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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 VAs 59/96 OLG Hamm

Leitsatz:

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungsakt

Stichworte:

Normen:

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend S.S.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Registerbehörden, (hier: Nichtaufnahme von Verurteilungen in das Führungszeugnis).
Auf den Antrag des Betroffenen vom 30. Juli 1996 auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 4. April 1996 in der Form des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Justiz vom 5. Juli 1996 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12. 12. 1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:
Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Das Bundeszentralregister enthält für den Betroffenen unter Nummern 4 bis 7, 9, 10, folgende Eintragungen:
4.
21.06.1978 AG Fulda Rechtskräftig seit 21.06.1978
Tatbezeichnung: Straßenverkehrsgefährdung und Trunkenheit in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort sowie Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Angewendete Vorschriften: StGB § 52, § 53, § 69, § 69 a,
§ 142, § 230, § 232, § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 1, § 316 Abs. 1, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, JGG § 21.
9 Monate Jugendstrafe.
3 Jahre Bewährungszeit.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 20.12.1979.
5.
22.12.1978 Tribunal De Grande Instance Nizza, Frankreich
Tatbezeichnung: Diebstahl
Angewendete Vorschriften: Franz. StG § 379, § 401, § 460
1 Jahr Freiheitsstrafe.
6. Z-'7,
-.04.1980 AG Fulda Rechtskräftig seit 25.04.1980
Tatbezeichnung: Diebstahl in 4 Fällen, davon in 3 Fällen gemeinschaftlich und davon in einem Fall versuchter schwerer Diebstahl in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, fortgesetzter gemeinschaftlicher versuchter Betrug in Tateinheit mit fortgesetzter Urkundenfälschung.
Angewendete Vorschriften: StGB § 22, § 23, § 25 Abs. 2,
§ 52, § 53, § 242, § 243 Abs. 1 Nr. 2, § 263, § 267, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, JGG § 31 Abs. 2.
1 Jahr 6 Monate Jugendstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 21.06.1978 - 27 Js 1937/78 AG Fulda.
Strafvollstreckung erledigt am 02.09.1981.
7.
18.12.1980 AG Fulda ° 27 Js 8361/80 - Rechtskräftig seit 15.07.1981
Tatbezeichnung: Diebstahl und Unterschlagung.
Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 56, § 242, § 246.
7 Monate Freiheitsstrafe.
3 Jahre Bewährungszeit.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 01.09.1985. Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 20.03.1992.
9.
09.12.1986 AG Fulda - 25 Js 7108/83 Ls - Rechtskräftig seit 17.12.1986
Tatbezeichnung: Unerlaubtes Einführen von Betäubungsmitteln sowie unerlaubtes Einführen von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 69 a, BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 33, StVG § 21 Abs. 1 Nr. l.
2 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 16.12.1987.
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit bis 11.02.1995.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 13.04.1997.
Bewährungszeit abgekürzt bis 13.04.1996.
Bewährungszeit abermals abgekürzt bis 13.04.1995.
Strafrest erlassen mit Wirkung vom 13.04.1995.
10.
15.09.1992 AG Fulda Rechtskräftig seit 23.09.1992
Tatbezeichnung: Gewerbsmäßiges unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Angewendete Vorschriften: StGB § 56, BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. l, 4.
2 Jahre Freiheitsstrafe.
3 Jahre Bewährungszeit.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher.
Bewährungszeit abgekürzt bis 22.03.1995.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 13.05.1995.
Diese Verurteilungen werden noch, weitere Straffreiheit vorausgesetzt, bis zum 14. September 1999 in ein Führungszeugnis aufgenommen.
Der Betroffene hat beantragt, anzuordnen, dass diese Eintragungen vorzeitig nicht mehr in ein Führungszeugnis aufgenommen werden. Im wesentlichen hat er vorgetragen, er stehe in der Ausbildung zum Altenpfleger und habe die Aussicht, nach bestandener Prüfung als Altenpfleger durch den Caritasverband übernommen zu werden. Ihm sei mitgeteilt worden, es stehe zu befürchten, dass der Regierungspräsident in Köln ihm die Zulassung zur Prüfung verweigern könne, wenn zum Prüfungszeitpunkt die Eintragungen im Führungszeugnis noch vorhanden seien.
