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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 253/98 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Sprungrevision, Strafbefehl, Verwerfung des Einspruchs, Nichterscheinen, Aufhebung, keine Ladung des Verteidigers, Anzeige der Vollmacht, Ladung des Verteidigers verfügt, kein EB bei den Akten

Normen: StPO 218 Abs. 1; StPO 344 Abs. 2 Satz 2; StPO 412

Beschluss: Strafsache gegen H.Y.,
wegen Unterschlagung u.a.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Kamen vom 12.12.1997 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.03.1998 gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Kamen zurückverwiesen.

Gründe: I. Gegen den Angeklagten ist durch Strafbefehl vom 13.08.1997 wegen Unterschlagung in sechs Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50,-- DM festgesetzt worden. Hiergegen hat der Angeklagte, vertreten durch seinen Verteidiger, form- und fristgemäß Einspruch eingelegt. Dem Einspruchschreiben war die vom Angeklagten unterzeichnete Vollmachtsurkunde beigefügt.
Das Amtsgericht hat daraufhin Termin zur Hauptverhandlung auf den 12.12.1997 bestimmt, das persönliche Erscheinen des Angeklagten und dessen Ladung und die des Verteidigers angeordnet. Im Hauptverhandlungstermin erschienen weder der Angeklagte noch sein Verteidiger. Das Amtsgericht hat daraufhin den Einspruch gem. § 412 StPO verworfen.
Dagegen richtet sich die Sprungrevision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Zur Begründung der formellen Rüge hat er die Verletzung des § 218 Satz 1 StPO gerügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.
II. Die (Sprung-)Revision ist zulässig und hat auch - zumindest vorläufig - in der Sache Erfolg.
1. Die Rüge der Verletzung des § 218 Satz 1 StPO ist ordnungsgemäß im Sinn des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben. Danach müssen, wenn die Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren geltend gemacht wird, die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Dies muß so vollständig und so genau geschehen, daß das Revisionsgericht allein aufgrund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (BGH NStZ 1994, 140; BayObLG StV 1996, 534 = NStZ-RR 1996, 534 mit weiteren Nachweisen).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Angeklagten. Er hat sich nicht etwa nur auf die Behauptung der unterbliebenen Verteidigerladung beschränkt, sondern außerdem auch noch - unter Vorlage seines Bestellungsschreibens - dargelegt, daß die Wahl des Verteidigers dem Amtsgericht rechtzeitig mitgeteilt worden ist (vgl. dazu BayObLG, a.a.O.).
Weiterer Vortrag war vorliegend nicht erforderlich. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß durch den Vorsitzenden die Ladung des Verteidigers gegen "EB" verfügt und ausweislich des Kanzleivermerks auch ausgefertigt worden ist. Zwar könnten dadurch Zweifel begründet sein, ob der Verteidiger (tatsächlich) nicht geladen worden ist oder er lediglich das Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt hat. Dies führt aber nicht dazu, daß der Angeklagte nun etwa auch noch vortragen müßte, die Ladung habe seinen Verteidiger tatsächlich nicht erreicht. Denn bei Fehlen eines Zustellungsnachweises ist auch bei bestehender Zweifel davon auszugehen, daß der Verteidiger zur Hauptverhandlung nicht geladen worden ist (BayObLG, Beschluß v. 20.12.1985 - 1 Ob OWi 399/85 - s. DAR 1986, 247).
2. Die somit ordnungsgemäß begründete formelle Rüge greift auch durch, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben war. Die Nichtladung des Verteidigers trotz der Anzeige seiner Wahl führt - in der Regel - zur Urteilsaufhebung (BayObLG, a.a.O.; BGH VRS 78, 123). Dabei kann hier ebenfalls dahinstehen, ob der Verteidiger (tatsächlich) nicht geladen worden ist oder er lediglich das Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt hat, da es auf ein ggf. vorliegendes Verschulden des Gerichts nicht ankommt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 218 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen).
Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Gesetzesverstoß (§ 337 StPO), da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Hauptverhandlung in Anwesenheit des Verteidigers für den Angeklagten möglicherweise günstiger verlaufen wäre. Insoweit ist nur darauf hinzuweisen, daß der Angeklagte sich nicht zur Sache eingelassen und der geschädigte Zeuge ihn anhand der Videoprints nicht wiedererkannt hat.
III. Nach allem war somit das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Kamen zurückzuverweisen. Da bereits die formelle Rüge zur Aufhebung geführt hat, war ein Eingehen auf die darüber hinaus erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts nicht mehr erforderlich.


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