Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. VII - 95 u. 96/02 OLG Hamm
Leitsatz: Wird der Rechtsanwalt einem Untergebrachten im Überprüfungsverfahren nach § 67 e StGB beigeordnet, entsteht der Vergütungsanspruch nicht nur einmal für das gesamte Vollstreckungsverfahren. Nach Rechtskraft jedes einzelnen Überprüfungsverfahrens entsteht er vielmehr für ein weiteres Verfahren von Neuem.
Senat: 2
Gegenstand: Pauschvergütung
Stichworte: Pauschvergütung; Überprüfungsverfahren, Unterbringung, Abgeltungsbereich der Gebühr
Normen: BRAGO 99, StGB 67 e
Beschluss: Strafsache (Strafvollstreckungssache bzw. Unterbringungssache)
gegen B.K.
wegen Brandstiftung u.a., (hier: Pauschvergütung für den bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO).
Auf die Anträge des Rechtsanwalts S. in W. (früher B.) vom 26. April 2001 und 13. März 2002 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Pflichtverteidigung des Untergebrachten im Strafvollstreckungsverfahren bzw. im Verfahren über die Fortdauer der angeordneten Unterbringung hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 07. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht Mosler und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:
Dem Antragsteller werden anstelle der gesetzlichen Gebühren von 200,- DM sowie weiteren 200,- DM Pauschvergütungen von 300 EUR (in Worten: dreihundert Euro) sowie weiteren 600 EUR (in Worten: sechshundert Euro) bewilligt.
Gründe:
Der Mandant des Antragstellers ist durch Urteil des Jugendschöffengerichts Lüdenscheid vom 15. Oktober 1997 - ohne Schuldspruch - gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden. Nachdem er sich bereits seit Januar 1997 in vorläufiger Unterbringung befunden hatte, wurde die Maßregel seit dem 23. Oktober 1997 zunächst in der Westfälischen Klinik Schloß Haldem und ab Mai 1998 im Westfälischen Therapiezentrum Marsberg vollzogen. Die Vollstreckung - nach Jugendrecht - war zunächst vom Amtsgericht Rahden und nach der Verlegung vom Amtsgericht Marsberg übernommen worden.
Im Rahmen des ersten Überprüfungsverfahrens über die Fortdauer der Maßregel vor dem Amtsgericht Marsberg hatte sich der Antragsteller erstmalig mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1998 unter Überreichung einer Vollmacht vom 7. Oktober 1998, die jedoch allein auf einen damaligen Sozietätskollegen ausgestellt war, gemeldet. Gegen den Fortdauerbeschluss des Amtsgerichts Marsberg vom 2. November 1998 wurde ein Rechtsmittel nicht eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 19. Juli 1999 stellte der Antragsteller sodann einen Antrag auf Überprüfung der weiteren Unterbringung sowie auf Beiordnung als Pflichtverteidiger. Die Beiordnung erfolgte durch Beschluss des Amtsgerichts Marsberg vom 19. August 1999.
Da der Untergebrachte jedoch im November 1999 wieder nach Haldem verlegt worden war, wurde der zunächst vor dem Amtsgericht Marsberg anberaumte Termin aufgehoben und die Sache wieder an das Amtsgericht Rahden abgegeben. Im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Rahden vom 13. Dezember 1999, an welchem der Antragsteller teilgenommen hatte, wurde der Beschluss über die Fortdauer der Unterbringung verkündet. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2000 nahm der Antragsteller noch einmal zu einem erstatteten Sachverständigengutachten Stellung, erklärte jedoch ausdrücklich, dass der Beschluss über die Fortdauer der Unterbringung nicht angefochten werde.
Nachdem im Sommer 2000 wiederum die Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung anstand, meldete sich der Antragsteller erneut mit Schriftsatz vom 13. Juli 2000 und bat um seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Nachdem das Amtsgericht Rahden die Beiordnung zunächst abgelehnt hatte, wurde der Antragsteller durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld, wohl vom 6. Dezember 2000, als Pflichtverteidiger bestellt. Im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Rahden vom 15. Februar 2001, an welchem der Antragsteller teilgenommen hatte, wurde die weitere Unterbringung angeordnet. Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Untergebrachten hat die Jugendstrafkammer des Landgerichts Bielefeld nach Erhebung weiterer Ermittlungen und Durchführung eines Anhörungstermins im Beschwerdeverfahren am 5. September 2001, an welchem der Antragsteller ebenfalls teilgenommen hatte, nach einer Zwischenentscheidung vom 8. Oktober 2001 durch Beschluss vom 28. November 2001 die Entlassung aus der Unterbringung und die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung beschlossen.
