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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 521/02 OLG Hamm

Leitsatz: Der Untersuchungshaftgefangene hat nach § 119 Abs. 3 StPO keinen Anspruch darauf, dass ihm Barmittel zur Bestreitung von Portokosten zur Verfügung gestellt werden.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Untersuchungshaft, Beschränkung, Portokosten

Normen: StPO 119

Beschluss: Strafsache
gegen S.B.
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.,
(hier: Beschwerde des Angeschuldigten gegen die Versagung der Gewährung von Mitteln zum Bestreiten von Portokosten).

Auf die Beschwerde des Angeschuldigten vom 24.09.2002 gegen die Verfügung der Vorsitzenden der IV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 19.08.2002 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 10. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und
den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeschuldigten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Mit der durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 24.09.2002 eingelegten Beschwerde wendet sich der Angeschuldigte gegen die Verfügung des Vertreters der Vorsitzenden der IV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 19.08.2002, mit der sein Antrag auf Bereitstellung von Mitteln für das Bestreiten von Portokosten abgelehnt worden ist. Mit der Beschwerde macht der Angeschuldigte geltend, er sei nicht in der Lage, die erforderlichen Mittel für Portokosten aufzubringen. Er sei ohne Einkünfte und erhalte auch keine Unterstützung durch Angehörige. Ein Antrag an das Sozialamt auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz - der sogenannte Barbetrag gemäß § 21 Abs. 3 BSHG - sei durch das Sozialamt abgelehnt worden. Das Widerspruchsverfahren laufe, dauere erfahrungsgemäß aber einige Monate.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Kammerbeschluss vom 07.10.2002 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, dass der Angeschuldigte ablehnende Bescheide des Sozialamtes nicht vorgelegt habe.

II.
Die gemäß § 304 StPO zulässige Beschwerde gegen die Anordnung der Vorsitzenden der Strafkammer gemäß § 119 Abs. 3, Abs. 6 S. 1 StPO i.V.m. § 126 Abs. 2 S. 2 StPO hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist nicht begründet, da es bereits an einer Beschränkung i.S.v. § 119 Abs. 3 StPO fehlt, die mit der Beschwerde angegriffen werden soll. Der Angeschuldigte verlangt mit der Beschwerde die Zurverfügungstellung von Barmitteln zum Bestreiten von Portokosten. Damit wendet er sich aber nicht gegen eine ihm auferlegte Beschränkung im Rahmen der Untersuchungshaft, sondern beantragt die Gewährung staatlicher (Hilfe-)Leistungen.

Portokosten zählen nämlich zu dem von der Justizvollzugsanstalt nicht gedeckten und von der Sozialhilfe abzudeckenden Bedarf wie auch Lesematerial, Zusatznahrung, Genussmittel, Körperpflege und Papier (OVG Rheinland-Pfalz, StV 1988, 346 und NStE Nr. 5 zu § 119 StPO, Urteil vom 11.02.1988). Nach anderer Ansicht (so OVG Münster, NStE Nr. 6 zu § 119 StPO, Beschluss vom 14.03.1988) ist der Taschengeldbedarf - zu dem auch die Portokosten zu zählen sind - des Untersuchungsgefangenen vorrangig von dem Vollzugsträger und nicht von dem zuständigen Träger der Sozialhilfe zu decken, da der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 BSHG entgegenstehe. Nach beiden Ansichten handelt es sich bei der Zurverfügungstellung von Portokosten aber nicht um die Auferlegung einer Beschränkung im Rahmen der Untersuchungshaft i.S.v. § 119 Abs. 3 StPO sondern um die Gewährung von Leistungen, so dass die Versagung der Zurverfügungstellung der Mittel durch die Verfügung des Kammervorsitzenden keinen Eingriffscharakter i.S.v. § 119 Abs. 3 StPO hat. Dies verdeutlicht auch die Regelung in § 119 Abs. 4 StPO, wonach dem Untersuchungsgefangenen Bequemlichkeiten und Beschäftigungen gestattet sind, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind und nicht die Ordnung in der Vollzugsanstalt stören, aber nur dann, wenn der Untersuchungsgefangene selbst für die entstehenden Kosten aufkommt. Auch dies verdeutlicht, dass die Teilhabe an staatlichen Leistungen nicht in den Regelungsbedarf des § 119 Abs. 3 StPO fällt (OLG Celle, StV 1998, 495, 496). Der Angeschuldigte wird daher versuchen müssen, seinen Anspruch gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe möglicherweise im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchzusetzen. Seine Beschwerde hat hingegen keinen Erfolg und war mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.


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