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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 VAs 46/2002 OLG Hamm

Leitsatz: Die Anordnung der Vernichtung im Ermittlungsverfahren gefertigter Lichtbilder kann nicht im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG erstrebt werden .

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Erkennungsdienstliche Maßnahme, Anfertigung von Lichtbilder, Vernichtung, Rechtsweg

Normen: EGGVG 23, StPO 98, StPO 81a

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend S.W.,
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 13. Mai 2002 auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 08. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG unzulässig.
Das Verfahren wird an das Amtsgericht Essen verwiesen.

Gründe:
Im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurden von dem Betroffenen gemäß § 81 b StPO Lichtbilder gefertigt. Diese wurden sodann dem Anzeigenerstatter anlässlich einer Wahllichtbildvorlage vorgelegt. Nachdem der Anzeigenerstatter den Betroffenen nicht wiedererkannt und ihn als Täter ausgeschlossen hatte, wurde das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil gegen den Betroffenen ein Tatnachweis nicht führbar war.

Mit dem vorliegenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrt der Betroffene die Anordnung der Vernichtung der gefertigten Lichtbilder.

Dieser Antrag kann nicht im Verfahren nach § 23 EGGVG verfolgt werden. Die Anordnung der Justizbehörden, von dem Betroffenen für das laufende Ermittlungsverfahren Lichtbilder anzufertigen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 81 b 1. Alternative StPO. Zwar ist gegen diese Anordnung der Rechtsweg eröffnet, da es sich um eine in Grundrechte des Betroffenen (Persönlichkeitsrecht und Recht auf persönliche Freiheit - Art. 1, 2, 104 GG) eingreifende Maßnahme und damit um eine sogenannte doppelfunktionelle Prozesshandlung handelt. Der subsidiäre Rechtsweg des § 23 EGGVG ist aber nur eröffnet, wenn die ordentlichen Gerichte nicht aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Die Anordnung der Staatsanwaltschaft, einen Verdächtigen zur Aufklärung einer etwaigen Täterschaft erkennungsdienstlich zu behandeln, kann jedoch mit einem Antrag bei dem zuständigen Ermittlungsrichter entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 StPO angegriffen werden (BGH Beschluss vom 14. August 1987 - 2 ARs 174/87 -; OLG Stuttgart, StV 1988, 424; OLG Oldenburg, NStZ 1990, 504; OLG Braunschweig, NStZ 1991, 551, Beschluss des Senats vom 05. Januar 1999 - 1 VAs 82/98). Zwar sieht die Strafprozessordnung die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der in § 81 b StPO normierten erkennungsdienstlichen Behandlung nicht ausdrücklich vor. Die Strafprozessordnung enthält aber für eine ganze Reihe strafprozssualer Maßnahmen der Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten, die in Grundrechte eingreifen, spezifisch strafprozessuale Rechtsbehelfe (vgl. §§ 98 Abs. 2, S. 2, S. 3, 100 b Abs. 1 S. 3 StPO). Darin kommt ein allgemeiner, das gesamte Strafverfahrensrecht durchziehender Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass nämlich Eingriffe der Ermittlungsbehörden, namentlich soweit sie Grundrechte berühren, der Überprüfung durch den Richter zugewiesen sind. Dementsprechend ist auch bei der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung der Rechtsbehelf des § 98 Abs. 2 StPO gegeben (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Braunschweig, a.a.O.).

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass es dem Betroffenen vorliegend um die Vernichtung der gefertigten Lichtbilder, und somit um Aktenbestandteile, geht. Der Antragsteller kann nämlich nur dann die Vernichtung beanspruchen, wenn schon die Anordnung der Fertigung der Lichtbilder unzulässig war oder wenn ihr Zweck entfallen ist, insbesondere wenn der Tatverdacht gegen den Beschuldigten völlig ausgeräumt ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 81 b Rdnr. 7). Bei der Prüfung, ob die weitere Aufbewahrung der Lichtbilder zulässig ist, kommt es demgemäß auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung an. Ist aber die Rechtmäßigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung vom Amtsgericht gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 StPO zu überprüfen, kann nicht die Vernichtung der Lichtbilder gesondert im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG begehrt werden.

Der Senat hat daher den Antrag in der gewählten Form gemäß § 17 a Abs. 2 GVG analog für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Essen verwiesen.


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