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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 144/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Vorsatz hinsichtlich der Vortat bei der Steuerhehlerei

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Vorsatz, Steuerhehlerei, Bereicherungsabsicht, Strafzumessung, Doppelverwertung

Normen: AO 374, AO 370, AO 372, AO 373

Beschluss: Strafsache
gegenK.K.,
wegen Steuerhehlerei.

Auf die (Sprung)Revision des Angeklagten vom 04. November 2002 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 04. November 2002 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 02. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig gem. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bochum zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1 AO zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 25 EURO verurteilt.

Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

„Am 18.10.2001 begab sich der Angeklagte, der nach Aussage des Zeugen H. Nichtraucher ist, gemeinsam mit dem Zeugen H. in die Gaststätte J. in Herne. Dort befanden sich auch die Zeugen Z., der hinter dem Tresen stand, sowie der Zeuge K.. Während dieses Gaststättenbesuches begab sich eine unbekannte Person in die Gaststätte und verbrachte mehrere Kartons, die mit unverzollten Zigaretten gefüllt waren, in den Hinterraum der Gaststätte. Vor dem Verlassen der Gaststätte begab sich der Unbekannte zu dem Angeklagten und übergab diesem eine Tüte mit 7 Stangen und 50 Schachteln unverzollter und unversteuerter Zigaretten und äußerte gegenüber dem Angeklagten, dass er diesem die Zigaretten schenkt. Der Angeklagte hat dem nicht widersprochen. Daraufhin verließ der Unbekannte die Gaststätte. Kurz darauf begaben sich die Polizeibeamten S., B. und D. in die Gaststätte. Dort äußerte der Angeklagte gegenüber den Polizeibeamten, dass er noch mehr Zigaretten erhalten werde.

Die verkürzten Steuern hinsichtlich der unverzollten und unversteuerten Zigaretten betrugen 302,20 Euro.“

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die materielle Rüge erhoben wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.
1. Die materielle Rüge ist begründet. Die tatrichterlichen Feststellungen sind lückenhaft
(§ 267 StPO).

Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen bei einer Verurteilung des Angeklagten in den Urteilsgründen die vom Tatrichter für erwiesen erachteten Tatsachen angegeben werden, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Das gilt sowohl für die sogenannten äußeren Tatsachen als auch für den inneren, subjektiven Tatbestand. Ist der Angeklagte - wie vorliegend bei der Verurteilung nach § 374 AO - wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilt, bedeutet dies, dass sich den getroffenen Feststellungen das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung entnehmen lassen muss.

Dem werden die vom Amtsgericht bislang zum Vorsatz des Angeklagten getroffenen tatsächlichen Feststellungen, worauf die Revision zutreffend hinweist, nicht gerecht.

a) Der subjektive Tatbestand der Steuerhehlerei des § 374 AO setzt zunächst voraus, dass der Angeklagte erkennen oder mit der Möglichkeit rechnen muss, dass die Sache, hinsichtlich der Steuerhehlerei begangen wird, durch eine rechtswidrige Straftat nach den §§ 370, 372 Abs. 2, 373 AO erlangt ist. Der Täter braucht zwar nicht genau zu wissen, um welche (Vor)Tat es sich handelt, er muss sich aber vorstellen, dass es eine Steuerhinterziehung oder ein Bannbruch gewesen ist (Senge in Erbs/Kohlhaas; Strafrechtliche Nebengesetze, § 374 AO Rn. 23; BGH bei Holtz MDR 1977, 283). Dass der Angeklagte dies hinsichtlich der ihm übergebenen Zigaretten gewusst hat oder er mit dieser Möglichkeit rechnete, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht hinreichend sicher entnehmen. Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass eine unbekannte Person mehrere Kartons, die mit unverzollten Zigaretten gefüllt waren, in die Gaststätte gebracht hat. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird dann noch ausgeführt, dass „der Unbekannte für alle Anwesenden ersichtlich unverzollte Zigaretten in den Hinterraum verschafft hat“. Aus diesen Ausführungen allein lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Angeklagte wusste, dass es sich um unverzollte Zigaretten gehandelt hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte davon ausging bzw. davon ausgehen musste, dass diese nicht aus einer Steuerstraftat, sondern „nur“ aus einem Eigentumsdelikt stammten.