Der Antragsteller begehrt nunmehr Pauschvergütungen für seine Tätigkeit als beigeordneter Verteidiger. Wie der Vertreter der Staatskasse in seiner dem Antragsteller bekannt gegebenen Stellungnahme vom 16. Mai 2002, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, zutreffend dargelegt hat, stehen dem Antragsteller zwei Gebühren zu je 200,- DM gemäß §§ 97 Abs. 1 S. 1, 91 Nr. 2 BRAGO entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats zu (vgl. auch Senatsbeschluss vom 20. Juni 1996 in 2 (s) Sbd. 4 - 90/96 = StV 1996, 618 = JurBüro 1996, 641 = Rpfleger 1997, 40; vgl. auch KG, JurBüro 2002, 75).
Die Vergütung entsteht nämlich nicht nur einmal für das gesamte Vollstreckungsverfahren. Nach Rechtskraft jedes einzelnen Überprüfungsverfahrens nach § 67 e StGB entsteht sie für ein weiteres Verfahren von Neuem (vgl. KG a.a.O.).
Daraus folgt für das vorliegende Verfahren, dass dem Antragsteller für seine Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Marsberg vom 2. November 1998, die er ausschließlich als Wahlverteidiger wahrgenommen hat, keine gesetzliche Gebühr zusteht und die Tätigkeit bis zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der Bemessung der Pauschvergütung nicht zu berücksichtigen ist.
Für die Tätigkeit im zweiten Überprüfungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss durch Beschluss vom 13. Dezember 1999 steht ihm eine gesetzliche Gebühr in Höhe von 200,- DM zu. Für das dritte Überprüfungsverfahren, welches durch Beschwerdebeschluss des Landgerichts Bielefeld vom 28. November 2001 abgeschlossen worden ist, steht ihm ebenfalls eine einheitliche gesetzliche Gebühr von 200,- DM zu. Für die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren ist insoweit keine gesonderte gesetzliche Gebühr nach §§ 97 Abs. 1 S. 1, 91 Nr. 2 BRAGO entstanden (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2001 in 2 (s) Sbd. 6 - 159/01 unter Hinweis auf Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, § 87 Rdnr. 3 und Hartmann, Kostengesetze, § 87 BRAGO Rdnr. 7 und 8). Etwas anderes würde insoweit nur dann gelten, wenn der Rechtsanwalt ausschließlich im Beschwerdeverfahren tätig geworden ist. So aber bildet das Verfahren erster und zweiter Instanz gebührenrechtlich eine Einheit. Der höhere Arbeitsaufwand kann dann lediglich im Rahmen einer eventuell zu bewilligenden Pauschvergütung berücksichtigt werden.
Soweit auf die Anträge des Antragstellers bislang gesetzliche Gebühren in Höhe von 5 x 120,- DM festgesetzt worden sind, ist dies unzutreffend.
Da der Antragsteller sowohl im zweiten als auch im dritten Überprüfungsverfahren sowohl in einem bereits besonders schwierigen als auch besonders umfangreichen Verfahren i.S.d. § 99 BRAGO tätig geworden ist, stehen ihm anstelle der genannten gesetzlichen Gebühren jeweils Pauschvergütungen zu. Unter Berücksichtigung des gesamten Antragsvorbringens und sämtlicher Umstände des Einzelfalles hat der Senat diese für das zweite Überprüfungsverfahren in Höhe von 300 EUR und für das dritte Überprüfungsverfahren in Höhe von 600 EUR für angemessen erachtet. In letzterem Verfahren ist insbesondere die zusätzliche aufwendige Tätigkeit im Beschwerdeverfahren und die Teilnahme an einem weiteren Anhörungstermin in besonderer Weise berücksichtigt worden. Daher übersteigt die für dieses Verfahren gewährte Pauschvergütung auch die einem Wahlverteidiger zustehenden Höchstgebühren von 640,- DM erheblich. Dies rechtfertigt sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats insbesondere dann, wenn die gesetzliche Gebühr und auch die Höchstgebühr eines Wahlverteidigers verhältnismäßig niedrig ist und dem geleisteten Arbeitsaufwand nicht gerecht werden kann.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Pauschvergütungen an die Stelle der jeweiligen gesetzlichen Gebühren treten und Auslagen sowie Mehrwertsteuer nicht enthalten. Über diese ist im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu entscheiden.
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