Aktenzeichen: 2 Ws 255-257/01 OLG Hamm
Leitsatz: Zur örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer
Senat: 2
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: örtliche Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer, Befasstsein, Einwilligung des Verurteilten in die bedingte Entlassung
Normen: StGB 57, StPO 462 a, StPO 454
Beschluss: Strafsache
gegen J.S.,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz u.a., (hier: Ablehnung der Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung § 57 Abs. 1 StGB).
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24. August 2001 gegen die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 31. Juli 2001 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 10. 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die sofortige Beschwerde ist gegenstandslos, soweit sie sich gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer in dem Verfahren 37 VRs 77/99
(= 37 Js 39/99) StA Duisburg richtet.
Die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer in den Verfahren 162 VRs 3/01 (= 162 Js 478/00) StA Duisburg und 50 VRs 132/98 (= 37 Js 39/99) StA Duisburg werden aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der für die Entscheidung in der Sache berufenen Strafvollstreckungskammer vorbehalten.
Gründe:
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind folgende Verurteilungen des Beschwerdeführers:
- erstens durch das Amtsgericht Duisburg - Hamborn vom 28. August 1998 (50 Js 343/ 97 StA Duisburg), das gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt hat, deren Strafvollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt, später jedoch widerrufen worden ist. Der Verurteilte verbüßt derzeit diese Freiheitsstrafe, deren Strafende auf den 4. April 2002 notiert ist;
- zweitens durch das Amtsgericht Duisburg vom 18. Februar 1999 (37 Js 39/99 StA Duisburg), das gegen den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr wegen vorsätzlicher Körperverletzung festgesetzt hat. Nachdem der Beschwerdeführer zwei Drittel dieser Freiheitsstrafe verbüßt hatte, war die Vollstreckung der Reststrafe durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 8. Oktober 1999 zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden, die jedoch durch Beschluss vom 21. Dezember 2000 widerrufen worden ist. Diese Reststrafe hatte der Verurteilte vollständig verbüßt am 2. Oktober 2001;
- drittens wiederum durch das Amtsgericht Duisburg vom 26. Oktober 2000 ( 162 Js 478/00 StA Duisburg), das den Beschwerdeführer wegen Diebstahls mit einer Freiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten belegt hat.
Die restlichen 62 Tage dieser Freiheitsstrafe sollen vom 05. April 2002 bis zum 05. Juni 2002 verbüßt werden.
Zur Vollstreckung befand der Verurteilte sich bis zum 25. Juli 2001 in der Justizvollzuganstalt Bochum Langendreer. An diesem Tag wurde er von dort aus der Justizvollzuganstalt Essen zugeführt, wo er sich auch derzeit noch befindet. Mit am 30. Juli 2001 beim Landgericht Bochum eingegangener Verfügung hat die Staatsanwaltschaft Duisburg beantragt, über die Frage der bedingten Entlassung gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu entscheiden. Mit den angefochtenen Beschlüssen hat die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung abgelehnt, weil der Verurteilte gegenüber der Justizvollzuganstalt am 29. Juli 2001 erklärt hatte, wegen seiner Teilnahme an einer beruflichen Umschulungsmaßnahme bis zum 18. Januar 2001 mit einer vorzeitigen Entlassung nicht einverstanden zu sein.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten, zu deren Begründung er vorträgt, nunmehr mit einer vorzeitigen Entlassung einverstanden zu sein.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gegenstandslos, soweit sie sich gegen die abgelehnte Strafaussetzung zur Bewährung in dem Verfahren 37 VRs 77/99 StA Duisburg richtet. Da die Strafe aus diesem Verfahren mit Ablauf des 2. Oktober 2001 verbüßt worden ist, ist für die Aussetzung der Vollstreckung eines Strafrestes insoweit kein Raum mehr.
2. Im Übrigen ist die gemäß § 453 Abs. 2 StPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten begründet, denn die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum war für die Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung (§ 57 Abs. 1 StGB) örtlich nicht mehr zuständig. Gemäß § 462 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 454 StPO lag die Zuständigkeit vielmehr bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen, weil der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, als die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum mit der Entscheidung über die bedingte Entlassung befasst war - nämlich mit Eingang des Antrags der Staatsanwaltschaft Duisburg am 30. Juli 2001 -, bereits als Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt Essen aufgenommen worden war.
Da die angefochtenen Beschlüsse somit von einem unzuständigen Gericht erlassen worden sind, waren sie aufzuheben.
Dahin stehen kann, ob die angefochtenen Beschlüsse auch deshalb hätten aufgehoben müssen, weil der Verurteilte, der seine Einwilligung in die Aussetzung der Restfreiheitsstrafe (§ 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB) zwar zunächst verweigert, diese aber anschließend im Beschwerdeverfahren erteilt hat (vgl. hierzu zuletzt Beschluss des Senats vom 3. September 2001 in 2 Ws 220-222/01; vgl. hierzu auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. April 2001 in NStZ-RR 2001, 311, das die sofortige Beschwerde des Verurteilten in den Fällen der zunächst verweigerten Einwilligung mangels Beschwer als unzulässig verwerfen will).
Die Staatsanwaltschaft wird die Akten der zur Entscheidung berufenen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vorzulegen haben; eine Entscheidung des 2. Senats in dieser Sache ist deshalb ausgeschlossen.
Da es sich bei der Entscheidung des Senats nicht um eine das Verfahren abschließende Entscheidung im Sinne des § 464 StPO handelt, war der zuständigen Strafvollstreckungskammer die Kosten- und Auslagenentscheidung vorzubehalten.
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