Aktenzeichen: 1 VAs 111/88 OLG Hamm
Leitsatz:
Senat: 1
Gegenstand: Justizverwaltungsakt
Stichworte:
Normen:
Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffendP.P.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Entfernung von Eintragungen gemäß § 25 BZRG).
Auf den Antrag des Betroffenen vom 28. Dezember 1988 auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff EGGUG gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 17. März 1988 in der Form des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Justiz vom
30. November 1988 und auf den Antrag des Betroffenen vom 28. Dezember 1988 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 14. 12. 1989 durch den Vorsitzenden Richter, am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nach einem Geschäftswert von 5'.000,00 DM
2
Gründe
Im Bundeszentralregister sind sechs staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren vermerkt, die jeweils zwischen dem 20. September 1978 und dem 2. Dezember 1983 mit einer Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Landshut wegen Schuldunfähigkeit des Betroffenen geendet haben. Der Betroffene hat beim Generalbundesanwalt beantragt, diese Eintragungen gemäß § 25 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) aus dem Register
zu entfernen.
Zunächst hatte sich der Betroffene auch gegen eine siebte Eintragung gewandt, die ebenfalls eine Verfahrenseinstellung wegen Schuldunfähigkeit betraf. Es hat sich zwischenzeitlich jedoch herausgestellt, dass diese Eintragung im Register nicht mehr enthalten ist, da die Staatsanwaltschaft Landshut das Verfahren wieder aufgenommen hat und dem Geschädigten, der Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt hatte, mit Verfügung vom 27. Dezember 1985 auf den Privatklageweg verwiesen hat.
Der Betroffene hat im wesentlichen vorgetragen, er habe die Taten, wegen denen die Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren, weder begangen, noch sei er je schuldunfähig gewesen. Ihm sei auch vor Anordnung der jeweiligen Eintragung ins Bundeszentralregister kein rechtliches Gehör gewährt worden. Der Inhalt der Eintragungen im Bundeszentralregister sei in weiten Kreisen bekannt geworden. Das sei die Ursache dafür, dass er als selbständiger Bauingenieur kaum noch Aufträge erhalte und er auch Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche habe.
Der Generalbundesanwalt hat mit Bescheid vom 17. März 1988 den Antrag des Betroffenen zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat der Bundesminister der Justiz am 30. November 1988 verworfen.
Hiergegen richtet sich der näher begründete Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung.
Auf den Inhalt der behördlichen Entscheidungen, der Antragsund Beschwerdeschriften des Betroffenen wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.
Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss der Erfolg versagt bleiben.
Die sechs Verfahrenseinstellungen aus den Jahren 1978 bis 1983 hat die Staatsanwaltschaft Landshut gestützt auf ein Gutachten des Landgerichtsarztes Medizinaldirektor. Dr. D. vom 18. August 1977. Der Sachverständige ist in dem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, der Betroffene habe eine Entwicklung durchgemacht, die zu einer ausgeprägten Paranoia geführt habe. Es seien mit völliger Sicherheit die Voraussetzungen des § 21 StGB (erheblich verminderte Schuldfähigkeit) gegeben.
Es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass auch die Voraussetzungen des § 20 StGB (Schuldunfähigkeit) gegeben seien.
Die Registerbehörden haben ihre ablehnenden Entscheidungen im Kernpunkt darauf gestützt, dass das öffentliche Interesse der Anordnung der Entfernung der Eintragungen aus dem Bundeszentralregister entgegenstehe. Auch heute sei der Betroffene noch nicht einem psychisch völlig Gesunden gleichzustellen. Es sei nicht auszuschließen, dass die psychische Erkrankung (erneut) zu strafrechtlich relevantem Verhalten führen könne, für dessen richtige Beurteilung die Eintragungen von Bedeutung seien könnten.
Der nach §§ 23 ff. EGGVG zulässige Antrag ist nicht begründet.
Die von den Registerbehörden getroffenen Ermessensentscheidungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist, wovon auch die Registerbehörden zutreffend ausgegangen sind, ein überwiegendes Interesse eines Betroffenen an einer Entfernung einer Registereintragung gem. § 25 BZRG regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die psychische Störung, die der Eintragung zugrundelag, nicht mehr fortbesteht und bei ihm nicht mehr als bei jedem anderen psychisch intakten Bürger die Gefahr besteht, dass er strafrechtlich in Erscheinung tritt.
