Aktenzeichen: 2 Ss 709/01 OLG Hamm
Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei Verurteilung wegen eines in Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung begangenen Betruges.
Senat: 2
Gegenstand: Revision
Stichworte:
Normen: StPO 267
Beschluss: Strafsache
gegen C.P.,
wegen Betruges.
Auf die (Sprung-) Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 23. Januar 2001 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18. 09. 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herne-Wanne zurückverwiesen.
Gründe:
Die Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil wegen Betruges verwarnt worden; die Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 25,00 DM ist gemäß § 59 StGB vorbehalten worden.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Angeklagten und ihrem Ehemann am 28. April 2000 von dem Zeugen N. auf dessen Angebot hin ein Darlehen in Höhe von 1.000,00 DM gewährt und ausgezahlt worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Angeklagte und die Ehefrau des Zeugen N. gemeinsam als Verkäuferinnen in einem Drogeriemarkt beschäftigt, wobei das Darlehensangebot erfolgte, nachdem die Angeklagte, die sich mit ihrer insgesamt 5-köpfigen Familie gerade im Umzug befand, in der Mittagspause dieses Tages ihr Portemonnaie mit mehreren 100,00 DM Inhalt verloren hatte. Die Rückzahlung des Darlehens sollte in vier Raten zu je 250,00 DM, beginnend mit dem 1. Juni 2000 erfolgen. Die Angeklagte meldete sich kurz nach der Darlehensgewährung und Durchführung des Umzugs krank und kündigte zum 31. Mai 2000 das Arbeitsverhältnis. Bereits die erste Rückzahlungsrate wurde nicht gezahlt und der Zeuge N. nach dem 1. Juni 2000 lediglich vertröstet. Später wurde auf sein Drängen gar nicht mehr reagiert.
Die hiergegen gerichtete und allgemein mit der nicht näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Sprungrevision der Angeklagten hat zumindest vorläufig Erfolg.
Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB nicht.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Angeklagte den Zeugen N. zur Darlehenshingabe dadurch veranlasst hat, dass bei ihm durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen ein Irrtum erregt oder unterhalten wurde. Vielmehr ist den im Rahmen der Beweiswürdigung wiedergegebenen Angaben des Zeugen N. zu entnehmen, dass er gewusst hat, dass die Familie der Angeklagten finanziell nicht all zu gut gestellt gewesen ist, so dass er dieser angesichts des zusätzlichen Verlustes eines größeren Geldbetrages zwischen 600,00 DM und 700,00 DM aus der entstandenen Notsituation habe helfen wollen.
Es ist weder festgestellt noch dem Gesamtzusammenhang des wegen seiner zahlreichen nicht korrigierten Schreibfehler nur schwer lesbaren und schwer verständlichen Urteils zu entnehmen, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages und der Auszahlung des Darlehens am 28. April 2000 bezogen auf die am 1. Juni 2000 beginnende ratenweise Rückzahlungsverpflichtung zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig gewesen ist, zumal ihr Ehemann, der den Darlehensvertrag mitunterzeichnet hatte, Arbeitslosenhilfe in Höhe von ca. 1.600,00 DM bezog sowie noch einem "630,00 DM-Job" nachging und der Familie überdies Kindergeld von ca. 1.260,00 DM zur Verfügung stand.
Den Urteilsgründen, die sich zudem nicht darüber verhalten, ob und gegebenenfalls wie sich die Angeklagte zur Sache eingelassen hat, kann auch nicht entnommen werden, dass unter den mitgeteilten und dem Zeugen N. bekannten Umständen dieser die Vermögensverfügung nicht vorgenommen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die Angeklagte noch am 4. Februar 2000 die eidesstattliche Versicherung hat abgeben müssen, wobei dieser Versicherung aber nur eine noch unerhebliche Forderung ihrer Wohnungsbaugesellschaft zugrunde lag. Auch wenn insoweit angenommen werden würde, dass es an dieser Stelle auf Grund eines der Schreibfehler im Urteil hätte lauten sollen, eine nicht unerhebliche Forderung habe noch offengestanden, deren Höhe allerdings nicht mitgeteilt wird, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen.
Ebenso wenig kann eine Strafbarkeit der Angeklagten daraus hergeleitet werden, diese habe die Hoffnung gehabt, Filialleiterin zu werden und dann über ein höheres Einkommen zu verfügen, zumal das Urteil an anderer Stelle in sich widersprüchlich feststellt, der Angeklagten sei klar gewesen, die Rückzahlungsraten nicht oder nur mit Mühe einhalten zu können.
Soweit dem angefochtenen Urteil schließlich noch entnommen werden könnte, die Verurteilung beruhe eventuell auf dem Umstand, die Angeklagte sei nach dem 1. Juni 2000 auf Grund ihrer "Hinhaltetaktik" ihrer Offenbarungspflicht gegenüber dem Zeugen N. nicht nachgekommen, würde es bereits an einer Täuschungshandlung fehlen, die kausal zu einer Vermögensverfügung des Zeugen geführt hätte. Maßgeblich ist allein das Verhalten der Angeklagten am 28. April 2000.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil daher keinen Bestand haben, so dass es mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herne-Wanne zurückzuverweisen war (§ 354 Abs. 2 StPO).
Es ist nämlich letztlich nicht völlig auszuschließen, dass doch noch Feststellungen - auch zur subjektiven Tatseite - getroffen werden können, die einen Schuldspruch wegen Betruges rechtfertigen.
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