Aktenzeichen: 2 Ws 101/2003 OLG Hamm
Leitsatz: Die Vorschrift des § 458 Abs. 2 StPO begründet eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer ausschließlich für Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde in den in § 454 b Abs. 1 und 2 StPO bezeichneten Fällen.
Senat: 2
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Strafvollstreckungskammer; Zuständigkeit; Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde; nachträgliche Änderung der Vollstreckungsreihenfolge
Normen: StPO 454 b, StPO 458
Beschluss: Strafsache
gegen J.E.
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a., (hier: Beschwerde gegen die Ablehnung einer Änderung der Vollstreckungsreihenfolge).
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 20. Februar 2003 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 13. Februar 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 04. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers trägt die Staatskasse.
Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, wie folgt begründet:
I.
Der Verurteilte ist in vorliegender Sache am 13.07.1999 festgenommen worden und hat sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bottrop vom 14.07.1999 in Untersuchungshaft befunden. Mit Wirkung vom 11.11.1999 ist der Vollzug der Untersuchungshaft zunächst unterbrochen und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen für das Verfahren 40 VRs 10/99 StA Essen bis zum 08.02.2000 vollstreckt worden. Im Anschluss daran ist in der Zeit vom 09.02. bis 10.11.2000 eine weitere Ersatzfreiheitsstrafe von 276 für das Verfahren 40 Js 480/96 StA Essen vollstreckt worden.
Anschließend ist in der Zeit vom 11.11.2000 bis zum 28.11.2000 erneut Untersuchungshaft in vorliegender Sache vollzogen worden, die am 29.11.2000 in Strafhaft übergegangen ist. Der Zwei-Drittel-Zeitpunkt in vorliegender Sache war zunächst auf den 09.07.2003 notiert, das Strafende auf den 09.01.2005 (Bl. 71 d.VH).
Aufgrund des seit dem 15.09.2001 rechtskräftigen Bewährungswiderrufs in dem Verfahren 300 VRs 290/97 StA Essen (Bl. 91 d.VH) war für das letztgenannte Verfahren zunächst wegen einer Freiheitsstrafe von einem Jahr die Anschlussvollstreckung für die Zeit vom 10.01.2005 bis zum 08.01.2006 vorgemerkt, Halbstrafentermin war auf den 08.07.2005, Zwei-Drittel-Termin auf den 08.09.2005 notiert (Bl. 72 d.VH).
Auf einen Antrag des Verurteilten (Bl. 68, 73 ff d.VH) hat die Staatsanwaltschaft Essen mit Verfügung vom 08.07.2002 die Unterbrechung der Freiheitsstrafe in vorliegender Sache zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt und sodann zunächst die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Verfahren 300 VRs 290/97 StA Essen angeordnet (Bl. 77 d.VH). Nunmehr ist für die Zeit vom 10.07.2003
bis zum 08.07.2004 die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Verfahren 300 VRs 290/97 vorgesehen, Halbstrafentermin ist auf den 08.01.2004 notiert, Zwei-Drittel-Termin auf den 08.03.2004. Im Anschluss daran ist die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe in vorliegender Sache vom 09.07.2004 bis zum 08.01.2006 beabsichtigt (Bl. 85 d.VH).
Mit an die Staatsanwaltschaft Essen gerichtetem Schreiben seiner Verteidigerin vom 18.09.2002 hat der Verurteilte - nachdem ein zuvor zu den Verfahren 40 VRs 10/99 und 40 Js 480/96 angebrachter gleichlautender Antrag vom 01.07.2002 (Bl. 87 d.VH) mit Bescheid vom 25.07.2002 (Bl. 81 d.VH) abschlägig beschieden worden war - beantragt, die Vollstreckungsreihenfolge nachträglich dahin abzuändern, dass die bereits verbüßte Freiheitsstrafe zunächst auf die in vorliegender Sache zu vollstreckende Freiheitsstrafe, sodann auf die Freiheitsstrafe aus dem Verfahren 300 VRs 290/97 StA Essen und hiernach auf die zu vollstreckenden Ersatzfreiheitsstrafen anzurechnen sei (Bl. 87 d.VH). Zur Begründung hat der Verurteilte ausgeführt, dies sei erforderlich, um ihm - in Einklang mit § 43 Abs. 2 Nr. 2 StVollstrO - die Möglichkeit zu geben, die Ersatzfreiheitsstrafen durch Zahlung der Geldstrafe aus während der Strafhaft selbst erwirtschafteten Mitteln zu tilgen und dadurch die Möglichkeit einer früheren Entlassung aus dem Strafvollzug zu geben (Bl. 87, 94 f d.VH).
Mit Bescheid vom 27.09.2002 hat der Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft Essen eine Änderung der Vollstreckungsreihenfolge abgelehnt (Bl. 96 d.VH). Hiergegen hat der Verurteilte am 07.10.2002 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt (Bl. 97 d.VH).
Der bei der Staatsanwaltschaft Essen mit der Sache befasste Staatsanwalt hat den Einwendungen des Verurteilten gegen die Vollstreckungsreihenfolge nicht abgeholfen und den Vorgang der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vorgelegt (Bl. 98 d.VH). Diese hat die Einwendungen des Verurteilten - wenngleich auf den Bescheid der StA Essen vom 25.07.2002 Bezug nehmend - mit Beschluss vom 13.02.2003 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 100 f d.VH; Leseabschrift Bl. 102 f d.VH).
Gegen diesen ihm am 19.02.2003 zugestellten Beschluss (Bl. 107 d.VH) richtet sich die am 21.02.2003 bei dem Landgericht Bochum eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 20.02.2003 (Bl. 105 d.A.).
Die gemäß §§ 458, 462 Abs. 1 und 3 StPO statthafte und gemäß § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.
Es fehlt der Strafvollstreckungskammer an einer Zuständigkeitskompetenz für das Begehren des Verurteilten. Die Vorschrift des § 458 Abs. 2 StPO begründet eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer ausschließlich für Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde in den in § 454 b Abs. 1 und 2 StPO bezeichneten Fällen. Unter einen der dort geregelten Tatbestände fällt das Begehren des Verurteilten indessen nicht. Die Staatsanwaltschaft Essen hat Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 454 b Abs. 1 StPO unmittelbar nacheinander vollstreckt bzw. zur Vollstreckung notiert und die Unterbrechung der zunächst vollstreckten Freiheitsstrafe - formal richtig - zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt veranlasst. Diese Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde will der Verurteilte erkennbar nicht anfechten, vielmehr begehrt er eine nachträgliche Änderung der Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 43 Abs. 4 StVollstrO. Für dieses Begehren ist aber allein der Rechtsweg nach §§ 23 ff EGGVG eröffnet (BGH NJW 1991, 2030 f; Senatsbeschluss vom 21.07.1998, NStZ 1999, 56).
Eine Entscheidung des Senats gemäß §§ 23 ff EGGVG ist hingegen noch nicht veranlasst, weil es gemäß § 24 Abs. 2 EGGVG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVollstrO zunächst meiner Entscheidung über die Einwendungen des Verurteilten bedarf. Insoweit werde ich das Erforderliche nach Rückkunft der Akten vom Senat veranlassen.
Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat in Fortführung seiner Rechtsprechung bei, so dass der angefochtene Beschluss mangels einer Entscheidungskompetenz der Strafvollstreckungskammer und damit auch der Zuständigkeitskompetenz des erkennenden Senats als Beschwerdegericht - für Entscheidungen nach § 23 EGGVG ist er nicht zuständig - aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung der §§ 467, 473 StPO.
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