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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 VAs 18/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zur (erneuten) Zurückstellung der Strafvollstreckung, wenn bereits einige Therapien gescheitert sind.

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Zurückstellung der Strafvollstreckung;Therapiewilligkeit, mehrere erfolglose Therapien

Normen: BtMG 35

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend V.W.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 8. April 2004 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Detmold vom 28. Januar 2004 in der Form des Beschwerdebescheides des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 16. März 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02. 06. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:

Der Bescheid der Staatsanwaltschaft Detmold vom 28. Januar 2004 in der Form der Beschwerdeentscheidung des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 16. März 2004 wird aufgehoben.

Die Staatsanwaltschaft Detmold wird angewiesen, den Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen werden bei einem Gegenstandswert von 2.500,00 € der Landeskasse auferlegt.

Gründe:
Der Antragsteller ist durch Urteil des Amtsgerichts Gifhorn vom 14. September 2000 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und anderem zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Am 22. Dezember 2000 hat die Staatsanwaltschaft Hildesheim in dieser Sache die Zurückstellung der Vollstreckung gemäß § 35 BtMG angeordnet. Der Betroffene ist sodann am vereinbarten Termin erst gegen 23.00 Uhr in der Therapieeinrichtung erschienen, so dass er dort nicht mehr aufgenommen worden ist. Am darauffolgenden Tag scheiterte eine Therapieaufnahme am vorangegangenen Opiat- und Kokainkonsum. Daraufhin ist die Zurückstellung der Vollstreckung widerrufen und Vollstreckungshaftbefehl angeordnet worden. Mit Verfügung vom 26. April 2001 hat die Staatsanwaltschaft Hildesheim erneut die Zurückstellung der Vollstreckung verfügt. Die daraufhin absolvierte Therapie ist am 20. Dezember 2001 erfolgreich beendet worden. Die Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Gifhorn ist sodann unter Anrechnung der in der Therapieeinrichtung verbrachten Zeit durch Beschluss des Amtsgerichts Gifhorn vom 25. Januar 2002 zur Bewährung ausgesetzt worden.

Ca. zwei Monate nach seiner Entlassung aus der Therapieeinrichtung wurde er rückfällig. Es kam sodann in der Folgezeit zu den dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Straftaten. Er ist deshalb durch Urteil des Jugendschöffengerichts Detmold vom 10. April 2003 wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Nach den Ur-teilsfeststellungen hat der Antragsteller gemeinsam mit einer Mittäterin am 13. November 2002 zunächst vergeblich versucht, einen PKW mittels Schlossstechens und Überdrehens des Lenkradschlosses zu stehlen, und anschließend einen anderen PKW nach gewaltsamer Öffnung, Aufbrechen des Lenkradschlosses und Kurzschließen der Zündung entwendet sowie am Abend des 22. November 2002 einen PKW nach gewaltsamer Öffnung mit Kurzschließen der Zündung gestohlen. In den Urteilsgründen ist u.a. weiter ausgeführt, dass der Betroffene immer wieder auf-grund seiner Drogenabhängigkeit straffällig werde. Das Gericht würde seine Zustim-mung zu einer Zurückstellung nicht verweigern.

Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren zunächst vom 12. Dezember 2002 Untersuchungshaft und anschließend bis zum Ablauf von 2/3 am 9. Dezember 2003 die Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verbüßt. Vom 10. Dezember 2003 bis zum 3. Mai 2004 hat der Antragsteller sich für die Staatsanwaltschaft Hannover in dem Verfahren NZS-6152 Js 47848/99 VRS wegen Betäubungsmittelvergehens in Strafhaft befunden. Seit dem 4. Mai 2004 verbüßt er eine Reststrafe von 213 Tagen für die Staatsanwaltschaft Hildesheim aus dem Urteil des Amtsgerichts Gifhorn vom 14. September 2000. Das Strafende in dieser Sache ist notiert auf den 2. Dezember 2004. Im Anschluss daran ist sodann die Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Detmold vom 12. April 2003 bis zum 3. Juni 2005 noch zu vollstrecken.

