Aktenzeichen: 2 Ss OWi 740/01 OLG Hamm
Leitsatz: Zur ordnungsgemäßen Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der die Nichtgewährung des letzten Wortes geltend gemacht wird.
Senat: 2
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Zulassung der Rechtsbeschwerde; ordnungsgemäße Begründung; Nichtgewährung des letzten Wortes, formelle Rüge, Sachrüge
Normen: OWiG 80, StPO 258
Beschluss: Bußgeldsache
gegen C.P.,
wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerte vom 22. März 2001 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 11. 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gem. § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen einer fahrlässig begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG zu einer Geldbuße von 150,00 DM verurteilt. Dagegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt, die er darauf gestützt hat, dass seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung nicht Gelegenheit zu einem Schlussvortrag und ihm nicht Gelegenheit zum letzten Wort gegeben worden sei. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag wie folgt begründet:
"Die vom Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde ist als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde umzudeuten (§ 300 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Der Antrag ist rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden. Er kann in der Sache jedoch keinen Erfolg haben, da die besonderen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Nr.1 und Abs. 1 Nr.2 OWiG nicht vorliegen. Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 200,00 DM verurteilt hat, wäre die Rechtsbeschwerde nur dann zuzulassen, wenn dieses wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen zur Fortbildung des Rechts oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben geboten wäre.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil er weder eine Sachrüge noch eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG genügende Verfahrensrüge enthält.
Der Betroffene macht in seinem Zulassungsantrag geltend, ihm sei das letzte Wort nicht gewährt und seinem Verteidiger keine Gelegenheit gegeben worden, den Schlussvortrag zu halten. Der Betroffene rügt insoweit, dass mit der - behaupteten - Verletzung des § 258 Abs. 1 und Abs. 2 StPO sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden ist, § 80 Abs. 1 Nr.2 OWiG.
Die Versagung des rechtlichen Gehörs kann lediglich mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 80 Rdnr. 16 a). Nach einhelliger Auffassung aller Obergerichte kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs nicht in Betracht, um nur die Nachprüfung des Urteils unter diesem Gesichtspunkt zu ermöglichen. Vielmehr ist bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen, ob das rechtliche Gehör verletzt ist. Hierzu muss das Rechtsbeschwerdegericht schon im Zulassungsverfahren die erforderlichen Feststellungen treffen. Das bedeutet, dass der Betroffene mit seiner Rüge substantiiert darlegen muss, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte (zu vgl. OLG Hamm, Senatsbeschlüsse vom 15.03.1999-2 Ss OWi 10/99-(=VRS 97, 142,143) und vom 11.09.1998 - 2 Ss OWi 1021/98 - (= VRS 96, 60, 61); Göhler, a. a. 0., § 80 Rdnr. 16 cm. w. N.). Denn nur dann ist das Rechtsbeschwerdegericht in der Lage zu prüfen, ob die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht und dem Betroffenen tatsächlich rechtliches Gehör verwehrt worden ist.
Soweit der Betroffene geltend macht, ihm sei das letzte Wort nicht gewährt worden, ist der Zulassungsantrag schon deshalb nicht ausreichend begründet, weil er nicht vorträgt, was er, wenn ihm das letzte Wort gewährt worden wäre, zu seiner Entlastung noch vorgetragen hätte. Dazu hätte der Betroffene aber vortragen müssen, weil anderenfalls das Rechtsbeschwerdegericht nicht bereits im Zulassungsverfahren prüfen kann, ob die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß beruht und deshalb die Rechtsbeschwerde, um eine Verfassungsbeschwerde zu ersparen, wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen ist (zu vgl. OLG Hamm, a. a. 0.).
Entsprechendes gilt auch für den darüber hinaus geltend gemachten Verstoß gegen § 258 Abs. 1 StPO. Auch insoweit wird nicht mitgeteilt, was der Verteidiger in seinem Schlussvortrag vorgetragen hätte.
Der Betroffene hat die Sachrüge nicht erhoben. Das Urteil ist daher einer Überprüfung, ob es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen, nicht zugänglich (zu vgl. Göhler, a. a. 0., § 80 Rdnr. 16 h)."
Dem tritt der Senat nach eigener Prüfung bei. Er weist lediglich zusätzlich darauf hin, dass nach § 80 Abs. 2 Satz 1 OWiG die Rechtsbeschwerde nicht wegen einer Verletzung des formellen Rechts zugelassen werden kann.
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