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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 781/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Ausführungen zur Begründung der Entscheidung, dass von einem Fahrverbot nicht abgesehen werden soll.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrverbot; Absehen; berufliche Gründe; Begründung der Entscheidung; Bschränkung des Einspruchs

Normen: BKatV 2; StPO 267; OWiG 67

Beschluss: Bußgeldsache
gegen W.T.
wegen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von mehr als 0,25 mg/l, (hier: Rechtsbeschwerde des Betroffenen).

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Minden vom 13.08.2003 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 12. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das Urteil des Amtsgerichts Minden vom 13.08.2003 wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Minden zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Kreises Minden-Lübbecke vom 11.10.2002 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1 Nr. 2 StVG eine Geldbuße in Höhe von 250,- € sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden mit dem Zusatz, dass die „4-Monats-Frist“ gewährt werde.

Gegen den ihm am 12.10.2002 zugestellten Bußgeldbescheid hat der Betroffene mit am 22.10.2002 bei dem Kreis Minden-Lübbecke eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers Einspruch eingelegt. Die Einspruchsschrift datiert vom 17.10.2002. Am selben Tag hat der Betroffene bei dem Verteidiger eine schriftliche Vollmacht unterzeichnet, nach der der Verteidiger u.a. zur Verteidigung in Bußgeldsachen und zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln berechtigt ist.
Nachdem am 13.02.2003 bereits eine öffentliche Sitzung vor dem Amtsgericht Minden stattgefunden hatte, in der die Hauptverhandlung vertagt wurde, erklärte der Verteidiger mit am 14.03.2003 bei dem Amtsgericht Minden eingegangenem Schreiben vom 13.03.2003, dass der Einspruch auf den Straffolgenausspruch (Fahrverbot!) beschränkt werde. Zur Begründung hat der Verteidiger ausgeführt, ein Fahrverbot sei für den „Angeklagten“ existenzbedrohend. Dieser sei bis zum Tode seines Bruders vor einigen Wochen bei dem Bruder im „B.Café“ als Koch angestellt gewesen und habe jetzt eine neue Arbeitsstelle in einem neuen Café in Bad Oeynhausen, bei der er für die Erledigung der Einkäufe zuständig und deshalb auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 13.08.2003 hat das Amtsgericht Minden gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentraton von mehr als 0,25 mg/l eine Geldbuße von 250,- € und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Der Urteilstenor trägt den Zusatz „Die 4-Monats-Frist wird gewährt“.

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffene mit am 15.08.2003 bei dem Amtsgericht Minden eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Rechtsbeschwerde eingelegt. Nach Urteilszustellung an den Verteidiger am 24.09.2003 hat dieser die Rechtsbeschwerde mit am 25.09.2003 bei dem Amtsgericht Minden eingegangenem Schriftsatz mit der Rüge der Verletzung sachlichen und formellen Rechts sowie mit den Anträgen begründet, das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Betroffenen unter Fortfall des Fahrverbots zu einer erhöhten Geldbuße zu verurteilen, hilfsweise das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Minden zurückzuverweisen.
Im Rahmen der Sachrüge hat der Betroffene ausgeführt, dass das Fahrverbot für ihn existenzbedrohend sei. Darüber hinaus lasse das Urteil jegliche Ausführungen zur Art und ordnungsgemäßen Durchführung der Atemalkoholmessung vermissen.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache einen zumindest teilweisen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen sowie im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Minden. Im Übrigen war sie als unzulässig zu verwerfen.