Unter dem 12. November 2003 hat der Antragsteller über die Drogenberatung e.V. in Lippe einen Antrag auf Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG gestellt. Beigefügt war eine Therapieplatz-Bestätigung für den 21. Januar 2004 sowie eine Kostenzusage des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 12. November 2003. Unter dem 15. Dezember 2003 hat die Staatsanwaltschaft Detmold eine Maßnahme nach § 35 BtMG abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt:

„Wie im Bezugsschreiben plastisch dargelegt, sind alle bisherigen Therapieversuche gescheitert. Warum sollte es diesmal gelingen? Der Verurteilte hat weder im Ermittlungs- noch im Strafverfahren Kooperation gezeigt. Es ist kaum damit zu rechnen, dass er sein Verhalten in der Zwischenzeit grundlegend geändert hat. Im übrigen ist eine nochmalige Therapie angesichts der knappen Haushalte auch gegenüber dem Steuerzahler nicht mehr zu verantworten. Der vorhandene Therapieplatz sollte jemandem vorbehalten bleiben, bei dem die Chancen einer erfolgreichen Behandlung wesentlich größer sind.“

Auf ein persönliches Schreiben des Betroffenen an die Staatsanwaltschaft Detmold teilte diese ihm am 19. Januar 2004 mit, manchmal helfe auch „kalter Entzug“. Ent-scheidend sei der eigene Wille und eventuell unterstützende Maßnahmen, die auch in der Justizvollzugsanstalt vorgenommen werden könnten. Irgendwann sei die Be-reitschaft der Vollstreckungsbehörde, immer wieder einer Entscheidung gemäß § 35 BtMG zuzustimmen, „verbraucht“. Der Betroffene konnte daraufhin den Aufnahme-termin am 21. Januar 2004 nicht wahrnehmen.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. Januar 2004 hat der Betroffene erneut beantragt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gemäß § 35 BtMG zurückzustellen. Hinsichtlich des Drogenrückfalls nach der letzten abgeschlossenen Therapie hat er vorgetragen, der Betroffene sei nach der Therapie nach Detmold gezogen, um eine Trennung von seinem früheren Freundes- und Bekanntenkreis herbeizuführen, da ein Großteil dieser Personen gleichfalls drogenabhängig seien. Leider habe der Betroffene feststellen müssen, dass sich seine Lebensgefährtin während seines Aufenthaltes in der Fachklinik in die Drogenabhängigkeit begeben habe. Während der Betroffene dem zunächst noch habe begegnen können, hätten die persönlichen und finanziellen Probleme bald überhand genommen. Dies habe schließlich zu einem gemeinsamen Heroinkonsum geführt. Der Vorsatz, es bei diesem einmaligen Konsum zu belassen, sei aufgrund der physischen und psychischen Konstitution des Betroffenen nicht umsetzbar gewesen. Diesem gemeinsamen Konsum habe eine Fehleinschätzung des Betroffenen über sein Krankheitsbild zugrunde gelegen, die letztlich aufgrund der finanziellen Situation zu den abgeurteilten Beschaffungsdelikten geführt habe. Dem Antrag beigefügt war eine Bescheinigung der Therapieein-richtung, in welcher bestätigt wird, dass dem Betroffenen kurzfristig ein Therapieplatz zur Entwöhnungsbehandlung angeboten werden könne.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Hildesheim den in dem dortigen Verfahren ebenfalls gestellten Antrag nach § 35 BtMG mit der Begründung zurückgewiesen hatte, der Betroffene habe in seinem Antrag den Sachverhalt falsch vorgetragen, da der in Aussicht genommene Therapietermin entgegen dem Vortrag des Betroffenen bereits mangels Kontakthaltung verstrichen gewesen sei, hat auch die Staatsanwaltschaft Detmold mit Verfügung vom 28. Januar 2004 den Antrag zurückgewiesen. Zur Be-gründung ist ausgeführt:

„Die Ausführungen in Ihrem Schriftsatz haben mich nicht bewogen, meine Ansicht im Schreiben vom 15.12.03, gerichtet an die Drogenberatung e.V. in Lippe, zu ändern. Überdies zeigt der ablehnende Bescheid der Staatsanwaltschaft Hildesheim (siehe Anlage), dass Ihr Mandant mal wieder seine „Versprechungen“ in keiner Weise eingehalten hat.“

Gegen diese Entscheidung hat der Betroffene über seinen Verteidiger unter dem 12. Februar 2004 Beschwerde eingelegt. Zu den Ausführungen in dem ablehnenden Bescheid der Staatsanwaltschaft Hildesheim trägt der Betroffene vor, er habe sehr wohl Kontakt zur Drogenberatung e.V. Lippe gehalten. Den in Aussicht gestellten Therapieplatz habe er nicht wahrnehmen können aufgrund der Ablehnung durch die Staatsanwaltschaft Detmold.

Unter dem 3. März 2004 hat die Staatsanwaltschaft Hildesheim einen erneuten Antrag auf Zurückstellung der Vollstreckung in dem dortigen Verfahren zurückgewiesen, da das Amtsgericht Gifhorn mit Verfügung vom 26. Februar 2004 einer Zurückstellung nicht zugestimmt habe.

