen seien, habe er nur auf die Frage der Identifizierung bezogen. Zu dem Tatgeschehen W. weiter: Auf dem Weg nach draußen seien sie rechts um die Bassboxen herum, also über die Tanzfläche gegangen. Den ersten Schlag habe er etwa in Höhe der Thekenecke verspürt. Der Schlag sei gegen sein Gesicht gegangen und habe wohl sein rechtes Auge getroffen. Wer den Schlag ausgeführt habe, wisse er nicht genau, meine aber, das sei der dritte Türsteher, so ein kleiner gewesen er habe nur dessen Umriss, ihn schemenhaft gesehen-, den er nicht identifizieren könnte, wobei er auch nicht sagen könne, ob es etwa St. gewesen sein könne. Dieser Kleine sei schnell da und ebenso schnell wieder weggewesen. Er habe ihn danach nicht mehr gesehen."

Das Landgericht hat neben W. weitere Besucher der Diskothek als Zeugen zu dem Vorfall vernommen und ihnen offenbar die Frage gestellt, ob möglicherweise eine dritte Person an dem tätlichen Übergriff zum Nachteil des Geschädigten W. beteiligt war. Dies ergibt sich aus den folgenden im Urteil wie folgt wiedergegebenen Zeugenaussagen. Der Zeuge L. hat demnach angegeben:

"Die drei Türsteher hätten sich zu W. begeben, der im Bereich zwischen Bassboxen und Toilettenabgang, mehr zur
Tanzfläche hin, gestanden habe. Wohin die Blickrichtung von W. gegangen sei, bevor dieser gepackt worden sei, wisse er nicht. R. habe W. sofort rechts in den Schwitzkasten genommen, während die beiden anderen Türsteher nur dabei gestanden hätten. Für ihn L. sei das Vorgehen von R. gegen W. völlig unverständlich gewesen, weil er einen Grund dafür nicht habe sehen können, W. insbesondere an dem vorherigen Tumult nicht beteiligt gewesen sei. Dann seien R. mit W. im Schwitzkasten und die beiden anderen Türsteher Richtung Ausgang gegangen, ob auf dem Weg dorthin rechts oder links an den Bassboxen vorbei, wisse er nicht mehr. ... Schon zuvor habe W., der sich immer noch rechts von R. befunden habe, den ersten Schlag bekommen, und zwar als die Gruppe etwas vor der Thekenecke gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die beiden anderen Türsteher links und rechts von R. mit W. gewesen. Der erste Schlag sei von links, also von dem links von R. und W. befindlichen Türsteher gekommen....Auf Vorhalt seiner polizeilichen Angaben vom 14.12.1999: Bei der Erklärung, dass der Boss der Türsteher sich nicht an der Auseinandersetzung beteiligt habe, habe er unter Auseinandersetzung nur das Schlagen verstanden. Soweit er von drei Türstehern, von denen er einen wiedererkennen würde, und an anderer Stelle von dem Boss der Türsteher gesprochen habe, sei das so zu verstehen, dass der Boss einer der drei Türsteher gewesen sei. Das Wort "auch" bei der Erklärung, er würde den Boss wiedererkennen, beziehe sich darauf, dass er diesen nicht nur beschreiben könne, wie er das unmittelbar zuvor getan gehabt habe, sondern darüber hinaus wiedererkennen würde. Soweit in seiner Vernehmung stehe, er könne nicht sagen, wer von den Türstehern was gemacht habe, so habe sich diese Erklärung auf den ersten Tumult bezogen, nicht auf das Geschehen zum Nachteil W., zu dem er ja zuvor konkrete Angaben gemacht habe, welcher Türsteher daran beteiligt gewesen sei."

Der Zeuge Le. hat bekundet, dass "er meine, es seien jeweils drei Türsteher gewesen. Er meine, R. und C. seien jeweils dabei gewesen, könne das aber nicht beschwören, wisse sicher nur, dass er sie bei ihrer Arbeit im Eingangsbereich gesehen habe, als er in die Diskothek gekommen sei. Wie der mögliche dritte Türsteher ausgesehen habe, könne er nicht sagen. Er meine, die Türsteher seien jeweils zusammen an ihm und L. vorbeigekommen. Wie das Rausführen jeweils erfolgt sei, könne er nicht sagen. Weiter habe er nichts wahrgenommen, auch keinen Tumult im Gang...."

Auch der Zeuge S. hat Angaben zu einem möglichen dritten Türsteher gemacht und zwar in der Weise, dass er ausweislich der Urteilsgründe erklärt hat: "Wenig später, geschätzt 10 Sekunden, habe er R. vor W. stehen sehen....Als R. mit W. etwa in Höhe der Thekenecke gewesen sei, habe er S. die zwei anderen Türsteher erstmals wieder bemerkt, und zwar unmittelbar vor R. mit W., ihre Gesichter R. und W. zugewandt, woraus sich für ihn ergeben habe, dass die zwei Türsteher gerade vom Eingangsbereich, R. und W. entgegen, gekommen seien. Wo diese Türsteher vorher gewesen seien, habe er nicht wahrgenommen. Der eine dieser Türsteher sei C. gewesen. Den anderen könne er nicht identifizieren, auch nicht sagen, ob es etwa St. gewesen sein könne....Einer der beiden Türsteher, die sich plötzlich vor R. und W. befunden hätten, sei aus der Sicht von R. links an diesem vorbeigegangen, so dass er sich jetzt hinter R. befunden habe. Dieser Türsteher habe von hinten einen oder einige Schritte gemacht, womit er R. mit W. eingeholt habe. Ob dieser Türsteher C. oder der andere gewesen sei, könne er nicht sage, meine, es sei C. gewesen, könne das aber nicht beschwören. Der andere Türsteher sei aus der Sicht von R. vor diesem geblieben. Der Türsteher, der zunächst hinter R. gewesen sei, habe sodann links seitlich aufgeschlossen. Beide Türsteher hätten sich im weiteren Verlauf schräg versetzt vor R. mit W., dabei mehr seitlich befunden, .... Am Beginn des Ganges ...hätten die beiden schräg vor R. und W. befindlichen Türsteher damit begonnen, W. zu schlagen. Ob die Schläge mit der Faust oder mit der Hand erfolgt seien, wisse er nicht. Die Schläge seien in Richtung des Kopfes von W., der sich in Hüfthöhe von R. befunden habe, erfolgt, wobei er S. das Auftreffen nicht gesehen habe. Es sei seitlich ausgeholt worden. Die beiden schräg vor R. und W. befindlichen Türsteher habe er je mindestens einmal zuschlagen sehen. ..."

