Aktenzeichen: 2 Ws 259/03 OLG Hamm
Leitsatz: Die in § 314 Abs. 1 StPO für die Einlegung der Berufung gebotene Schriftform verlangt nicht unbedingt eine Unterschrift. Es genügt vielmehr zur Wahrung der Schriftform, dass aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt
Senat: 2
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Berufung; Schriftform; Wahrung, Wirksamkeit, Erkennbarkeit des Verfassers
Normen: StPO 314
Beschluss: Strafsache
gegen
K.Y.
fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs,
(hier: sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung)
Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 14. Mai 2003 gegen den Beschluss der 7. Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 23. Juli 2003 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 10. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner frist- und formgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der er zum einen die Unzuständigkeit des Landgerichts rügt und zum anderen unter näherer Begründung darlegt, die Schriftform des § 314 Abs. 1 StPO sei gewahrt .
Die Generalstaatsanwaltschaft hat gleichfalls beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses mit der Folge, dass der Angeklagte wirksam gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 14. Mai 2003 Berufung eingelegt hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag auf Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses in ihrer Stellungnahme vom 21. Oktober 2003 wie folgt begründet:
Zwar ist zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung in diesem Fall entgegen der Auffassung des Angeklagten das Landgericht zuständig gewesen, denn § 319 Abs. 1 StPO sieht eine Verwerfung durch den Erstrichter als unzulässig nur dann vor, wenn die Verwerfung der Berufung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels erfolgt. Wird die Berufung dagegen wie hier aus anderen Gründen als unzulässig verworfen, steht die Befugnis zur Verwerfung allein dem Berufungsgericht zu (zu vgl. KK-Ruß, StPO, 5. Aufl. § 319 Rn. 2).
Der Beschluss des Landgerichts unterliegt allerdings durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die in § 314 Abs. 1 StPO für die Einlegung der Berufung gebotene Schriftform verlangt nicht unbedingt eine Unterschrift. Es genügt vielmehr zur Wahrung der Schriftform, dass aus dem Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem die Erklärung herrührt (zu vgl. zur entsprechenden Vorschrift des § 341 Abs. 1 StPO; BGHR, StPO, § 341, Schriftform 2; BGHSt 12, 317). Insbesondere ist bei fehlender Unterschrift auch schon das Diktatzeichen ausreichend (zu vgl. LK-Ruß, aaO, § 314 Rdn. 10). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Verteidigers des Angeklagten vom 14.05.2003. Aufgrund des Briefkopfes, auf dem lediglich zwei Rechtsanwälte verzeichnet sind, des Diktatzeichens 1010/02KM09 und dem Zusatz, (K. M.) Rechtsanwalt lässt sich zweifelsfrei der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt M., als Urheber des Schreibens erkennen. Hinzu kommt, dass das Schreiben bereits unter dem 14.05.2003 verfasst wurde, nachdem die Hauptverhandlung am selben Tag in Gegenwart von Rechtsanwalt M. als Verteidiger stattgefunden hatte. Danach besteht kein Zweifel, dass das Rechtsmittel wirksam von Rechtsanwalt M. als Verteidiger des Angeklagten eingelegt worden ist.
Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat nach eigenständiger Prüfung bei und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Erforderlich zur Wahrung der Schriftform ist, dass aus dem Schriftstück selbst für sich allein, ohne Zuhilfenahme anderer Beweismittel, klar die Identität des Erklärenden und sein Wille ersichtlich sein müssen, das Rechtsmittel einzulegen. Diesem Erfordernis genügt das hier in Rede stehende Schriftstück. Es enthält nämlich alle notwendigen Daten, die zuverlässig auf eine Autorenschaft des Rechtsanwalts M. schließen lassen. Der Bundesgerichtshof hat zudem im Zusammenhang mit der Beurteilung der Unterschrift unter einem bestimmenden anwaltlichen Schriftsatz darauf hingewiesen, dass zumindest in Fällen, in denen die Autorenschaft gesichert sei, ein großzügigerer Maßstab anzulegen sei (vgl. BGH, NJW 1997, 3380, 3381; vgl. auch BayObLG, NStZ-RR 2003, 305, 306). Nach Auffassung des Senats sind diese Grundsätze auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Der Schriftsatz vom 14. Mai 2003 lässt aufgrund des Briefkopfes und des Diktatzeichens 1010/02KM09 zweifelsfrei den Urheber erkennen, nämlich Rechtsanwalt Klaus M.. Allein der Umstand, dass der Schriftsatz keine Unterschrift trägt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
Nach Auffassung des Senats steht auch fest, dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., Einl. Rdn. 128 m.w.Nachw.).
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts war daher aufzuheben. Auf den Wiedereinsetzungsantrag kommt es somit nicht an.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung der §§ 464, 467 StPO.
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