Der Generalbundesanwalt hat mit Bescheid vom 4. April 1996 den Antrag abgelehnt, weil das öffentliche Interesse der beantragten Anordnung entgegenstehe. Die vorgetragenen beruflichen Gründe seien nicht geeignet, das öffentliche Interesse zurücktreten zu lassen. Der Sinn eines Führungszeugnisses bestehe gerade darin, dass es Behörden und Arbeitgebern bis zum Ablauf der im Gesetz bestimmten Frist ermöglicht werde, selbst zu entscheiden, welche Folgerungen aus Eintragungen im Führungszeugnis zu ziehen seien.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Bundesminister der Justiz durch Bescheid vom 5. Juli 1996 im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, es stehe der beantragten Vergünstigung entgegen, dass der Betroffene über viele Jahre regelmäßig wegen nicht unerheblicher Delikte straffällig geworden sei und die letzte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von immerhin zwei Jahren aus dem Jahre 1992 datiere. Unter diesen Umständen erfordere das öffentliche Interesse, dass die oben angeführten Verurteilungen derzeit noch vollständig in ein Führungszeugnis aufzunehmen seien.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die angeführten Bescheide Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG.
Der Antrag ist statthaft und auch im übrigen zulässig.
Zwar hat der Betroffene in seiner Antragsschrift widersprüchlich einerseits Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Bundesministers der Justiz erhoben, andererseits ausgeführt, über seine Beschwerde vom 15. Mai 1996 sei ihm ein Bescheid noch nicht erteilt worden. Dieses Vorbringen geht fehl. Eine durch den Betroffenen anfechtbare Entscheidung des Bundesministers der Justiz liegt vor. Der Bundesminister hat mit Bescheid vom 5. Juli 1996 ausdrücklich über die Beschwerde vom 26. April 1996 entschieden. Diese Beschwerde ist vom Betroffenen persönlich eingelegt worden. Das von ihm erwähnte Schreiben vom 15. Mai 1996 enthält eine weitere Begründung der Beschwerde.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung genügt auch den gesetzlichen Formerfordernissen. Zwar hat der Betroffene sich zunächst darauf beschränkt, in seinem Schriftsatz vom 30. Juli 1996 Anträge zu stellen, ohne zur Begründung nähere Ausführungen zu machen. Der Vorsitzende des Senats hat daraufhin mit Schreiben vom 13. August 1996 den Betroffenen darauf hingewiesen, der Antrag genüge bislang nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Nach § 24 EGGVG sei ein Antrag nur zulässig, wenn der Antragsteller im einzelnen und nachvollziehbar geltend mache, durch die angegriffene behördliche Maßnahme in seinen Rechten verletzt zu sein.
Diesem Mangel hat der Betroffene in seinem Schriftsatz vom 5. Dezember 1996 abgeholfen. Er hat unter näherer Ausführung dargelegt, dass der von ihm angefochtene Bescheid des Bundesministers der Justiz ermessensfehlerhaft sei.
Der - nunmehr den gesetzlichen Anforderungen genügende - Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch rechtzeitig gestellt. Die einmonatige Frist zur Stellung eines zulässigen Antrages
(§ 26 Abs. 1 EGGVG) ist gewahrt.
Der Betroffene hatte in diesem Verfahren am 16. November 1995 den Pfarrer G.B. in Marienheide bevollmächtigt, ihn gegenüber allen Behörden und Gerichten zu vertreten. Diesem Pfarrer wurde die Entscheidung des Bundesministers der Justiz am 9. Juli 1996 ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde zugestellt, nicht jedoch dem Betroffenen persönlich.
Es ist unschädlich, dass die Ergänzung der Antragsschrift erst mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1996 erfolgte. Denn die Zustellung an den Pfarrer B. war nicht geeignet, die einmonatige Frist zur Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung in Lauf zu setzen. Denn der Betroffene hatte ihm eine Zustellungsvollmacht nicht erteilt (vgl. hierzu Löwe-Rosenberg, StPO,
24. Aufl., § 37 Randnote 39 ff.).
Diese Sachbehandlung durch den Senat verkürzt den Betroffenen nicht in seinen Rechten. Denn, wie aus der Antragsschrift des Betroffenen, ferner aus seinen Schriftsätzen vom 28. August und 5. Dezember 1996 ersichtlich, hat der Betroffene, unbeschadet dessen, dass nicht ihm, sondern dem von ihm bevollmächtigten Pfarrer die Entscheidung zugestellt worden war, Kenntnis vom Inhalt erlangt.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet.
Da die Entscheidungen der Registerbehörden Ermessensentscheidungen sind, sind sie gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG durch den Senat nur eingeschränkt nachprüfbar dahingehend, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer nach dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dazu gehört auch die Prüfung, ob die Behörden von einem vollständig und richtig ermittelten Sachverhalt, soweit dieser für die Entscheidung von Bedeutung ist, ausgegangen sind.
