Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss 175/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zum „Beisichführen“ im Sinne nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Raub; schwerer Raub; Waffe; Gebrauchsbereitschaft, griffbereit

Normen: StGB 250

Beschluss: Strafsache
gegen K.D.
wegen schweren Raubes

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil derVI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 21.01.2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 05. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Schöffengericht Minden hatte den Angeklagten am 02.02.2003 wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht mit dem angefochtenen Berufungsurteil als unbegründet verworfen.
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Berufungsurteil hat der Angeklagte mit am 22.01.2004 bei dem Landgericht eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Revision eingelegt und die Revision nach Urteilszustellung am 03.03.2004 mit am 18.03.2004 bei dem Landgericht eingegangenem weiteren Schreiben des Verteidigers mit der Sachrüge sowie mit der Rüge der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO begründet.
II.
Die zulässige Revision des Angeklagten hat bereits mit der Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld. Die Feststellungen des Berufungsurteils tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes nach §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

Der hier durch das Landgericht angenommene schwere Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB setzt voraus, dass bei dem Raub der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt. Das Tatbestandsmerkmal des „Bei-Sich-Führens“ setzt voraus, dass der Täter die Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bewusst gebrauchsbereit bei sich hat. Ge-brauchsbereitschaft in diesem Sinne ist gegeben, wenn sich die Waffe oder das gefährliche Werkzeug in Griffweite befindet und der Täter sich dieser Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann, sie also zu jedem von ihm gewünschten Zeitpunkt einsatzbereit zur Verfügung stehen (Senat, Beschluss vom 24.06.2003, 3 Ss 385/03; OLG Hamm, 1. Strafsenat, Beschluss vom 05.02.2004, 1 Ss 28/04 OLG Hamm; OLG Hamm NJW 2000, 3510; BayObLG NJW 1999, 2535; vgl. auch BGH NStZ-RR 2003, 13).
Nach den landgerichtlichen Feststellungen ist es aber bereits zweifelhaft, ob eine Gebrauchsbereitschaft des von dem Angeklagten mitgeführten Taschenmessers in diesem Sinne hier gegeben war. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte nämlich bei der Tatausführung sein Schlüsselbund mit sich, an dem ein Mehrzwecktaschenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 5 cm angehängt war. Dieses Schlüsselbund steckte der Angeklagte in die rechte obere Innentasche seiner Jacke, die mit einem Reißverschluss gesichert war. Hätte der Angeklagte nun zunächst noch den Reißverschluss der Innentasche seiner Jacke öffnen müssen, um überhaupt an das Taschenmesser zu gelangen, und hätte er darüber hinaus das so erlangte Taschenmesser anschließend noch aufklappen müssen, so könnte bereits die Gebrauchsbereitschaft des Taschenmessers zweifelhaft sein.
Auf jeden Fall lässt das landgerichtliche Urteil aber die erforderlichen Feststellungen zur inneren Tatseite vermissen. Das Landgericht hat nämlich nicht zweifelsfrei festgestellt, dass das Führen des Messers vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war. Seine Feststellungen hierzu sind vielmehr widersprüchlich. Denn einerseits führt das Landgericht aus, der Angeklagte habe gewusst, dass er ein Messer bei sich führte. Weil er nämlich das Schlüsselbund mit dem daran befindlichen Messer immer mitgenommen habe, wenn er seine Unterkunft verließ, sei ihm dies auch zur Tatzeit bewusst gewesen, auch wenn er nicht fortwährend daran gedacht habe und sich seine Gedanken bei Fassung des Tatentschlusses vordringlich auf die Erlangung der Tasche und des zwecks Heroinerwerbs benötigten Geldes gerichtet hätten. Andererseits führt das Landgericht aber im Rahmen der Beweiswürdigung aus, der Angeklagte habe sich unwiderlegt dahin eingelassen, dass er im Augenblick des Tatentschlusses nicht an das ständig mitgeführte Messer gedacht habe. Er habe unter Entzugserscheinungen gelitten und sei allein darauf aus gewesen, sich Geld zum Erwerb von Heroin zu beschaffen.
Diese Feststellungen sind widersprüchlich und tragen nicht die Verurteilung wegen schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB. Denn nach der von dem Landgericht als unwiderlegt angesehenen Einlassung des Angeklagten, er habe im Augenblick des Tatentschlusses nicht an das ständig mitgeführte Messer gedacht, liegt gerade kein Beisichführen des Messers i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB vor, da dazu gerade erforderlich ist, dass der Angeklagte sich nicht zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Tatausführung, sondern gerade zum Zeitpunkt der Tatausführung bewusst war, dass er das Taschenmesser bei sich hatte (BGH, NStZ-RR 2003, 13; Senat, a.a.O.; OLG Hamm, 1. Strafsenat, Beschluss vom 05.02.2004, 1 Ss 28/04). Ein entsprechendes Bewusstsein liegt bei Beisichführen von kleinen Messern der vorliegenden Art auch nicht auf der Hand (vgl. BGH, NStZ-RR 2003, 13 m.w.N.).

Da bereits die Sachrüge der Revision zu einem vorläufig vollen Erfolg verholfen hat, musste der Senat auf die allein den Rechtsfolgenausspruch betreffende Verfahrensrüge nicht mehr eingehen.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".