Schließlich hat auch der von der Strafkammer vernommene Zeuge D. angegeben, es sei an dem fraglichen Abend zu Tumulten unter einigen Gästen gekommen und die drei Türsteher hätten sich darum bemüht, den Streit zu schlichten. Den Vorfall um W. so ist es den Urteilsgründen zu entnehmen hat er nicht im Einzelnen verfolgt.

Diesen von der Strafkammer im Urteil wörtlich wiedergegebenen Zeugenaussagen lässt sich entnehmen, dass das Berufungsgericht sich eingehend mit der Frage befasst hat, ob und wenn ja, welchen Beitrag der mögliche dritte Türsteher zu dem Tatgeschehen um W. geleistet hat.

Das Landgericht hat auch den damaligen Disc Jockey der Diskothek, den Zeugen K., zu dem Tatgeschehen befragt, der jedoch nichts beobachtet haben will. Er habe so der Zeuge - lediglich den Notfallknopf gedrückt, als es unter Besuchern zu Tumulten gekommen sei. Daraufhin seien die Angeklagten hinzu gekommen, aber "kein Dritter ein konkretes Bild habe er insoweit allerdings nicht vor Augen, das sei immer so" -.

Auch dieser Zeugenaussage lässt sich entnehmen, dass wiederum die Rolle eines weiteren Türstehers hinterfragt worden ist.

Auch der von dem Angeklagten benannte Zeuge A. ein weiterer Gast der Diskothek an dem fraglichen Abend ist von dem Berufungsgericht danach befragt worden, "um wie viel Streithähne es gegangen sei". Darauf hat er nach den Urteilsgründen erwidert, "ein dritter Türsteher sei nicht dabei gewesen".

Die Zeugen St., der als Kassierer in der Diskothek arbeitete, und K., eine Besucherin der Diskothek, haben die Frage der Strafkammer nach einem weiteren Türsteher verneint. Die Zeugin T., die die Diskothek als Geschäftsführerin leitet, schließlich hat angegeben, die Angeklagten würden seit etwa drei bis vier Jahren den Sicherheitsdienst in der Diskothek "Seventh Heaven" versehen. Der Zeuge St. sei ein Mitarbeiter des Angeklagten R. und ebenfalls in der Diskothek tätig, allerdings werde er nicht als Türsteher eingesetzt.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Frage, ob eine dritte Person, namentlich ein dritter Türsteher, an der Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten W. beteiligt war, ein zentrales Thema der Beweisaufnahme vor der Strafkammer gewesen ist. Aus dem zuvor geschilderten Verfahrensverlauf ergab sich für die Angeklagten, die jeweils durch einen Verteidiger vertreten waren, eindeutig, dass das Gericht seiner Entscheidung möglicherweise die Tatbeteiligung einer bislang unbekannten dritten Person zugrunde legen würde. Von einer Überraschung der Angeklagten kann daher nicht die Rede sein, vielmehr musste sich die Verteidigung auf diesen neuen
tatsächlichen Gesichtspunkt einstellen.

2.
Die auf die Sachrüge hin im Übrigen vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen.

Auch die von der Strafkammer vorgenommene Beweiswürdigung hält (noch) einer Überprüfung stand. Allerdings sieht sich der Senat angesichts des Umstandes, dass es sich vorliegend um einen relativ einfach gelagerten Sachverhalt handelt, die Urteilsgründe hingegen 119 Seiten umfassen, zu folgendem Hinweis veranlasst:

Die schriftlichen Urteilsgründe dienen nicht dazu, den Inhalt der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu protokollieren. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, das Ergebnis der Hauptverhandlung wiederzugeben und die rechtliche Nachprüfung der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen. Mit der Beweiswürdigung soll der Tatrichter lediglich belegen, warum er bestimmte, bedeutsame tatsächliche Umstände so festgestellt hat. Zu diesem Zweck wird er Zeugenaussagen, Urkunden u.ä. heranziehen, soweit deren Inhalt für die Überzeugungsbildung wesentlich ist. Deshalb ist es regelmäßig verfehlt, nach den tatsächlichen Feststellungen die Aussagen sämtlicher Zeugen der Reihe nach und in ihren Einzelheiten mitzuteilen. Allein eine breite Darstellung der erhobenen Beweise genügt den Anforderungen an eine erschöpfende Beweiswürdigung nicht und stellt keine Beweiswürdigung dar. Fehlt aber was vorliegend nicht der Fall ist - eine Beweiswürdigung , so ist hierin ein Rechtsfehler zu sehen, der zur Aufhebung eines Urteils führt ( vgl. dazu BGH NStZ 1998, 51; 475; NStZ 1997, 377).

Trotz dieser vorstehend geäußerten Bedenken an der Beweiswürdigung waren die Revisionen nach alledem mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.


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