Gemäß § 39 Abs. 1 S.3 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) sollen die Registerbehörden vor ihrer Entscheidung über die Anordnung der vorzeitigen Nichtaufnahme von Verurteilungen in das Führungszeugnis das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde (hier kommt insbesondere die Staatsanwaltschaft in Be-
tracht) hören. Das ist im vorliegenden Falle nicht geschehen. Dieses Unterlassen ist hier jedoch nicht als rechtsfehlerhaft zu beanstanden. Es handelt sich bei dieser gesetzlichen Bestimmung nicht um eine „Muß" , sondern nur um eine „Soll-Vorschrift. Wie der Senat häufig ausgesprochen hat, kann rechtlich unbedenklich von der Anhörung abgesehen werden, wenn das Begehren des Betroffenen offensichtlich unbegründet ist und durch die Anhörung keine für die Entscheidung wesentlichen Grundlagen beigebracht werden können (für viele: Senatsentscheidung vom 25. März 1980 - 1 VAs 3/80 -). Das ist hier der Fall.
Die Registerbehörden haben rechtlich unbedenklich die Nichtaufnahme der Verurteilungen in das Führungszeugnis mit der Begründung abgelehnt, es stehe dem das öffentliche Interesse entgegen.
Zwar sind mit Eintragungen im Führungszeugnis regelmäßig Schwierigkeiten im beruflichen Werdegang von Verurteilten verbunden. Den widerstreitenden Interessen, einerseits an der Wiedereingliederung von Verurteilten in das Berufsleben, andererseits am Interesse von Behörden und Arbeitgebern, Kenntnis von für sie bedeutsamen Vorverurteilungen zu erhalten, hat der Gesetzgeber dadurch entsprochen, dass er in § 34 BZRG zum Teil vergleichsweise recht kurze Fristen angeordnet hat, nach denen Verurteilungen nicht mehr in das Führungszeugnis aufgenommen werden. Darüber hinausgehende Vergünstigungen sind nur zu gewähren, wenn für den jeweiligen Verurteilten ansonsten außergewöhnliche Härten eintreten, unvergleichbar mit denen, die in der Regel mit aufzunehmenden Vorverurteilungen verbunden sind. Derartige besondere Härten liegen hier nicht vor. Insbesondere fällt ins Gewicht, dass zahlreiche, teilweise gewichtige Vorverurteilungen vorliegen. Unter diesen sind solche, die gerade für den vom Betroffenen erstrebten Beruf als Altenpfleger erhebliches Gewicht haben. Wiederholte Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, die zur Verhängung von langen Freiheitsstrafen geführt haben, sind besonders bedenklich, wenn eine Tätigkeit im sozialen Bereich, verbunden mit der Betreuung von teilweise
hilflosen Menschen, angestrebt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates darf unter diesen Umständen regelmäßig die Erkenntnisgrundlage für Behörden und Arbeitgeber nicht durch eine vorzeitige Anordnung nach § 37 BZRG verkürzt werden, sondern diesen muss selber die Entscheidung überlassen bleiben, welche Bedeutung sie den Vorverurteilungen zumessen (vgl. Senatsentscheidung in Monatsschrift für Deutsches Recht 1986, 169). An dieser Beurteilung kann im vorliegenden Fall auch nichts ändern, dass der Verurteilte sich nach beigebrachten Zeugnissen in seiner bisherigen Ausbildung bewährt hat.
Soweit der Betroffene in seiner an den Generalbundesanwalt gerichteten Antragsschrift ausgeführt hat, ihm sei mitgeteilt worden, es sei zu befürchten, er werde vom Regierungspräsidenten in Köln nicht zur Prüfung zugelassen, wenn das Führungszeugnis die Verurteilungen noch enthalte, kann dieses zu keiner anderen Beurteilung führen. Da der Betroffene in seinem Schriftsatz vom 5. Dezember 1996 ausführt, er habe die Umschulung erfolgreich abgeschlossen, dürfte er die Prüfung inzwischen abgelegt haben. Im übrigen liegt, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bei Behörden oder behördenähnlichen Institutionen eine grobe Verkennung des jeweiligen Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereichs vor, wenn sie eine Zulassung oder Einstellung davon abhängig machen sollten, dass ein eintragungsfreies Führungszeugnis vorliegt. Eine solche Einstellung läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass sie die ihnen obliegende Verantwortung auf die Registerbehörden abschieben. Denn es kann bei richtiger Beurteilung nicht darauf ankommen, ob im Führungszeugnis keine Eintragung vorhanden ist, sondern darauf, ob eine frühere Verurteilung für die beabsichtigte Prüfung oder berufliche Tätigkeit von Bedeutung ist und den jeweiligen Betroffenen für mehr oder weniger geeignet erscheinen lässt (vgl. u.a. Senatsentscheidung vom 16. Januar 1984 - 1 VAs 18/84 -).
Unter diesen Umständen ist auch nicht, wie der Betroffene meint, zu beanstanden, dass nicht weitere Auskünfte über seine nicht zu bezweifelnde Bewährung nach der letzten Verurteilung im Jahre 1992 eingeholt worden sind.
Demgemäss war der Antrag zu verwerfen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


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