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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ws 249/03 OLG Hamm

Leitsatz: Wenn der Angeklagte zur Begründung eines Wiedereinsetzungsgesuchs behauptet, er habe entgegen des Vermerks auf der Zustellungsurkunde, das Schriftstück nicht erhalten, müssen Einzelheiten dargelegt und glaubhaft gemacht werden, die aufgrund der konkreten Umstände ein Abhandenkommen des Schriftstücks möglich erscheinen lassen.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs; Zustellungsvermerk, Abhandenkommen der Urkunde

Normen: StPO 44, StPO 45

Beschluss: Strafsache
gegen K.D.
wegen Beleidigung

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 16. September 2003 gegen den Beschluss der 14. Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 10. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Strafrichter Herne hat den Angeklagten am 11. Dezember 2002 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 20,00 EURO verurteilt. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die Vorsitzende der 14. Strafkammer des Landgerichts Bochum Termin zur Hauptverhandlung zunächst auf den 03. Juni 2003 bestimmt. Nachdem der Angeklagte mitgeteilt hatte, er halte sich in der Zeit vom 15. Mai 2003 bis etwa zum 20. Juli 2003 in Bosnien auf, hob die Vorsitzende den Termin vom 03. Juni 2003 auf und beraumte neuen Termin zur Hauptverhandlung auf den 05. August 2003 an. Zu diesem Termin ist der Angeklagte im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung am 21. Mai 2003 geladen worden ist. Ausweislich der ordnungsgemäß ausgestellten und unterzeichneten Postzustellungsurkunde vom 22. Mai 2003 ist die Benachrichtigung über die erfolgte Niederlegung in den Hausbriefkasten eingeworfen worden. Da der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung nicht erschienen ist, hat die Strafkammer die Berufung durch Urteil nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Angeklagte habe zwar rechtzeitig Berufung eingelegt, sei aber im Termin zur Berufungshauptverhandlung ungeachtet der durch die Urkunde vom 21. Mai 2003 nachgewiesenen Ladung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht in zulässiger Weise vertreten worden.

Gegen das im Wege der Ersatzzustellung am 13. August 2003 zugestellte Verwerfungsurteil hat der Angeklagte mit Schreiben vom 15. August 2003, am 18. August 2003 beim Landgericht in Hagen eingegangen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe keine Kenntnis von dem Hauptverhandlungstermin gehabt. Von Anfang Mai 2003 bis Ende Juni 2003 sei er in Bosnien gewesen, eine Ladung zur Hauptverhandlung am 05. August 2003 habe er nicht erhalten. Sein Sohn A., der sich in der Zeit vom 15. Juni 2003 bis zum 20. Juli 2003 gleichfalls in Bosnien aufgehalten habe, habe bei der Deutschen Post für diesen Zeitraum, nämlich vom 15. Juni 2003 bis zum 20. Juli 2003, einen Aufbewahrungsantrag gestellt. Nach seiner Rückkehr sei seinem Sohn die gesammelte Post am 21. Juli 2003 zugesandt worden, unter der sich eine Ladung zu der Hauptverhandlung am 05. August 2003 nicht befunden habe.

Das Landgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch durch den angefochtenen Beschluss vom 11. September 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Angeklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass er ohne Verschulden gehindert gewesen sei, den Hauptverhandlungstermin wahr zu nehmen. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung habe er sich nicht in Bosnien aufgehalten. Die Ladung zur Hauptverhandlung sei am 21. Mai 2003 zugestellt worden, also zu einer Zeit, als sich der Angeklagte nach eigenen Angaben bereits in Bosnien aufgehalten habe. Sein Sohn A. habe Deutschland aber erst am 15. Juni 2003 verlassen, mithin zu einem Zeitpunkt, als die Benachrichtigung über die erfolgte Niederlegung ausweislich der Postzustellungsurkunde schon längst erfolgt war. Da der von dem Sohn bei der Deutschen Post gestellte Aufbewahrungsantrag die Posteingänge ab dem 15. Juni 2003 bis zum 20. Juli 2003 betroffen habe, habe sich folgerichtig in der am 21. Juli 2003 zugesandten Sammelpost der Benachrichtigungsschein nicht befinden können Der Angeklagte sei aber als Berufungsführer verpflichtet gewesen, sicherzustellen, dass ihn während seiner ortsbedingten Abwesenheit eingehende Gerichtspost erreicht. Er habe nicht dargelegt, dass er dies getan habe, schon gar nicht habe er diesbezügliche Vorkehrungen glaubhaft gemacht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 16. September 2003, die am 19. September 2003 beim Landgericht Bochum eingegangen ist und die er am 23. September 2003 in Begleitung seines Sohnes K.A.S. zu Protokoll der Geschäftsstelle damit begründet hat, er habe seinen Sohn A., der seinerzeit wie der Angeklagte - in der F.Straße 1 in Castrop-Rauxel gewohnt habe, mit der Entgegennahme und Durchsicht der den Angeklagten betreffenden Posteingänge beauftragt. Von diesem wisse er, dass eine Ladung zur Berufungshauptverhandlung sich nicht in dem Briefkasten befunden habe. Sowohl der Angeklagte als auch sein Sohn Klaus A. versicherten die zu Protokoll erklärten Angaben zur Glaubhaftmachung an Eides Statt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die gemäß § 46 Abs. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die 14. Strafkammer des Landgerichts Hagen hat dem Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten zu Recht nicht stattgegeben.

