Aktenzeichen: 3 Ss 385/03 OLG Hamm
Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einer Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Diebstahl mit Waffen, Feststellungen, erforderlicher Umfang, Gebrauchsbereitschaft
Normen: StGB 244, StPO 267
Beschluss: Strafsache
gegen R.H.
wegen Diebstahls mit Waffen.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 29.01.2003 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 06. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 02.10.2002 wegen Diebstahls mit Waffen in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er auf das Strafmaß beschränkt hat. Das Landgericht Essen hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufung verworfen. Es hat die Rechtsmittelbeschränkung als wirksam erachtet und ist von folgenden, durch das Amtsgericht getroffenen Feststellungen ausgegangen:
Am 31.05.2002 hielt sich der Angeklagte gegen 19.00 Uhr im evangelischen Krankenhaus in Gelsenkirchen auf, um dort mitnehmenswerte Gegenstände zu entwenden. Während der Tatausführung führte er in einer Tasche seiner Kleidung ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von ca. 8 cm mit sich. Er suchte verschiedene Zimmer auf den Stationen B 3, B 8 und B 7 auf, fand jedoch keine mitnehmenswerten Dinge. Auf der Station B 7 betrat er das Schwesternzimmer und entwendete dort eine angebrochene Schachtel Zigaretten mit einem roten Feuerzeug. Die Gegenstände steckte er ein. Nach Verlassen des Krankenhauses konnte er durch inzwischen verständigte Polizeibeamten vorläufig festgenommen werden, die die entwendeten Gegenstände bei ihm sicherstellten.
Am 10.07.2002 suchte der Angeklagte gegen 12.30 Uhr mit einem Kemal die Geschäftsräume der Firma C & A in der Gelsenkirchener Innenstadt auf. Beide waren übereingekommen, Kleidungsstücke zu entwenden. Dem Angeklagten war hierfür durch den Mittäter Heroin versprochen worden. Nachdem der Mittäter des Angeklagten 2 Anzüge zum Gesamtverkaufspreis von 318,00 Euro von den Bügeln genommen hatte, übergab er sie dem Angeklagten der sie in eine mitgeführte Plastiktüte steckte. Sodann verließen beide Täter das Kaufhaus. Da sie jedoch beobachtet worden waren wurden sie von Detektiven verfolgt. Bei der Verfolgung konnte der Angeklagte mit der Tatbeute vorläufig festgenommen werden. Die Tatbeute gelangte an das Geschäft zurück. Während der Tatbegehung trug der Angeklagte das bereits oben erwähnte Messer in seiner Kleidung bei sich.
Das Landgericht hat den Angeklagten auf der Grundlage dieser Feststellungen wegen Diebstahls mit Waffen gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Ziffer 1 a StGB in 2 Fällen zu Einzelfreiheitsstrafen von 8 Monaten und 10 Monaten verurteilt und aus diesen Strafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr gebildet, deren Vollstreckung nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
II.
Die Revision des Angeklagten hat mit der erhobenen Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Essen.
Entgegen der Ansicht der Strafkammer ist durch die in der Berufungshauptverhandlung am 29.01.2003 erklärte Rechtsmittelbeschränkung eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht eingetreten.
Eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt nach herrschender Meinung voraus, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht. Unwirksam ist daher eine Beschränkung, wenn die Feststellungen zur Tat, sei es auch nur zur inneren Tatseite, so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 318 Randziffer 16 und 17).
Vorliegend sind die vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen derart lückenhaft, dass sie keine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung darstellen. Der hier durch das Amtsgericht angenommene Diebstahl mit Waffen gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB setzt voraus, dass bei dem Diebstahl der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt. Das Tatbestandsmerkmal des Beisichführens setzt voraus, dass der Täter die Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bewusst gebrauchsbereit bei sich hat. Gebrauchsbereitschaft in diesem Sinne ist gegeben, wenn sich die Waffe oder das gefährliche Werkzeug in Griffweite befindet und der Täter sich dieser jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann, sie also zu jedem von ihm gewünschten Zeitpunkt einsatzbereit zur Verfügung stehen (vgl. OLG Hamm NJW 2000, 3510; BayObLG NJW 1999, 2535). Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen, die sich darauf beschränken, dass der Angeklagte bei den Tatausführungen jeweils ein Taschenmesser in einer Tasche seiner Kleidung bei sich gehabt habe, ist es bereits zweifelhaft, ob eine Gebrauchsbereitschaft des Taschenmessers im vorstehend dargelegten Sinn hier gegeben war. Auf jeden Fall lässt das amtsgerichtliche Urteil aber die erforderlichen Feststellungen zur inneren Tatseite vermissen. Das Amtsgericht hat nämlich nicht festgestellt, dass das Führen des Messers vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war. Dass der Angeklagte, wie sich aus den amtsgerichtlichen Feststellungen ergibt, eingeräumt hat, das Taschenmesser bei der Begehung der beiden hier in Rede stehenden Diebstahlstaten bei sich geführt zu haben, lässt noch nicht den Rückschluss zu, dass er diesen Umstand zum Zeitpunkt der Tat zumindest billigend in Kauf genommen hat. Es hätte vielmehr einer ausdrücklichen Darlegung dahingehend bedurft, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tatausführung jeweils bewusst war, dass er das Taschenmesser bei sich hatte. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein entsprechendes Bewusstsein bei Beisichführen eines Messers der hier in Rede stehenden Tat auch nicht ohne weiteres auf der Hand liegt (vgl. BGH Beschluss vom 27.09.2002 - 5 StR 117/02 -,NStZ-RR 2003, 12).
Da das Landgericht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung ausgegangen ist und daher keine eigenen Feststellungen in Bezug auf den Schuldausspruch getroffen hat und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass insoweit noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen.
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