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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 591/02 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer beim Übergang der Zuständigkeit zur Bewährungsüberwachung vom allgemeinen Gericht auf die Strafvollstreckungskammer

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Strafvollstreckungskammer, Zuständigkeit, Befasstsein

Normen: StPO 462 a

Beschluss: Strafvollstreckungssache
gegen M.F.,
wegen Betruges, hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 23. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 23.08.2002 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 11. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und
den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist am 09.02.2001 - rechtskräftig seit dem 17.02.2001 durch das AG Paderborn unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Paderborn vom 18.08.1999 - 20 a (27) Ds 361 Js 242/99 (200/99) - wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden.
Wegen einer am 02.03.2001 - also gut 14 Tage nach der Rechtskraft des vorgenannten Urteils - begangenen Vergewaltigung hat ihn sodann das Landgericht Aurich am 11.09.2001 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, die er derzeit in der JVA Werl verbüßt.
Bei Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Aurich am 07.03.2002 befand sich der Verurteilte in der JVA Oldenburg. Dem Amtsgericht Paderborn als dem zunächst für die Bewährungsaufsicht in vorliegender Sache zuständigen Gericht teilte die Bewährungshelferin mit Schreiben vom 15.04.2002, beim Amtsgericht Paderborn eingegangen am 16.04.2002, mit, dass das Urteil des Landgerichts Aurich vom 11.09.2001 rechtskräftig geworden sei. Gleichzeitig regte die Bewährungshelferin den Widerruf der Strafaussetzung in vorliegender Sache an. Am 03.05.2002 wurde der Beschwerdeführer dann in die JVA Bielefeld-Brackwede I und von dort aus bereits am 05.05.2002 in die JVA Werl verlegt. Die näheren Umstände, aufgrund derer der Beschwerdeführer sich für zwei Tage in der JVA Bielefeld-Brackwede I befand, erschließen sich nach Aktenlage nicht.
Am 17.05.2002 ging die Akte sodann bei dem Landgericht Oldenburg mit Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft Paderborn ein. Das Landgericht Oldenburg widerrief mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14.06.2002 die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 09.02.2001. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten hob sodann das Oberlandesgericht Oldenburg mit Beschluss vom 02.08.2002 den Widerrufsbeschluss des Landgerichts Oldenburg auf und führte zur Begründung aus, dass die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bielefeld und nicht die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Oldenburg für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung zuständig gewesen sei. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg sei nämlich erst mit dem am 17.05.2002 dort eingegangenen Antrag der Staatsanwaltschaft Paderborn mit der Frage des Widerrufs befasst worden.

Das Landgericht Bielefeld hat sich an den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 02.08.2002 gebunden gesehen und hat deshalb mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.08.2002 die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 09.02.2002 widerrufen.

Gegen den ihm am 29.08.2002 zugestellten Widerrufsbeschluss hat der Beschwerdeführer mit am 02.09.2002 bei dem Landgericht in Bielefeld eingegangenem Schreiben seines Verteidigers sofortige Beschwerde eingelegt.

II.
Die gemäß § 453 Abs. 2 StPO, § 56 f StGB statthafte und fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld war nämlich für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung in vorliegender Sache örtlich
nicht zuständig. Zuständig war vielmehr gemäß § 462 a Abs. 1 StPO die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht in Oldenburg. Entgegen der Ansicht des OLG Oldenburg in seinem Beschluss vom 02.08.2002 wurde diese Strafvollstreckungskammer nämlich nicht erst mit dem Eingang des Widerrufsantrags der Staatsanwaltschaft Paderborn dort am 17.05.2002 mit der Frage des Widerrufs der Strafaussetzung in vorliegender Sache befasst. Dies war vielmehr spätestens am 16.04.2002 mit der Bekanntgabe der Rechtskraft der neuerlichen Verurteilung durch das Landgericht Aurich seitens der Bewährungshelferin gegenüber dem Amtsgericht Paderborn der Fall, und zwar unabhängig davon, dass diese Mitteilung nicht an das Landgericht in Oldenburg, sondern an das zunächst die Bewährungsaufsicht führende Amtsgerichts in Paderborn gerichtet war. Ein Gericht wird nämlich i.S.d. § 462 a Abs. 1 StPO bereits dann mit der Sache befasst, sobald eine nachträgliche Entscheidung erforderlich wird (BGHSt 26, 187, 188). Im Falle des Widerrufs der Strafaussetzung ist anerkannt, dass dieses Befasstsein bereits mit der Kenntnis der den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen erfolgt (BGHSt 30, 189, 191; BGH NStZ 1993, 100; BGH NStZ 1993, 230 (K); BGH NStZ 1997, 406; BGH NStZ 2000, 391; BGH NStZ-RR 2000, 296 (K); Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 462 Rdnr. 12 m.w.N.). Dabei tritt der Wechsel der Zuständigkeit vom erkennenden Gericht auf die Strafvollstreckungskammer selbst dann ein, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges bereits vor Beginn der - erneuten - Vollstreckung der Freiheitsstrafe eine nachträgliche Entscheidung zu treffen hatte, dies aber noch nicht geschehen war, während andererseits nach dem Befasstsein einer Strafvollstreckungskammer die Verlegung des Verurteilten in den Gerichtsbezirk einer anderen Strafvollstreckungskammer keinen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer auf die „neue“ Strafvollstreckungskammer zu bewirken vermag (BGHSt 26, 187, 189; BGHSt 26, 214, 216; BGHSt 26, 278, 280; BGHSt 27, 302, 304; BGHSt 30, 189, 191; BGH NStZ 1984, 525 L; BGH NStZ 2000, 391; BGH NStZ-RR, 296 (K); Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O.; § 462 a Rdnr. 12). Das Befasstsein endet erst, wenn die Strafvollstreckungskammer in der Sache abschließend entschieden hat (BGHSt 26, 165, 167; BGHSt 26, 278, 279; BGH NStZ 1981, 404; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 462 a Rdnr. 12 m.w.N.; BGH NStZ 2000, 391; BGH NStZ-RR 2000, 296 (K)).
Demnach war hier die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht in Oldenburg spätestens am 16.04.2002 mit der Frage des Widerrufs der Strafaussetzung aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 09.02.2001 befasst und ist bis heute für die Frage des Widerrufs der Strafaussetzung zuständig geblieben.
Der Umstand, dass das Oberlandesgericht Oldenburg den von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg am 14.06.2002 gefassten Widerrufsbeschluss mit der Begründung aufgehoben hat, die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht in Bielefeld sei örtlich für die Widerrufsentscheidung zuständig, steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in dem genannten Beschluss lediglich ausgesprochen, dass der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Oldenburg vom 14.06.2002 aufgehoben wird. Nur in diesem Umfang ist der Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg rechtskräftig und für andere Gerichte bindend geworden. Die Beschlussgründe vermögen dagegen keine Bindungswirkung hervorzurufen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hätte über die Frage der örtlichen Zuständigkeit auch gar nicht entscheiden können, da diese Entscheidung gemäß § 14 StPO dem Bundesgerichtshof als dem gemeinschaftlichen oberen Gericht gegenüber dem Landgericht Oldenburg und dem Landgericht Bielefeld vorbehalten ist. Aus diesem Grunde hat auch der Senat davon abgesehen, die Sache an das Landgericht in Oldenburg zu verweisen, da ihm aus den genannten Gründen die Kompetenz für eine bindende Verweisung fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 3, Abs. 4 StPO analog.


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