Diese Voraussetzungen sind beim Betroffenen nicht gegeben: Das folgt schon aus dem vom Betroffenen selber vorgelegten Gutachten des Landgerichtsarztes Dr. S. vom 24. September 1985, erstattet im Verfahren 13 Js 833/85 StA Landshut. Dieser misst allerdings einer beim Betroffenen festgestellten psychischen Störung erheblich geringeres Gewicht bei als es im Gutachten
Vom 18. August 1977 geschehen ist., Er kommt zu dem Ergebnis, der Betroffene habe eine querulatorische Entwicklung durchgemacht, die vermutlich ihren Ausgang genommen habe., bei subjektiv als ungerecht erlebten Ereignissen im Jahre 1975 in Bezug auf Geschehnisse, die im engen Zusammenhang mit dieser Entwicklung stünden, könne eine Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des ~ 21 StGB vorliegen. Hinweise auf schwerwiegendere psychische Störungen habe die Untersuchung nicht ergeben, so dass eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB ausgeschlossen werden könne.
Dieses Gutachten bestätigt, dass der Betroffene noch nicht psychisch völlig intakt ist. Sollte in einem Verfahren künftig die Anwendung des § 21 StGB erwogen werden, so wird in diesem Zusammenhang die Kenntnis der früheren Verfahrenseinstellungen von beträchtlicher Bedeutung sein.
Dass in der psychischen Entwicklung des Betroffenen anschließend keine einschneidende Änderung eingetreten ist, folgt auch aus der gutachtlichen Stellungnahme des Landgerichtsarztes Dr. S. vom 12. Dezember 1986 im Verfahren 14 Js 7759/86 StA Landshut, in dem er ausdrücklich seine Beurteilung aus dem Gutachten Zutreffend haben die Registerbehörden in ihre Erwägungen auch den Gesichtspunkt eingezogen, dass das öffentliche Interesse am Fortbestand der Eintragung im Sinne von § 25 BZRG dann entfällt, wenn die Eintragungen offensichtlich fehlerhaft sind (Rebmann-Uhlig, BZRG, § 25 Rn. 32). Hierbei ist zu beachten, dass die Registerbehörden weder die Berechtigung noch die Möglichkeit haben, Einstellungsverfügungen oder gerichtliche Entscheidungen, die sich auf § 20 StGB stützen, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Für das zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Registerbehörden nach den §§ 23 ff EGGUG zuständige Gericht - hier: der erkennende Senat - kann zwangsläufig nichts anderes gelten (vgl. OLG Hamm JUBL 1963, 80). Wie der Senat in anderem Zusammenhang (Eintragung ausländischer Verurteilungen in das Bundeszentralregister) schon ausgeführt hat, können nur solche Fehler im Rahmen des Tilgungs- oder Entfernungsverfahrens berücksichtigt werden, die ohne jede weitere Nachprüfung eindeutig ersichtlich und in diesem Sinne offenkundig sind (Senatsentscheidung vom 17. September 1981 - 7 VAs 64/81 -). Davon kann hier jedoch nicht die Rede sein. Eine solche offensichtliche Fehlerhaftigkeit der Eintragungen ist insbesondere nicht dadurch gegeben, dass der Betroffene jeweils vor der Eintragung nicht gehört worden ist. Eine solche Anhörung eines Beschuldigten .ist im Bundeszentralregister nicht vorgesehen. Sie ist auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht geboten, da die Eintragung die gesetzlich vorgesehene zwingende Folge der staats-. anwaltschaftlichen oder gerichtlichen Entscheidung ist. Ob
die Staatsanwaltschaft aufgrund der Vorschrift des § 170 Abs. 2 S. 2, letzter Halbsatz StPO gehalten ist, in jedem Falle einen Beschuldigten von einer Einstellung nach §'20 StGB zu benachrichtigen, bedarf hier keiner Prüfung.
Aus diesen Darlegungen folgt, dass die Registerbehörden zu Recht dem Vorbringen des Betroffenen, die eingetragenen staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen seien falsch, da er weder die Taten begangen habe noch schuldunfähig gewesen sei, nicht nachgegangen sind. Eine solche sachliche Nachprüfung kann nur die Staatsanwaltschaft Landshut selber vornehmen, da ein Ermittlungsverfahren nach einer Einstellung nach
§ 170 Abs. 2 StPO jederzeit wieder aufgenommen kann, wenn dazu Anlass besteht (Kleinknecht-Meyer, StPO, 38. Aufl., § 170 Rn. 9). Ob im Hinblick auf die nachteiligen Folgen, die mit einer Verfahrenseinstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 20 StGB für einen Beschuldigten verbunden sein können, wegen des Verfassungsgebotes des Art. 19 Abs. 1U Grundgesetz der Rechtsweg zum Oberlandesgericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGUG zur Anfechtung der Einstellungsverfügung, ggf. nach erfolgloser Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde, eröffnet ist, bedarf hier keiner Prüfung. Denn jedenfalls ist zu einer solchen Entscheidung nicht das Oberlandesgericht Hamm im Rahmen eines Verfahrens nach § 25 BZRG, sondern das für die erkennende Staatsanwaltschaft örtlich zuständige Oberlandesgericht berufen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGUG war somit zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGUG, 30, 130 KostO.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe musste gemäß §§ 29 Abs. 3 EGGUG, 114 ZPO erfolglos bleiben, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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