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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 427/03 OLG Hamm

Leitsatz: Die Grenze für die Geringwertigkeit einer Sache im Sinne des § 248 a StGB liegt derzeit bei 50 EURO

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: geringwertige Sache; Grenze der Geringwertigkeit; Kostensteigerung

Normen: StGB 248 a

Beschluss: Strafsache am 28. 07. 2003 beschlossen
gegen R.M.,
wegen Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten vom 06. März 2003 gegen das Urteil der 14. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 27. Februar 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 07. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gem. § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hin ist dieses Urteil durch das angefochtene Urteil abgeändert worden. Der Angeklagte ist nur noch zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Hiergegen wendet sich der Angeklagte nunmehr noch mit seiner Revision. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

II.
Die Revision des Angeklagten war nach § 349 Abs. 2 StPO auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung aufgrund der vom Angeklagten erhobenen Sachrüge Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht aufgezeigt hat. In diesem Zusammenhang kann die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei der erzielten Beute von 43 Tafeln Schokolade im Wert von jeweils 1 EURO (noch) um eine „geringwertige Sache“ im Sinne des § 248 a StGB handelt, dahinstehen. Zwar ist von der geschädigten Firma der bei Bejahung der Eigenschaft einer „geringwertigen Sache“ im Sinne von § 248 a StGB erforderliche Strafantrag nicht gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat jedoch in der Begründung ihres Verwerfungsantrags das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Das ist auch noch im Revisionsverfahren zulässig (vgl. BGHSt 16, 225, 226 f, BGH bei Dallinger MDR 1974, 546). Damit sind die Prozessvoraussetzungen gegeben. Der Senat weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass der Tatrichter die Vorschrift des § 47 StGB nicht übersehen hat, sondern die Strafzumessung dazu Ausführungen enthält.

III.
Für zukünftige Fälle weist der Senat auf Folgendes hin:

Die Strafkammer und die Generalstaatsanwaltschaft haben sich für ihre Auffassung, dass es sich bei der Tatbeute von 43 Tafeln Schokolade im Gesamtwert von 43 EURO nicht um eine „geringwertige Sache“ im Sinne des § 248 a StGB gehandelt hat, auf die Kommentierung von Tröndle/Fischer (StGB, 51. Aufl., § 248 a Rn. 3) und die dort zitierte Literatur und die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16. März 1987 (veröffentlicht in NJW 1987, 1958) bezogen. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar ist es zutreffend, dass nach allgemeiner Meinung die Grenze der Geringwertigkeit in der Vergangenheit von den Gerichten in der Regel bei etwa 50 DM bzw. nun 25 EURO angenommen worden ist (vgl. nur die Nachweise bei OLG Düsseldorf, a.a.O., und bei Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 248 a Rn. 5 a). Insoweit handelt es sich jedoch durchweg um „ältere Rechtsprechung“ (so auch Tröndle/Fischer, StGB, 51 Aufl., § 248 a Rn. 3), die teilweise noch aus dem Jahr 1981 stammt; auch die von der Strafkammer und der Generalstaatsanwaltschaft in Bezug genommene Entscheidung des OLG Düsseldorf ist vor mehr als 16 Jahren ergangen. Der Senat ist mit der Revision der Auffassung, dass diese Rechtsprechung unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen Kosten- und Preissteigerung als überholt anzusehen und die Grenze heute bei 50 EURO zu ziehen ist (so auch, allerdings ohne nähere Begründung, OLG Zweibrücken NStZ 2000, 536 = StV 2000, 298). Ebenso wie der Preisentwicklung und Kostensteigerung im Rahmen des § 142 StGB bei der Frage der Schadenshöhe und bei §§ 69 Abs. 2 Nr. 3, 69 a StGB bei der Frage des bedeutenden Schadens Rechnung zu tragen ist und in der Vergangenheit getragen worden ist, müssen diese Umstände, vor allem auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der geänderten Wertvorstellungen in der Bevölkerung, bei der Bemessung der Geringwertigkeit einer Sache im Sinne des § 248 a StGB Bedeutung erlangen.


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