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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 954/01 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Schuh am Fuß des Täters ist nicht in jedem Fall ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative StGB, vielmehr kommt es auf die Umständen des Einzelfalles, wie insbesondere die Beschaffenheit der Schuhe, die Heftigkeit der Tritte und darauf an, gegen welche Körperteile sie sich richten.

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: gefährliche Körperverletzung, Schuh als gefährliches Werkzeug, Umstände des Einzelfalls, Tritt mit dem beschuhten Fuß

Normen: StGB 224

Beschluss: Strafsache
gegen K.H
wegen Körperverletzung
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 8. Mai 2001 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 11. 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und
die Richter am Oberlandesgericht gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Warendorf hat den Angeklagten am 26. Oktober 2000 unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 100,- DM verurteilt.

Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten ist durch das angefochtene Urteil des Landgerichts Münster mit der Maßgabe verworfen worden, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist.

Nach den Feststellungen des Landgerichts schlug der Angeklagte im Anschluss an eine Feierlichkeit, auf der es wegen unterschiedlichen Musikgeschmacks zu Unstimmigkeiten gekommen war, den Zeugen B. „zweimal mit der Faust ins Gesicht und trat ihn mit dem beschuhten Fuß in den Magen. Der Angeklagte trug zu dieser Zeit feste, lederne Halbschuhe. Der Zeuge B. erlitt infolge der Tätlichkeiten des Angeklagten eine blutende Platzwunde an der Lippe sowie Schmerzen in der Magengegend.“
Im Rahmen der Beweiswürdigung heißt es ferner, der Zeuge B. habe darauf hingewiesen, dass er nur kurzfristig Magenschmerzen gehabt und keinen Arzt aufgesucht habe. Der Vorfall sei, so der Zeuge, insgesamt nicht so schlimm gewesen. Zivilrechtliche Forderungen habe er gegen den Angeklagten nicht erhoben.

Die Kammer hat die Tat des Angeklagten als gefährliche Körperverletzung gemäß den §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet und dazu folgendes ausgeführt:

„Bei dem Einsatz des beschuhten Fußes handelt es sich um ein gefährliches Werkzeug. Denn ein Fußtritt in die Magengegend ist geeignet, schwere innere Verletzungen wie eine Milz- oder Leberruptur zu bewirken. Zwar hat der Geschädigte nur kurzfristig Schmerzen davongetragen. In einer solchen Situation ist es aber reiner Zufall, dass es nicht zu schwerwiegenderen Verletzungen kommt.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die zulässige Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Abänderung des erstinstanzlichen Schuldspruches sei rechtsfehlerhaft.

II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat Erfolg.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen g e f ä h r l i c h e r Körperverletzung hält der materiell-rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Ob ein Schuh am Fuß des Täters ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative StGB ist - die übrigen Qualifikationsalternativen des Absatzes 1 kommen im vorliegenden Fall erkennbar nicht in Betracht - ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BGHSt 30, 375, 376). Dabei kommt es auf die Beschaffenheit der Schuhe, die Heftigkeit der Tritte und darauf an, gegen welche Körperteile sie sich richten (BGH a.a.O.). Entscheidend für die Gefährlichkeit eines Werkzeugs ist, ob seine Anwendung im Einzelfall die Gefahr erheblicher Verletzungen mit sich bringt (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1971, 16). Trägt der Täter, wie im vorliegenden Fall festgestellt, einen normalen Straßenschuh, ist die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs nur dann gerechtfertigt, wenn dem Tatopfer heftig bzw. mit Wucht in das Gesicht oder sonst an den Kopf oder andere besonders empfindliche Körperteile getreten wird (vgl. BGH NStZ 1984, 328, 329). Nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen haben der Tritt bzw. die Tritte - genaue Feststellungen insoweit fehlen - lediglich kurzfristig Magenschmerzen verursacht, die keinen Arztbesuch erforderlich gemacht haben. Es sei - so der Verletzte - „nicht so schlimm“ gewesen. Diese Feststellungen lassen, ohne dass zum Grad der Schmerzen nähere Ausführungen gemacht werden, darauf schließen, dass der Tritt bzw. die Tritte des Angeklagten mit einem (festen) normalen Straßenschuh nicht mit der für die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs erforderlichen Wucht oder Heftigkeit ausgeführt worden sind und daher im konkreten Falle nicht geeignet waren, schwere innere Verletzungen zu bewirken. Die vom Landgericht offenbar für die Bejahung des Qualifikationsmerkmales als ausreichend erachtete abstrakte Möglichkeit schwerer innerer Verletzungen durch Tritte mit beschuhtem Fuß genügt nicht.

Der aufgezeigte Rechtsfehler führt, da nicht gänzlich auszuschließen ist, dass in einer erneuten Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden können, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster, die auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden haben wird.


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