1.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich auch gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtet. Insoweit ist nämlich bereits der dem Verfahren zugrunde liegende Bußgeldbescheid des Kreises Minden-Lübbecke vom 11.10.2002 infolge der teilweisen Rücknahme des Einspruchs durch Schriftsatz des Verteidigers vom 13.03.2003 bestandskräftig geworden und damit einer Anfechtung entzogen.
Die teilweise Einspruchsrücknahme ist hier auch wirksam. § 67 Abs. 2 OWiG sieht ausdrücklich vor, dass der Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden kann. Insoweit ist anerkannt, dass eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zulässig ist (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 67 Rdnr. 34 e m.w.N.). Nach § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG gelten die §§ 297 - 300 und 302 der Strafprozessordnung über Rechtsmittel für den Einspruch entsprechend. Dies bedeutet, dass der Einspruch gemäß § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG i.V.m. § 302 StPO teilweise zurückgenommen werden kann, wobei der Verteidiger hierzu gemäß § 302 Abs. 2 StPO einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf. Diese ausdrückliche Ermächtigung war hier auch gegeben. Der Betroffene hat die Verteidigervollmacht am selben Tage unterschrieben, an dem der Verteidiger für ihn Einspruch eingelegt hat. Daraus folgt, dass der Verteidiger hier ausdrücklich mit der Durchführung des Einspruchsverfahrens beauftragt war mit der weiteren Folge, dass die in der schriftlichen Vollmachtsurkunde enthaltene Befugnis zur (teilweisen) Rücknahme von Rechtsmitteln die teilweise Rücknahme des Einspruchs in einer der Bestimmung des § 302 Abs. 2 StPO erforderlichen Form mit umfasste (vgl. BGH NStZ 1998, 531; BGHR § 302 StPO, Rücknahme 5, Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 302 Rdnr. 32 m.w.N.).

2.
Die damit allein noch vorzunehmende Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs des angefochtenen Urteils führt zu dessen Aufhebung. Der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben, da seine Begründung nicht den Anforderungen genügt, die an die Urteilsgründe auch im Bußgeldverfahren zu stellen sind. Die Gründe des Urteils unterliegen hier zwar keinen hohen Anforderungen, sie müssen aber so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hinsichtlich aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale sowie hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs entnehmen kann, welche Feststellungen das Amtsgericht getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung von Nebenfolgen zugrunde liegen (Göhler, a.a.O., § 71 Rdnr. 42 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Aus ihm ergibt sich nämlich, dass der Betroffene vorgetragen hatte, ein Fahrverbot sei existenzgefährdend. Nähere zusammenhängende Feststellungen hierzu hat das Amtsgericht indes nicht getroffen. Es hat die Einlassung des Betroffenen zur Frage der beruflichen Existenzgefährdung auch nicht in einer für den Senat nachvollziehbaren Weise dargestellt. Die Ausführungen des Amtsgerichts erschöpfen sich vielmehr in Bruchstücken. Auch zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen hat das Amtsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Dem angefochtenen Urteil kann insoweit lediglich entnommen werden, dass der Betroffene ein geregeltes Einkommen hat und Vorbelastungen nicht vermerkt sind. Die Würdigung des Amtsgerichts zur Verhängung des Fahrverbots erschöpft sich ebenfalls in nur bruchstückhaften, erkennbar lückenhaften Erwägungen. Das angefochtene Urteil teilt hierzu lediglich mit, dass der Betroffene Schwierigkeiten nach dem Genuss von Alkohol ertragen müsse und dass es auch mehr als fraglich erscheine, dass der Bruder ihm kündige. Dies lässt eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage der beruflichen Existenzgefährdung durch die Verhängung des Fahrverbotes vermissen. Hinzu kommt, dass dem Senat aus dem Parallelverfahren gegen den Betroffenen, das hier unter dem Aktenzeichen 3 Ss OWi 658/03 geführt wird, bekannt ist, dass der Bruder des Betroffenen - wie im Übrigen bereits im Rahmen der teilweisen Zurücknahme des Einspruchs von dem Verteidiger ausgeführt - bereits seit Anfang des Jahres 2003 verstorben ist. Das angefochtene Urteil lässt daher zusätzlich befürchten, dass das Amtsgericht den dahingehenden Vortrag des Betroffenen nicht oder jedenfalls nicht hinreichend zur Kenntnis genommen hat. Damit konnte das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Anwendung des § 25 Abs. 2 a StVG im Tenor der Bußgeldentscheidung nicht mit der Formulierung „Die 4-Monats-Frist wird gewährt“ erfolgen kann. Diese Formulierung ist für den Betroffenen nichtssagend. Erforderlich ist vielmehr die Formulierung, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Urteilsrechtskraft in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.


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