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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss 280/04 OLG Hamm

Leitsatz: Die Absicht, dass ein Dieb die Beute gewinnbringend veräußern will, rechtfertigt noch nicht die Annahme von „Gewerbsmäßigkeit.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Diebstahl, besonders schwerer Fall, Gewerbsmäßigkeit; Veräußerungsabsicht; Wiederholungsabsicht

Normen: StGB 242, StGB 243

Beschluss: Strafsache
gegen T.A,
wegen Diebstahls

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 21.04.2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29. 07. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung bzw. auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herford zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision mit der Maßgabe als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, dass der Angeklagte des versuchten Diebstahls schuldig ist.

Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Herford vom 21.04.2004 wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte in der Vergangenheit u.a. dreimal wegen Diebstahls strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Zuletzt wurde er durch Urteil des Amtsgerichts Minden vom 14.04.2003 wegen eines am 13.09.2002 begangenen Diebstahls von vier Packungen Rasierklingen im Gesamtwert von 41,96 € zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Nach den Feststellungen, die das Amtsgericht zur Sache getroffen hat, entnahm der Angeklagte am 19.12.2003 gegen 14.45 Uhr in den Geschäftsräumen der Firma „Extra-Markt“ in Bünde, Schwartemeier Str. 23,aus einer Auslage im Kassenbereich insgesamt 81 Packungen Rasierklingen sowie aus einem Regal in der Kosmetikabteilung insgesamt 15 Packungen Oral-B-Zahnbürstenköpfe und versteckte diese in der Haushaltswarenabteilung hinter dort aufgestellten Papierhaushaltsrollen, indem er einige zunächst beiseiteschob, die entnommenen Waren dort ablegte und anschließend die Papierrollen so vor die Waren schob, dass sie nicht mehr sichtbar waren. Wegen der Menge der Waren erfolgte deren Transport, für den der Angeklagte einen Einkaufskorb mit seitlich aufgestellten Haushaltsrollen benutzte, in mehreren Teilakten. Kurze Zeit später entnahmen die gesondert Verfolgten A.M. und der A:K. die versteckten Waren an sich. Als sie die Kasse passiert hatten, ohne Waren vorgelegt zu haben, wurden sie von dem Zeugen H., dem damaligen Detektiv des „Extra-Marktes“, der sowohl sie als auch zuvor den Angeklagten beobachtet hatte, angehalten und in das Geschäftsbüro verbracht. Die gesamte von dem Angeklagten zuvor versteckte Ware, deren Verkaufswert insgesamt 745,23 € betrug, hatten M. und K. unter ihrer Kleidung verborgen. Der Angeklagte, der sich bis zu diesem Zeitpunkt in dem Geschäft aufgehalten und offenbar die Mitnahme der gesondert Verfolgten M. und K.bemerkt hatte, wurde ebenfalls von dem Zeugen H. angesprochen und von der zwischenzeitlich eingetroffenen Polizei festgenommen.

Das Amtsgericht hat als wahr unterstellt, dass der Angeklagte und die gesondert Verfolgten M. und K.sich zuvor nicht gekannt und diese die Rasierklingen und Zahnbürstenköpfe ohne vorherige Absprache mit dem Angeklagten an sich genommen haben.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten eines versuchten Diebstahls gemäß den §§ 242, 22, 23 StGB für schuldig befunden. Die Amtsrichterin ist außerdem davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei dieser Tat gewerbsmäßig gehandelt hat und hat zur Begründung ausgeführt:

„Hinsichtlich des dem Angeklagten nach alledem zur Last zu legenden versuchten Diebstahls sind ferner die Voraussetzungen eines besonders schweren Falles i.S.d. § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB anzunehmen. Der Angeklagte ist wegen Diebstahls u.a. auch von Rasierklingen vorbestraft. Er wollte sich die insgesamt 81 Packungen Rasierklingen und 15 Packungen Zahnbürstenköpfe zueignen. Aus der Art und der Menge der Waren, die er an sich nehmen wollte, kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Angeklagte diese Ware verkaufen wollte. Eine anderweitige Verwendung ist nicht erkennbar. Damit wollte sich der Angeklagte eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschaffen. Ihm ist demgemäß ein gewerbsmäßiges Handeln vorzuwerfen.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der unter näheren Ausführungen eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