Nach § 329 Abs. 3 i.V.m. § 44 Satz 1, 45 StPO kann der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen, wenn er ohne eigenes Verschulden verhindert war, in der Berufungshauptverhandlung anwesend zu sein. Die Tatsachen zur Begründung dieses Antrages sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO). Hierzu ist ein Sachverhalt vorzutragen, der ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Antragstellers ausschließt. Erforderlich ist eine genaue Darstellung der Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie und ggfs. durch welche Umstände es zu der Versäumung der Berufungshauptverhandlung gekommen ist. Der Antrag muss deshalb unter Angabe von Tatsachen so vollständig begründet sein, dass ihm die unverschuldete Verhinderung des Antragstellers ohne weiteres entnommen werden kann. Die insoweit notwendige genaue Darstellung der Umstände, die zur Versäumung der Berufungshauptverhandlung geführt haben, ist binnen der Wochenfrist nach § 329 Abs. 3, 45 Abs. 1 Satz 1 StPO anzubringen. Nach Ablauf der Frist können diese Angaben allenfalls ergänzt oder verdeutlicht werden (vgl. hierzu den Beschluss des erkennenden Senats vom 18. September 2001 in 2 Ws 233/01).

Diesen Anforderungen genügt das Wiedereinsetzungsgesuch vom 15. August 2003 nicht. Unschädlich ist zwar insoweit, dass der Wiedereinsetzungsantrag keinerlei Glaubhaftmachung enthielt; diese kann nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 StPO auch noch im Beschwerderechtszug nachgeholt werden (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 45 Rdnr. 7). Es fehlt aber an dem erforderlichen umfassenden Sachvortrag. Wenn der Angeklagte wie hier behauptet, er habe entgegen des Vermerks auf der Zustellungsurkunde, das Schriftstück nicht erhalten, müssen Einzelheiten dargelegt und glaubhaft gemacht werden, die aufgrund der konkreten Umstände ein Abhandenkommen des Schriftstücks möglich erscheinen lassen.
Aufgrund der Beweiskraft der Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde über die am 21. Mai 2003 durch Niederlegung bei der Postanstalt erfolgte Ersatzzustellung (§§ 37 Abs. 1 StPO, 418 Abs. 1 ZPO) ist nämlich davon auszugehen, dass die Ladung zur Berufungshauptverhandlung dem Angeklagten ordnungsgemäß zugestellt wurde. Denn die Beweiskraft der Zustellungsurkunde erstreckt sich auch darauf, dass der Postzusteller die Benachrichtigung über die Niederlegung an dem angegebenen Tag in den den Zustellungsempfänger betreffenden Hausbriefkasten eingeworfen hat (vgl. BverfG NJW 1992, 224, 225; NStZ-RR 1998, 73). Der Gegenbeweis ist zwar zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Dieser ist aber substantiiert anzutreten. Entweder muss ein Sachverhalt vorgetragen werden, der sich auf die Urkunde und deren inhaltliche Richtigkeit bzw. die inhaltliche Richtigkeit des beurkundeten Vorgangs selbst bezieht (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 37 Rdnr. 27 m.w.Nachw.) oder aber der Antragsteller muss Einzelheiten vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich ergeben kann, dass aufgrund der konkreten Umstände ein Abhandenkommen des Benachrichtigungszettels möglich erscheint (vgl. BVerfG NStZ-RR 1998, 73, 74). Beschränkt sich der Antragsteller jedoch, wie vorliegend, lediglich darauf, den Erhalt des Benachrichtigungszettels zu bestreiten, so fehlt es in jeder Hinsicht an der gebotenen Substantiierung (vgl. hierzu Beschluss des erkennenden Senats vom 18. September 2001 in 2 Ws 233/01; OLG Düsseldorf VRS 87, 441, 442).
Ob der Wiedereinsetzungsantrag schon deshalb als unzulässig zu verwerfen war, weil der Angeklagte darin nicht angegeben hat, wann ihm das Verwerfungsurteil zugegangen ist, brauchte der Senat angesichts des bereits unsubstantiierten Sachvortrags nicht zu entscheiden. Zwar ist diese Angabe grundsätzlich unentbehrlich und gehört zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrags, da das Gericht bei der summarischen Prüfung des Wiedereinsetzungsantrages in die Lage versetzt werden soll, ohne Beweiserhebungen und weitere Erkundigungen überprüfen zu können, ob die Wochenfrist des § 329 Abs. 3 i.V.m. 45 Abs. 1 Satz 1 StPO gewahrt ist (vgl. OLG Düsseldorf VRS 64, 269,271; MDR 1990, 1035). Dies kann aber nicht uneingeschränkt gelten, insbesondere dann nicht, wenn dieser Zeitpunkt wie vorliegend - aktenkundig ist. Ausweislich der Akten ist das Berufungsurteil dem Angeklagten am 13. August 2001 zugestellt worden.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 zutreffend ausgeführt hat, kann sich der Angeklagte auch nicht auf seine Unkenntnis von der Zustellung wegen seiner Ortsabwesenheit zu diesem Zeitpunkt berufen. Als Berufungsführer musste er mit der Ladung zur Berufungshauptverhandlung rechnen und hätte Vorkehrungen für den rechtzeitigen Erhalt von Zustellungen treffen müssen.

Da nach alledem die Strafkammer dem Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten zu Recht nicht stattgegeben hat, musste seine sofortige Beschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet verworfen werden.


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