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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ws 182/03 OLG Hamm

Leitsatz: In Kenntnis der von den Oberlandesgerichten Hamburg (Beschluss vom 21. Februar 2002 in 1 Ws 24/01) und Köln (Beschluss vom 07. Mai 2003 in 2 Ws 170 und 171/03) vertretenen Auffassungen hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass die Vorschriften des § 111 g StPO über die Zulassung der Zwangsvollstreckung und des § 111 i StPO über die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach § 111 c StPO für die Dauer von drei Monaten nach Erlass eines Urteils auf die Fälle analog anwendbar sind, in denen Vermögenswerte durch den Vollzug eines dinglichen Arrestes nach 111 d StPO zur Rückgewinnungshilfe gesichert worden sind.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Zulassung der Zwangsvollstreckung; Aufrechterhaltung der Beschlagnahme; Vollzug eines dinglichen Arrestes; Rückgewinnungshilfe

Normen: StPO § 111 g; StPO 111 i StPO; StPO 111 c; StPO 111 d

Beschluss: Strafsache
gegen H.M. u.a. hier: A.G.,
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a. (hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111 g Abs. 2 StPO)

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 11. Juli 2003 gegen den Beschluss der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 03. Juli 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 08. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:
I.
Gegen den Verurteilten ist durch rechtskräftiges Urteil der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 07. April 2003 6 KLs 6 Js 179/01 (5/03) wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in 19 Fällen und wegen versuchter gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in zwei Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren erkannt worden. Nach den Urteilsfeststellungen fungierte er zumindest seit April 2001 als Großabnehmer von unverzollten und unversteuerten Zigaretten, die von verschiedenen Gruppierungen teilweise in speziell zu diesem Zweck eingerichteten Kühlaufliegern aus Osteuropa, insbesondere aus Litauen, vornehmlich über den Seehafen Kiel in die Bundesrepublik Deutschland eingeschmuggelt und hier von dem Verurteilten sowie seinen zehn Mittätern zu Lagern u.a. in Herne, Bochum, Castrop-Rauxel und Dortmund verbracht wurden. Dort wurden die Zigaretten auf Kleintransporter umgeladen und über ein umfangreiches Abnehmernetz vertrieben. Die kleinste Liefermenge betrug 1000 Stangen, die größte 18.999 Stangen Zigaretten. Insgesamt entstand ein Steuer- und Abgabenschaden in Höhe von 6.426.030,00 €.

Zur Sicherung der dem Steuerfiskus aus den Straftaten erwachsenen zivil- bzw. steuerrechtlichen Ansprüche hat das Amtsgericht Bielefeld durch Beschluss vom 04. Oktober 2002 den dinglichen Arrest in Höhe von 6.426.030,00 € in das Vermögen des Verurteilten als Gesamtschuldner angeordnet. Dieser Arrest ist durch Pfändung eines in seinem Gewahrsam vorgefundenen Bargeldbetrages in Höhe von 6.500,00 € sowie eines Pkw VW Transporter mit dem ehemaligen amtlichen Kennzeichen XXXXXXXXX nebst Fahrzeugpapieren und Zubehör vollstreckt worden.

Mit Beschluss vom 07. April 2003 hat das Landgericht Bochum den Arrest und die auf ihm beruhenden Vollstreckungsmaßnahmen gemäß § 111 i StPO für weitere drei Monate aufrecht erhalten. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 30. Mai 2003 hat es mit Beschluss vom 03. Juli 2003 die Zwangsvollstreckung in die genannten Gegenstände gemäß § 111 g Abs. 2 S. 1 StPO zugelassen. Gegen diesen ihm am 05. Juli 2003 zugestellten Beschluss wendet sich die am 11. Juli 2003 bei dem Landgericht Bochum eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten gleichen Datums, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der VW Transporter stehe im Eigentum seiner Ehefrau. Die gepfändeten 6500,00 € stammten nicht aus dem Zigarettenschmuggel, sondern aus dem Kaufpreis für zwei Reifenlieferungen vom 29. September und vom 01. Oktober 2002.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die gemäß § 111 g Abs. 2 S. 2 StPO statthafte und rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die Voraussetzungen des § 111 g Abs. 2 S. 1 StPO für die Zulassung der Zwangsvollstreckung vorliegen.

