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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss 631/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Frage, wann eine Haftprüfungsentscheidung ggf. einen fehlenden ausdrücklichen Eröffnungsbeschluss ersetzen kann.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Eröffnungsbeschluss; Fehlen; Ersatz, Haftprüfungsentscheidung; Wille des Gerichts, das Hauptverfahren zu eröffnen

Normen: StPO 203

Beschluss: Strafsache
gegen B.B.
wegen Diebstahls
Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 24.07.2003 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20. 11. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Gelsenkirchen hat den Angeklagten mit Urteil vom 24.07.2003 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,- € verurteilt.
Gegen das in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Urteil hat dieser mit am 29.07.2003 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers „Rechtsmittel“ eingelegt und das Rechtsmittel nach Zustellung des schriftlichen Urteils an den Verteidiger am 13.08.2003 mit am 20.08.2003 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage als Revision bezeichnet und mit der Rüge des Fehlens von Prozessvoraussetzungen sowie der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet. Die Revision macht geltend, dass das Amtsgericht nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden und keinen entsprechenden Eröffnungsbeschluss erlassen habe.

II.
Die statthafte (Sprung-)Revision des Angeklagten ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden.
Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Das Verfahren war gemäß § 206 a StPO einzustellen. Die vom Revisionsgericht von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, ob der Verurteilung des Angeklagten ein Prozesshindernis entgegensteht, hat ergeben, dass das Amtsgericht die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Taten durchgeführt hat, obwohl eine Verfahrensvoraussetzung - nämlich der Eröffnungsbeschluss - gefehlt hat und auch nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist (vgl. BGHSt 29, 224; OLG Hamm, VRS 98, 199). Der Eröffnungsbeschluss befindet sich lediglich als vom Richter nicht unterschriebener, von der Geschäftsstelle aber formularmäßig vorausgefüllter Entwurf bei den Akten. Ein vom Amtsrichter unterschriebener und damit dem Schriftformerfordernis genügender Eröffnungsbeschluss fehlt dagegen. Der Eröffnungsbeschluss ist aber, der Bedeutung dieser richterlichen Entschließung für das weitere Verfahren entsprechend, in schriftlicher Form abzufassen (DRiZ 1981, 343; NJW 1987, 2751; OLG Hamm, MDR 1993, 893; VRS 98, 199; BayObLG StV 1990, 395, 396; OLG Zweibrücken, NStZ-RR 1998, 74 m.w.N.). Damit wird nicht gefordert, dass dieser Beschluss einen der Vorschrift des § 207 Abs. 1 StPO entsprechenden Wortlaut haben müsste. Es genügt vielmehr auch ein anders formulierter Beschluss, wenn ihm die Willenserklärung des Gerichts zu entnehmen ist, dass dieses die Anklage nach Prüfung der Voraussetzungen zulassen wollte, und die Entscheidung die mit dem Eröffnungsbeschluss verbundene Schutzfunktion für den Angeklagten einhält (OLG Hamm, VRS 98, 199; JR 1991, 33, 34; BayObLG bei Rüth, DAR 1985, 233, 250). Erforderlich ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit, dass der fragliche Beschluss aus sich heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass der zuständige Richter die Eröffnung der Hauptverhandlung beschlossen hat (OLG Hamm, VRS 98, 199). Diesen Anforderungen genügt insbesondere auch die Haftprüfungsentscheidung des Amtsgerichts vom 10.06.2003 nicht. Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, dass in der Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft im Haftprüfungsverfahren mit anschließender Terminsbestimmung zur Hauptverhandlung ein Eröffnungsbeschluss erblickt werden kann (OLG Hamm, NStE Nr. 6 zu § 203 StPO). Jedenfalls im vorliegenden Fall ist dies nicht der Fall. Ausweislich des Protokolls über die Haftprüfung hatte der Amtsrichter den Angeklagten nämlich weder zu der bereits vorliegenden Anklage der Staatsanwaltschaft Essen gehört noch hatte sich der Angeklagte dort sonst zu der in der Anklage konkretisierten Tat geäußert. Jedenfalls in einem solchen Fall kann der Haftprüfungsentscheidung des Amtsrichters nicht mit der aus Gründen der Rechtssicherheit gebotenen Deutlichkeit entnommen werden, dass der Richter mit der Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft und der damit verbundenen Bestimmung eines kurzfristigen Hauptverhandlungstermins auch über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden wollte, zumal der Angeklagte in dem Protokoll über die Haftprüfung nach wie vor als Angeschuldigter bezeichnet wird (vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.


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