II.
Die Revision ist zulässig und hat in der Sache teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg.

1. Soweit das Amtsgericht den Angeklagten des versuchten Diebstahls für schuldig befunden hat, hat das Urteil auf die vorgenommene Sachprüfung hin Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht erkennen lassen. Insoweit folgt der Senat den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 12.07.2004. Entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war daher die Revision hinsichtlich des Schuldausspruches als unbegründet zu verwerfen, allerdings mit der Maßgabe, dass der Angeklagte des versuchten Diebstahls schuldig ist. Die Abänderung des Tenors des angefochtenen Urteils - das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall schuldig gesprochen - war hier deshalb geboten, weil die Kennzeichnung der Handlung des Angeklagten als besonders schwerer Fall nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat i.S.v. § 260 Abs. 4 S. 1 StPO gehört (vgl. BGH NJW 1978, 779; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 260 Randziffer 25 m.w.N.).

2. Die Bewertung des Amtsgerichts, der Angeklagte habe bei dem versuchten Diebstahl gewerbsmäßig gehandelt und deshalb die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht, hält zudem einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils war daher aufzuheben.

Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte. Die Wiederholungsabsicht muss sich hierbei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., vor § 52 Randziffer 37 m.w.N.).

Eine solche Absicht des Angeklagten bei der Begehung des ihm vorgeworfenen versuchten Diebstahls hat das Amtsgericht aber nicht festgestellt. Die Tatrichterin ist zwar aufgrund der Art und der Menge der Waren, die der Angeklagte hatte entnehmen wollen, zu der Überzeugung gelangt, dass dieser die Zahnbürstenköpfe und Rasierklingen habe verkaufen und sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle habe verschaffen wollen. Wie die Revision zu Recht rügt, rechtfertigt der Umstand, dass ein Dieb das Diebesgut gewinnbringend veräußern will, aber noch nicht die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns. Denn die besondere Kennzeichnung einer gewerbsmäßigen Straftat besteht nicht darin, dass der Täter durch die Verwertung des durch die Straftat erlangten Gegenstandes eine Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse anstrebt, sondern dass der Täter die Absicht hat, sich die erstrebte Einnahmequelle durch die wiederholte Begehung von Straftaten zu verschaffen (vgl. BGH NJW 1996, 1069, 1070; im Ergebnis ebenso OLG Köln NStZ 1991, 585). Eine solche Wiederholungsabsicht des Angeklagten bei der Begehung des ihm vorgeworfenen Diebstahlsversuchs lässt sich aus den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils nicht entnehmen. Die Verurteilung des Angeklagten wegen eines am 13.09.2002 begangenen Diebstahls von Rasierklingen im Wert von 41,96 € durch Urteil des Amtsgerichts Minden vom 14.04.2003 lässt den Rückschluss auf ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten hinsichtlich der ihm im vorliegenden Verfahren zur Last gelegten Tat schon deshalb nicht zu, da zwischen beiden Taten ein Zeitraum von mehr als einem Jahr liegt. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Taten, der ein Indiz für die für ein gewerbsmäßiges Handeln erforderliche Wiederholungsabsicht bereits bei der Begehung der ersten Diebstahlstat darstellen könnte, ist unter diesen Umständen nicht gegeben. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte durch die Tat vom 13.09.2002 allenfalls eine geringfügige Nebeneinnahme verschafft. Ein gewerbsmäßiges Handeln setzt dagegen voraus, dass eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang angestrebt wird.

Schließlich halten auch die Strafzumessungserwägungen einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 StPO sind bei der Strafzumessung auch die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, zu berücksichtigen. Zu den Auswirkungen der Bestrafung gehört auch der drohende Widerruf einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 46 Randziffer 8). Das Amtsgericht hätte daher im Rahmen der Strafzumessung sich auch damit befassen müssen, dass der Angeklagte aufgrund der abgeurteilten Tat mit einem Widerruf der durch Urteil des Amtsgerichts Minden vom 14.04.2003 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung rechnen musste. Darüber hinaus lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen, dass die Tatrichterin im Rahmen der Strafzumessungserwägungen zugunsten des An-
geklagten berücksichtigt hat, dass durch seine Tat letztlich kein Schaden entstanden ist.


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