In Kenntnis der von den Oberlandesgerichten Hamburg (Beschluss vom 21. Februar 2002 in 1 Ws 24/01) und Köln (Beschluss vom 07. Mai 2003 in 2 Ws 170 und 171/03) vertretenen Auffassungen hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass die Vorschriften des
§ 111 g StPO über die Zulassung der Zwangsvollstreckung und des § 111 i StPO über die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach § 111 c StPO für die Dauer von drei Monaten nach Erlass eines Urteils auf die Fälle analog anwendbar sind, in denen wie hier Vermögenswerte durch den Vollzug eines dinglichen Arrestes nach 111 d StPO zur Rückgewinnungshilfe gesichert worden sind (Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2002 in 2 Ws 312/01 = wistra 2002, 234 sowie vom 06. Juni 2002 in 2 Ws 107/02 = wistra 2002, 398; vgl. auch Beschluss des 4. Strafsenats des OLG Hamm vom 25. Februar 1999 in 4 Ws 7271/98 = wistra 1999, 278 und Beschluss des 1. Strafsenats des OLG Hamm vom 10. Juli 2003 in
1 Ws 217/03).
Da der mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 04. Oktober 2002 angeordnete dingliche Arrest in das Vermögen des Beschwerdeführers damit zulässig durch Beschluss des Landgerichts Bochum vom 07. April 2003 nach § 111 i StPO verlängert worden ist, verfügt der Steuerfiskus als Verletzter der verfahrensgegenständlichen Straftaten über den nach
§ 111 g Abs. 2 StPO erforderlichen mindestens vorläufig vollstreckbaren Titel.

Dieser titulierte Anspruch des Steuerfiskus auf Nachzahlung der hinterzogenen Steuern und Abgaben, der sich im Einzelnen aus den gegen den Beschwerdeführer festgesetzten Steuerbescheiden des Hauptzollamtes Münster (SB 161/2002 F 2) vom
a)06. März 2003 SMS 2710 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
b)06. März 2003 SMS 1912 016102 03 2003 8300
über 25.707,12 €,
c)06. März 2003 SMS 2710 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
d)06. März 2003 SMS 2510 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
e)06. März 2003 SMS 1709 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
f)06. März 2003 SMS 3005 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
g)06. März 2003 SMS 2306 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
h)06. März 2003 SMS 0207 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
i)06. März 2003 SMS 0908 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
j)06. März 2003 SMS 3107 016102 03 2003 8300
über 137.345,76 €,
k)06. März 2003 SMS 2607 016102 03 2003 8300
über 134.537,01 €,
l)06. März 2003 SMS 0505 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
m)06. März 2003 SMS 1905 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
n)06. März 2003 SMS 2004 016102 03 2003 8300
über 125.923,42 €,
o)06. März 2003 SMS 2006 016102 03 2003 8300
über 93.395,12 €,
p)06. März 2003 SMS 0305 016102 03 2003 8300
über 239.768,93 €

ergibt und im Wege der Zwangsvollstreckung bzw. Arrestvollziehung gegen den Verurteilten durchzusetzen ist, ist auch aus den durch die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Bochum vom 07. April 2003 abgeurteilten Straftaten der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei erwachsen, die Anlass zur Anordnung des dinglichen Arrestes in das Vermögen des Beschwerdeführers gegeben haben.

Durch Vorlage der entsprechenden Rückstandsanzeigen und Steuerbescheide hat dies der verletzte Steuerfiskus mit den Mitteln des § 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Weitere Voraussetzungen sind für die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111 g Abs. 2 S. 1 StPO nicht erforderlich. Da der dingliche Arrest als Zahlungstitel in das gesamte Vermögen des Arrestschuldners vollzogen werden kann, ist er nicht auf die Gegenstände beschränkt, die dieser aus den Straftaten erlangt hat. Im Zulassungsverfahren obliegt dem Gericht auch eine weitergehende zivilrechtliche Prüfung der Eigentumsverhältnisse an den in Vollziehung des Arrestes gepfändeten Gegenständen weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn dieser Vorschrift. Denn aus dem Zusammenhang der §§ 111 b ff. und 111 g Abs. 1 und 2 StPO sowie aus dem § 73 Abs. 1 StGB ergibt sich, dass das mit der Sache befasste Strafgericht im Zulassungsverfahren lediglich zu überprüfen hat, ob das aus einer rechtswidrigen Tat Erlangte ausnahmsweise nicht verfallen, sondern dem Verletzten, dem aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, grundsätzlich erhalten bleiben soll. Ob und in welchem Umfang die nach § 111 g Abs. 2 S. 1 StPO zugelassene Zwangsvollstreckung letztlich zum Erfolg führt, muss sich im zivilrechtlichen Verfahren erweisen und richtet sich dann nach den für dieses geltenden allgemeinen Regeln (vgl. Beschluss des 1. Strafsenats a.a.O.). Soweit einem Dritten an den wirksam gepfändeten Gegenständen ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht, muss er dieses außerhalb des Strafverfahrens im Wege der Drittwiderspruchsklage vor dem Zivilgericht geltend machen (OLG Hamburg NJW 2003, 1880). Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers kommt es daher im Zulassungsverfahren nach § 111 g Abs. 2 S. 1 StPO nicht an.

Nach allem war die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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