Aktenzeichen: 3 Ss OWi 351/04 OLG Hamm
Leitsatz: Entspricht das angefochtene Urteil nicht den
Mindestanforderungen an die Darstellung des Sachverhalts, erstreckt sich die
Aufhebung aus sachlich-rechtlichen Gründen auch auf den Nichtrevidenten.
Senat: 1
Gegenstand: Revision
Stichworte: Urteilsanforderungen; Feststellungen;
Aufhebung; sachlich-rechtlicher Fehler; Erstreckung
Normen: StPO 354
Beschluss:
Strafsache
gegen 1. K.G. und 2. M.K.
wegen gefährlicher
Körperverletzung.
Auf die (Sprung-) Revision des Angeklagten Kai G.
gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Unna vom 14.
Juli 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 03. 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am
Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der
Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird bezüglich beider Angeklagten
mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten G., an
ein anderes Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Unna
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht -
Jugendschöffengericht - Unna hat mit dem angefochtenen Urteil die
Angeklagten G. und K. der gemeinschaftlichen gefährlichen
Körperverletzung schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten G. hat es eine
Freiheitsstrafe von sechs Monaten und gegen den Angeklagten K. eine
Jugendstrafe von sechs Monaten - jeweils mit Strafaussetzung zur Bewährung
- verhängt. Die Urteilsgründe -(bezüglich K.
abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)" - lauten wie folgt:
Am
11.10.2002 befand sich der Geschädigte P.A. mit weiteren Jugendlichen auf
dem Schulhof der Jahnstraße in Bergkamen-Oberaden. Ohne jeden
rechtfertigenden Grund und aus nichtigem Anlass schlug zunächst der
Angeklagte K. mit den Fäusten auf den Geschädigten ein, wobei er ihn
am Kopf traf. Der Geschädigte versuchte, sich zur Wehr zu setzen, wobei
sowohl er als auch der Angeklagte K. zu Boden gingen. Daraufhin kam der
Angeklagte G. hinzu und schlug und trat nunmehr gemeinsam
mit K. auf den
Geschädigten ein, wobei sich insbesondere G., der Springerstiefel trug,
hervortat. Der Geschädigte erlitt durch die Misshandlung eine
Schädelprellung und musste im Krankenhaus behandelt werden.
Nach dem
Sachverhalt haben sich die Angeklagten wie im Tenor angegeben schuldig gemacht.
Der Angeklagte K. war zur Tatzeit Jugendlicher. Hinsichtlich seiner
Verantwortungsreife bestehen jedoch keine Bedenken.
Die Tat des Angeklagten
K., der bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, ist
Ausdruck schädlicher Neigungen, denen nur durch die Verhängung von
Jugendstrafe begegnet werden kann. Das Gericht hielt jedoch die Mindeststrafe
von 6 Monaten für ausreichend, deren Vollstreckung gemäß §
21 JGG zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.
Bei dem Angeklagten G.
war von einer Mindeststrafe von 6 Monaten auszugehen, die das Gericht aber auch
für ausreichend gehalten hat. Es wurde daher auf diese Mindeststrafe
erkannt, die gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt
werden konnte."
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht
eingelegte (Sprung-)Revision des Angeklagten G., mit der er mit näheren
Ausführungen die Verletzung des materiellen Rechts rügt.
Der
Angeklagte K. hat das Urteil des Jugendschöffengerichts nicht angefochten.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 2. Dezember 2003
beantragt, das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen
aufzuheben und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
Die
Sprungrevision hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.
Sie führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Dieses entspricht nicht den Mindestanforderungen, die gem. § 267 StPO in
objektiver und subjektiver Hinsicht an die tatrichterliche Darlegungspflicht zu
stellen sind. So fehlen Angaben zur (sukzessiven) Mittäterschaft des
Angeklagten und des anderweitig Verurteilten. Es ist nicht ersichtlich, wann
und in welcher Form ein gemeinsamer Tatplan getroffen worden sein soll. Auch
ist nicht festgestellt, in welcher Form die Angeklagten auf das Opfer
eingetreten haben sollen, insbesondere auf welche Körperregion. Der
Hinweis auf nicht näher spezifizierte Schädelprellungen reicht nicht.
Angaben zur Beweiswürdigung enthält das Urteil nicht.
Dies
gilt im Wesentlichen auch für den Rechtsfolgenausspruch. Insoweit wird
lediglich festgehalten, dass bei dem Angeklagten von einer Mindeststrafe von
sechs Monaten auszugehen sei. Gründe für die Anwendung des
Erwachsenenstrafrechts bei dem zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten fehlen.
Auch im Übrigen wird der Strafausspruch nicht begründet.
Wegen
dieser Mängel ist dem Revisionsgericht eine Überprüfung des
angefochtenen Urteils nicht möglich. Das Urteil ist deshalb mit den bisher
getroffenen Feststellungen aufzuheben."
Dem tritt der Senat bei. Das
angefochtene Urteil war daher mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache
zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Nach §
357 StPO erstreckt sich die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung
der Sache auch auf den Angeklagten K., der kein Rechtsmittel eingelegt hat.
Denn der Rechtsfehler der unzureichenden Feststellungen bezüglich der von
beiden Angeklagten gemeinschaftlich begangenen gefährlichen
Körperverletzung entzieht auch der dahingehenden Verurteilung des
Angeklagten K. die Grundlage.
Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils insgesamt, d.h. auch hinsichtlich des Angeklagten
Wolfgang K.
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