Aktenzeichen: 2 Ss OWi 309/02 OLG Hamm
Leitsatz: Für die Bestimmung der Rotlichtzeit ist nicht das Passieren der Lichtzeichenanlage maßgeblich, sondern entweder der Zeitpunkt des Einfahrens in den von der Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereichs oder das Passieren der Haltelinie, soweit eine solche vorhanden ist.
Senat: 2
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Rotlichtverstoß, Haltelinie, Überfahren, Fahrverbot
Normen: stVO 37; BKatV 2, StPO 267
Beschluss: Bußgeldsache
gegen R.A.,
wegen fahrlässiger Nichtbefolgung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 19. Oktober 2001 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 05. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 250,- DM verurteilt und ihm für die Dauer eines Monats verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Betroffene am 23. Februar 2001 gegen 15.12 Uhr am Steuer eines PKW trotz mehr als einer Sekunde dauernden Rotlichts in die Kreuzung Kampstraße/Hochstraße in Hagen hineingefahren. Diese Feststellungen hat der Amtsrichter damit begründet, dass die den Vorfall beobachtenden Polizeibeamten vor der Haltelinie auf der Hochstraße warteten, als der Betroffene noch von links mit mehr als Schrittgeschwindigkeit über die Kreuzung fuhr. Als die Zeugen das Fahrzeug des Betroffenen beobachteten, schlug die für sie maßgebliche Lichtzeichenanlage von Rot auf Rot-Gelb um, während die für den Betroffenen maßgebliche Lichtzeichenanlage zu diesem Zeitpunkt bereits eine Sekunde Rotlicht zeigte.
Weitere nähere Angaben enthält das angefochtene Urteil nicht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, u.a. wie folgt begründet:
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und fristgerecht begründet worden. Die Begründung genügt auch noch den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG. Zwar ist die (allgemeine) Sachrüge ausdrücklich nicht erhoben. Aus dem insoweit auslegungsfähigen Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich jedoch noch in zureichender Form, dass die Nachprüfung des Urteil in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird, soweit nämlich der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe sich bei der Begründung der Verhängung des Fahrverbots nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Gehbehinderung des Betroffenen Anlass dafür biete, das Fahrverbot entfallen zu lassen bei gleichzeitiger Erhöhung der festzusetzenden Geldbuße.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.
Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes schon deshalb nicht, weil für die Bestimmung der Rotlichtzeit nicht das Passieren der Lichtzeichenanlage maßgeblich ist, sondern entweder der Zeitpunkt des Einfahrens in den von der Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereichs oder das Passieren der Haltelinie, soweit eine solche vorhanden ist (zu vgl. Jagusch/Hentschel, 35. Auflage, § 37 Rdnr. 61 m. w. N.). Hierzu verhält sich das Urteil des Amtsgerichts Hagen nicht. Vielmehr stellt das Amtsgericht ausschließlich auf das Passieren der Lichtzeichenanlage ab.
Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei und weist ergänzend darauf hin, dass sich den bislang getroffenen Feststellungen auch ein einfacher Rotlichtverstoß nicht entnehmen lässt.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass sich das Amtsgericht im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung auch mit der von ihm in den Feststellungen zur Person angesprochenen Gehbehinderung, die zu einer jahrelangen Arbeitslosigkeit geführt hat, und die dadurch möglicherweise vom Schweregrad der Behinderung hervorgerufene mögliche Abhängigkeit von der Benutzung eines Kraftfahrzeugs zu befassen haben wird.
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