Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. A 17/04 (171/04) OLG Hamm
Leitsatz: Zur Bestellung eines Pflichtbeistandes im Auslieferungsverfahren
Senat: 2
Gegenstand: Auslieferungsverfahren
Stichworte: Ausliefrung; Verkündung des Auslieferungshaftbefehls; Pflichtbeistand; schwierige Sachlage
Normen: IRG 40, StPO 140
Beschluss:
Auslieferungssache
betreffend den ukrainischen Staatsangehörigen S.M.
wegen Auslieferung aus Deutschland in die Ukraine zur Strafverfolgung wegen Körperverletzung mit Todesfolge, (hier: Bestellung eines Pflichtbeistandes).
Nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft wird der Antrag des Verfolgten vom 9. Juni 2004, ihm einen Pflichtbeistand zu bestellen, abgelehnt.
Gründe:
Der Verfolgte befindet sich derzeit für das Verfahren 9 Js 112/04 StA Bochum wegen Diebstahls in acht Fällen, davon in sechs Fällen gewerbsmäßig handelnd, in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung ist insoweit für den 12. Juli 2004 vorgesehen.
Durch Senatsbeschluss vom 6. Mai 2004 hat der Senat die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet, die seitdem als Überhaft notiert ist. Der vorläufige Auslieferungshaftbefehl ist gestützt auf den Haftbefehl des Bezirksgerichts Kirovograd vom 4. Dezember 2003, mit dem dem Verfolgten eine am 16. Februar 2001 begangene Körperverletzung mit Todesfolge zur Last gelegt wird.
Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2004 hat sich Rechtsanwalt Egbert Schenkel d.J. aus Bochum ohne Vorlage einer Vollmacht beim Amtsgericht Bochum, bei dem die Akten zum damaligen Zeitpunkt wegen der Verkündung des genannten Senatsbeschlusses vorlagen, gemeldet und beantragt, dem Angeschuldigten gemäß § 140 StPO als Verteidiger bestellt zu werden. Das Amtsgericht Bochum hat daraufhin ohne die Durchführung des Verkündungstermins die Akten mit Verfügung vom 28. Juni 2004 zur Bescheidung des genannten Antrags vorgelegt.
Der Antrag auf Bestellung eines Pflichtbeistandes war zurückzuweisen. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft liegen die Voraussetzungen des hier allein in Betracht kommenden § 40 Abs. 2 Nr. 1 und 2 IRG - zu- mindest derzeit - nicht vor. Deshalb kann es hier dahingestellt bleiben, ob bereits die Formulierung des § 40 IRG nahe legt, die Bestellung eines Pflichtbeistandes auf Ausnahmefälle zu beschränken (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2004 in (2) 4 Ausl. A 29/03 (37/04) sowie vom 9. Dezember 1999 in (2) 4 Ausl. 504/99 (100/99); OLG Düsseldorf StV 1983, 453). Selbst wenn man den strengen Maßstab der genannten Rechtsprechung nicht anlegt, kommt derzeit die Bestellung eines Pflichtbeistandes für die Verkündung der Anordnung der vorläufigen Auslieferungs-
haft, also der Vernehmung des Verfolgten, nicht in Betracht. Dies gebietet weder die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage noch eine etwaige Unfähigkeit des Verfolgten, seine Rechte selbst hinreichend wahrzunehmen. Für eine derartige Annahme gibt es auch keinen Anlass.
Wie der Senat in den bereits genannten Beschlüssen im Einzelnen dargelegt hat, ist die Belehrung des Verfolgten zunächst Ausdruck gerichtlicher Verfahrensfürsorge und will ihn über den Stand des Auslieferungsverfahrens unterrichten. Sollte er der deutschen Sprache nicht mächtig sein, wird in diesem Verkündungstermin vor dem Amtsgericht auch ein vereidigter Dolmetscher anwesend sein.
Schließlich stellt der einschlägige § 40 Abs. 2 IRG im Gegensatz zu § 140 Abs. 2 StPO gerade nicht auf die Schwere der Tat ab, wegen derer die Auslieferung begehrt wird, so dass auch die erhebliche Strafdrohung nicht zu einer Pflichtbeistandsbestellung führen kann.
Da der Beiordnungsantrag des Wahlbeistandes darüber hinaus keinerlei Angaben zu den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 IRG enthält, war der Antrag abzulehnen.
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