In dem Zusammenhang wird das Amtsgericht nähere Feststellungen dazu treffen müssen und durch Vernehmung der Zeugen Z., K. und H. treffen können, welche Vorstellungen der Angeklagte überhaupt hatte bzw. haben musste, als ihm die Tüte mit den unverzollten Zigaretten übergeben wurde. Von Bedeutung sind insoweit die näheren Umstände des Verschaffens in dem Hinterraum der Gaststätte - was ggf. von Z. und dem Unbekannten gesprochen worden ist, was der Angeklagte davon gehört, was er gesehen hat bzw. was er sehen, welche Schlüsse er dann daraus ziehen konnte bzw. musste? Auch wird das Amtsgericht die näheren Umstände der Übergabe der Zigaretten an den Angeklagten aufzuklären haben: Hat der Angeklagte in die Tüte gesehen, bevor er sie übernommen hat? Was ist außer, dass er dem Angeklagten die Zigaretten schenkt, von dem Unbekannten bei Übergabe geäußert worden? Wie hat sich der Angeklagte ggf. nach der Übergabe bis zum Eintreffen der Polizei verhalten und ggf. zum Inhalt der Tüte geäußert? In dem Zusammenhang weist der Senat auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof bei Holtz MDR 1980, 629 hin: War der Angeklagte bei der Übergabe der Sache gutgläubig, dann fehlt es am inneren Tatbestand des § 374 AO, wenn er später von der rechtswidrigen Herkunft der Sache erfährt.

b) Die bislang getroffenen Feststellungen sind auch hinsichtlich des zur Erfüllung des Tatbestandes des § 374 Abs. 1 AO erforderlichen Tatbestandsmerkmals der „Bereicherungsabsicht“ nicht ausreichend. Das Amtsgericht hat dazu nur ausgeführt: „Zwar ist dieser (der Angeklagte) nicht Raucher nach Aussage des Zeugen Z. (H.?). Nach Auffassung des Gerichts war jedoch davon auszugehen, dass der Angeklagte die Zigaretten angenommen hat mit dem Wissen und Wollen, dass diese unverzollt und danach preiswerter sind als im Verkauf.“ Dem allein lässt sich aber nicht entnehmen, dass das Handeln des Angeklagten auf einen geldwerten Vorteil gerichtet war. Das ist aber zur Erfüllung des Tatbestandes des § 374 Abs. 1 AO erforderlich (vgl. dazu BGH MDR 1983, 92 = wistra 1983, 29).

2. Nach allem war das angefochtene Urteil mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bochum zurückzuverweisen.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Auch die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts dürften nicht frei von Rechtsfehlern sein.

a) Das Amtsgericht hat im Rahmen der Strafzumessung ausgeführt: „Zu Lasten des Angeklagten musste demgegenüber allerdings erheblich in Betracht fallen, dass er ohne erkennbaren Gegenwillen Zigaretten von dem Unbekannten angenommen hat. Dadurch hat er zu erkennen gegeben, dass er ohne weiteres dazu bereit ist, in einer unerwarteten Situation eine strafbare Handlung vorzunehmen. Dementsprechend war bei dem Angeklagten von einer bestehenden erheblichen kriminellen Energie auszugehen.“

Dies lässt, worauf die Revision zutreffend hinweist, besorgen, dass das Amtsgericht dem Angeklagten die Tathandlung, nämlich das Entgegennehmen der Zigaretten und das dadurch erfüllte Sichverschaffen im Sinn des § 374 AO, noch einmal zur Last gelegt hat. Das wäre ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB. Auf diesem würde das Urteil im Zweifel auch beruhen, da dieser Umstand „erheblich“ zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt worden ist.

b) Das Amtsgericht ist bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe davon ausgegangen, dass der Angeklagte als Elektrotechniker tätig ist und über ein Monatseinkommen von 1.000 EURO verfügt. Da der Angeklagte keine Angaben zur Höhe seines Einkommens gemacht hat, beruht die Feststellung des Monatseinkommens auf einer Schätzung des Tatrichters. Deren Grundlagen sind aber nicht dargelegt, was jedoch erforderlich gewesen wäre (vgl. dazu u.a. Senat im Beschluss vom 2. November 1999, 2 Ss 699/99, StraFo 2001, 19).

c) Der Senat weist schließlich darauf hin, dass die sogenannte Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 StPO) die Vorschrift des § 375 Abs. 2 Nr. 1 AO aufführt, ohne dass im Tenor der Entscheidung eine Einziehung erfolgt ist.


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