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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ws 176/99 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Haftbeschwerde, Verhältnismäßigkeit, Gedanke aus §§ 121, 122 StPO, vermeidbare Verzögerungen durch Gericht

Normen: StPO 112

Beschluss: Strafsache gegen H.E.,
wegen Vergewaltigung u.a.,
(hier: Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft).

Auf die (Haft-)Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hagen vom 16.04.1999 gegen den Beschluß der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 15.04.1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 31.05.1999 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen etwaigen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat, verworfen.

Gründe: Der Angeklagte befand sich im vorliegenden Verfahren seit dem 31.07.1998 bis zum Hauptverhandlungstermin am 15.04.1998, in welchem das Verfahren in erster Instanz nicht abgeschlossen werden konnte, in Untersuchungshaft. Der Senat hat durch Beschluß vom 18.02.1999 (2 Bl 9/99) die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet. Auf diesen Beschluß wird Bezug genommen.
Nachdem der Verteidiger mit Schriftsatz vom 24.03.1999 mitgeteilt hatte, daß unter Bezugnahme auf die mit dem Vorsitzenden der Strafkammer geführten Gespräche und nach mehrfacher Rücksprache mit dem - bis dahin nicht geständigen - Angeklagten davon ausgegangen werden könne, daß Zeugen zum Hauptverhandlungstermin nicht benötigt werden, hat der Strafkammervorsitzende die Terminstunde auf den Nachmittag des bereits bestimmten Terminstages verlegt und die bereits geladenen drei Zeugen, darunter die Geschädigte und Nebenklägerin, abgeladen.
Nachdem sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung zur Sache eingelassen hatte, beantragte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft die Vernehmung der Geschädigten als Zeugin, weil aus seiner Sicht das vom Angeklagten abgelegte Geständnis nicht umfassend im Hinblick auf die mit der Anklage erhobenen Vorwürfe war. Daraufhin hat die Strafkammer mit näherer Begründung den Haftbefehl aufgehoben und die Hauptverhandlung vertagt.
Gegen die Aufhebung des Haftbefehls richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hagen, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.
Die Beschwerde war aus den im wesentlichen zutreffenden Gründen des in der Hauptverhandlung verkündeten angefochtenen Beschlusses sowie des Nichtabhilfebeschlusses der Strafkammer vom 05.5.1999, auf die ebenfalls Bezug genommen wird, zu verwerfen.
Ob der Angeklagte ein - aus Sicht der Strafkammer - umfassendes oder - aus Sicht der Staatsanwaltschaft - nur ein Teilgeständnis abgelegt hat, kann dahinstehen, zumal dies im vorliegenden Beschwerdeverfahren durch den Senat ohnehin nicht abschließend beurteilt werden kann und für die Entscheidung letztlich auch nicht maßgebend ist.
Zutreffend ist die Strafkammer davon ausgegangen, daß aufgrund von vermeidbaren Fehlern und Versäumnissen, die vornehmlich den Justizbehörden und nicht dem Angeklagten anzulasten sind, die Hauptverhandlung nicht weiter durchgeführt oder zumindest innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO fortgesetzt werden konnte. Daß eine Fortsetzung innerhalb dieser Frist aufgrund der angespannten Terminslage nicht möglich sein würde, mußte für die Strafkammer bereits vor Beginn der Hauptverhandlung erkennbar gewesen sein, so daß angesichts der nur allgemeinen und relativ vagen Erklärung durch den Verteidiger die Abladung der bereits geladenen Zeugen schon im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten und die ihm zur Last gelegten Straftaten nicht angezeigt war.
Wenn auch der Senat vorliegend nicht im besonderen Haftprüfungsverfahren nach den §§ 121, 122 StPO zu entscheiden hat, so sind im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch die in diesen Vorschriften enthaltenen Grundsätze zu berücksichtigen.
Dies führt dazu, daß nach achteinhalb-monatigem Vollzug der Untersuchungshaft und nunmehr sechs Wochen nach der Entlassung des Angeklagten - jedenfalls derzeit und bis zum Erlaß eines Urteils, sofern nicht weitere neue Umstände eintreten sollten - die Aufhebung des Haftbefehls nicht zu beanstanden und der Erlaß eines neuen Haftbefehls nicht vertretbar ist.
Sollte der Angeklagte jedoch zu der nunmehr auf den 08.6.1999 anberaumten Hauptverhandlung nicht erscheinen, ist die Strafkammer zudem nicht gehindert, einen Haftbefehl zumindest nach § 230 Abs. 2 StPO zu erlassen (vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 122 Rdnr. 20).
Bei der gegebenen Sachlage bedurfte es einer Anhörung auch des Angeklagten vor Erlaß der vorliegenden Entscheidung nicht (§ 308 Abs. 1 StPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 437 Abs. 1 StPO.


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