Mit Bescheid vom 16. März 2004 hat der Generalstaatsanwalt in Hamm die Einwendungen des Betroffenen mit folgender Begründung zurückgewiesen:

„Ich habe den Sachverhalt anhand der Akten und Beiakten eingehend geprüft, mich jedoch nicht veranlasst gesehen, die Staatsanwaltschaft Detmold anzuweisen, die von Ihrem Mandanten und Ihnen beantragte Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zu gewähren.

Der ablehnenden Entschließung der Staatsanwaltschaft Detmold liegt die Auffassung zugrunde, im Hinblick auf den bisher gezeigten Behandlungsverlauf und den Abbruch zweier Therapien sei eine erneute stationäre Therapie in einer Therapieeinrichtung aufgrund der Persönlichkeit Ihres Mandanten entweder von vornherein aussichtslos oder aber es seien begründete Zweifel an seiner Therapiewilligkeit zu erheben.

Zwar wird nicht verkannt, dass § 35 BtMG an die für eine Zurückstellung erforderliche Therapiewilligkeit und Therapiefähigkeit keine übermäßigen Anforderungen stellt. Grundsätzlich wird jedoch die Bereitschaft zum Antritt und Durchstehen einer Therapie zu verlangen sein; es muss kein besonderes Durchhaltevermögen unter Beweis gestellt und keine Erfolgsprognose gerechtfertigt sein. Die Zurückstellung soll nämlich nicht nur Musterpatienten, sondern auch Risikopatienten in die Therapie führen und - im Gegensatz zur Strafaussetzung zur Bewährung - gerade bei schlechter Prognose Therapiemöglichkeiten eröffnen. Hierbei ist anerkanntermaßen ein gewisses Maß an Risiko in Kauf zu nehmen.

Andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass Ihr Mandant bereits in der Vergangenheit - nach Auskunft der Drogenberatung e.V. Lippe in Detmold seit 1998 - Therapien abgebrochen oder gar nicht erst angetreten hat und im Hinblick auf seinen Abusus rückfällig geworden ist.

Das bisherige Verhalten Ihres Mandanten rechtfertigt auch nach meiner Auffassung durchaus die Einschätzung, die nunmehr von ihm angestrebte Behandlung sei aussichtslos und diene nicht der Rehabilitation bzw. die Therapie werde möglicherweise lediglich als angenehme Alternative zum Strafvollzug erstrebt.

Hinzu kommt, dass auch in den Vollstreckungsverfahren 17 Js 11485/00 VRs StA Hildesheim und 6152 Js 47848/99 VRs StA Hannover die Anträge Ihres Mandanten auf Zurückstellung der Strafvollstreckung in beiden Verfahren gemäß § 35 BtMG abgelehnt worden sind, weil die jeweils zuständigen Gerichte einer solchen Zurückstellung ausdrücklich nicht zugestimmt haben.

Im Hinblick auf die negativen Entscheidungen in jenen Verfahren besteht vorliegend ein Zurückstellungshindernis, so dass ich schon aus diesem Grunde Ihren Einwendungen nicht zu entsprechen vermag und sie als unbegründet zurückweisen muss.“

Gegen diese Entscheidung richtet sich nunmehr der am 13. April 2004 beim Oberlandesgericht Hamm eingegangene Antrag vom 8. April 2004 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG. Der Betroffene hat darüber hinaus mitgeteilt, dass mit Schriftsatz vom 8. April 2004 ebenfalls Vorschaltbeschwerde gegen die ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hildesheim bei der Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Celle erhoben worden ist (6 Zs 712/04).

Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Bei der Entscheidung, ob einem Verurteilten Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zum Zwecke einer stationären Entzugstherapie zu bewilligen ist, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG ist eine solche Ermessensentscheidung gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG rechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Staatsanwaltschaft die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder ob von dem Ermessen in einer dem Zwecke der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist und ob die Vollstreckungsbehörde den Sachverhalt in dem gebotenen Umfang unter Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (OLG Hamm NStZ 1982, 483; NStZ 1983, 287; OLG Hamm, Beschluss vom 8. April 1999 - 1 VAs 8/99 -). Vorliegend ist die Ablehnung der Zurückstellung durch die Voll-streckungsbehörden ermessensfehlerhaft. Die angeführten Gründe rechtfertigen die getroffene Entscheidung nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrem Bescheid ausgeführt, es dürfe nicht verkannt werden, dass der Betroffene bereits in der Vergangenheit zwei Therapien abgebrochen oder gar nicht erst angetreten habe und im Hinblick auf seinen Abusus rückfällig geworden sei. Insoweit ist anzumerken, dass nach Auskunft der Drogenberatung der Betroffene lediglich im Jahre 1998 eine Therapie abgebrochen hat. Nach Angaben des Betroffenen scheiterte diese erste Maßnahme aufgrund seiner fehlenden Vorstellung über Therapie, aber auch seiner damaligen geringen Motivation. Wegen eines Rückfalls musste er nach ca. vier Wochen disziplinarisch entlassen werden. In der Folgezeit setzte er sich ernsthaft mit seiner Drogenabhängigkeit auseinander. Die sodann im Mai 2001 in der Fachklinik „Hohenrodt“ durchgeführte Therapie schloss er regulär und erfolgreich nach sechs Monaten ab. Anschließend kam es sodann zu einem Rückfall und erneutem Drogenkonsum des Antragstellers. Dieser Sachverhalt rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, weitere Therapieversuche versprächen keinen hinreichenden Erfolg. Das Therapieversagen in der Vergangenheit und auch eine erneute Straffälligkeit schließen eine erneute Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG nicht aus. Vielmehr kann die Zurückstellung der Strafvollstreckung gerade auch dann in Betracht kommen, wenn dem Verurteilten aufgrund von gescheiterten Therapien keine uneingeschränkt günstige Prognose gestellt werden kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass es ein wesentlicher Grundgedanke des heutigen Betäubungsmittelrechts ist, drogenabhängige Straftäter nach Möglichkeit durch Therapie zu resozialisieren. Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass in der Regel auch mehrere Therapieversuche erforderlich sind, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Deshalb kann die wiederholte Zurückstellung gemäß § 35 BtMG auch dann erneut gewährt werden, wenn der Täter sich therapiewillig zeigt und die übrigen dafür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. April 2001
- 1 VAs 10/01 -). Der Weg aus der Sucht verläuft niemals geradlinig nach einem festen Therapieplan, sondern ist ein langes prozesshaftes Geschehen, in dem es darum geht, Rückfälle therapeutisch zu verarbeiten, drogenfreie Intervalle zu vergrößern und Erfolge in kleinen Schritten anzustreben (vgl. Körner, NStZ 1998, 227, 232). Von wesentlicher Bedeutung ist, ob der Antragsteller derzeit erneut therapiewillig ist. Dies kann aber nicht allein im Hinblick auf einen Rückfall nach zunächst erfolgreicher Therapie und einem Therapieabbruch verneint werden. Zwar lässt die von dem Betroffenen angestrengte Drogenentwöhnungstherapie keinen sicheren Erfolg erwarten, sie bietet aber eine vernünftige Chance, den Antragsteller von seiner Abhängigkeit zu befreien. Darüber hinaus ist auch die Aufnahmebereitschaft des Therapieträgers bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Diese deutet daraufhin, dass jedenfalls auch die Therapieeinrichtung von einer entsprechenden Motivation des Verurteilten ausgeht.

Darüber hinaus kann die Zurückstellung der Strafvollstreckung in vorliegender Sache derzeit auch nicht gemäß § 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG analog abgelehnt werden, da bei mehreren zur Vollstreckung anstehenden Freiheitsstrafen bereits die Möglichkeit, dass sämtliche Freiheitsstrafen einer Zurückstellung zugänglich sind, eine Maßnahme nach § 35 BtMG zulässt. Die Ablehnung einer Zurückstellung kann nur dann mit dem Vorliegen einer weiteren Verurteilung begründet werden, wenn endgültig feststeht, dass diese mangels dort gegebener Zurückstellungsmöglichkeit zu vollstrecken ist (vgl. Senatsbeschluss vom 2. März 2000 - 1 VAs 7/2000 -; Körner, BtMG, 5. Aufl., § 35 Rdnr. 142). Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Die Strafe aus dem Verfahren 6152 Js 47848/99 VRS StA Hannover hat der Betroffene vollständig verbüßt. In dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Hildesheim hat der Antragsteller gegen die ablehnende Entscheidung Vorschaltbeschwerde eingelegt. Sollte diese zurückgewiesen werden, so bleibt ihm noch der Antrag gemäß §§ 23 ff. EGGVG. Somit steht noch nicht endgültig fest, ob der Betroffene die Strafe aus diesem Verfahren verbüßen muss.

Nach alledem waren die Bescheide der Staatsanwaltschaft Detmold und des Generalstaatsanwalts in Hamm aufzuheben. Der Senat war gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden, da derzeit der Therapiebeginn nicht gewährleistet ist. Hierfür ist nämlich erforderlich, dass ein Therapieplatz in einer bestimmten Einrichtung zu einem bestimmten Termin festliegt (Körner, a.a.O., § 35 Rdnr. 138). Derzeit liegt nur die Mitteilung vor, dass die Therapieeinrichtung bereit ist, den Betroffenen kurzfristig aufzunehmen. Ein konkreter Termin steht nicht fest. Darüber hinaus kann vom Senat nicht beurteilt werden, ob der Antragsteller noch über eine gültige Kostenzusage verfügt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


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