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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss OWi 449/04 OLG Hamm

Leitsatz: Bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG ist es derzeit ausreichend, wenn in den tatsächlichen Feststellungen mitgeteilt wird, dass eine „Atemalkoholmessung“ durchgeführt worden ist und der festgestellte Atemalkoholwert aufgeführt wird.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Atemalkoholmessung; Feststellungen;

Normen: StVG 24 a; StPO 267

Beschluss: Bußgeldsache
gegen G.R.
wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 19. Mai 2004 gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10. November 2003 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 09. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. §§ 79 Abs. 3, 6 OWiG, 349 StPO beschlossen:

Die Sache wird gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10. November 2003 wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Witten zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen
§ 24 a Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße von 250 € verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die formelle und die materielle Rüge erhebt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg. Dahinstehen kann, ob das angefochtene Urteil auch wegen der geltend gemachten formellen Mängel aufzuheben war. Jedenfalls führt die Sachrüge zum (vorläufigen) Erfolg.

1.
Die tatrichterlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24 a StVG nicht. Sie sind lückenhaft (§ 267 StPO).

a) Der an sich seit dem 1. September 2004 aufgrund der Änderungen des § 80 a OWiG durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 allein zur Entscheidung berufene Einzelrichter hat die Sache gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen. Zu entscheiden ist nämlich über die Frage, ob die vom Tatrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen bei einer Verurteilung nach § 24 a StVG auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu grundlegend den Beschluss des Senats vom 13. September 2004 in 2 Ss OWi 470/04; zur bisherigen Rechtsprechung des Senats siehe grundlegend Senat in VA 2001, 112 = VRS 101, 53 = DAR 2001, 416 = zfs 2001, 428 = BA 2001, 373) ausreichend sind.

Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Alleinentscheidung des mitentscheidenden Einzelrichters.

b) Der Tatrichter hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 28.03.2003 befand sich der Betroffene auf einer Feier und sprach dort dem Alkohol zu. Anschließend fuhr er mit seinem Pkw Audi, amtliches Kennzeichen XXXXXXXX von Witten über die Wittener Straße zur Bundesautobahn A 43, um nach Hause zu fahren. Bei einer Verkehrskontrolle wurde der Betroffene von Polizeibeamten angehalten und überprüft. Dabei wurde in seiner Atemluft Alkoholgeruch festgestellt, so dass eine Atemalkoholmessung durchgeführt wurde. Diese ergab bei dem Betroffenen zum Zeitpunkt der Fahrt eine Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l.“

aa) Diese Feststellungen sind hinsichtlich des objektiven Tatbestandes eines Verstoßes gegen § 24 a StVG ausreichend. Der Tatrichter teilt mit, dass eine Atemalkoholmessung durchgeführt und welcher Atemalkoholwert dabei gemessen worden ist. Das ist - nunmehr - ausreichend.

Der Senat hat allerdings in der Vergangenheit im Fall einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG weitere tatsächliche Feststellungen für erforderlich gehalten (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Senats VA 2001, 112 = VRS 101, 53 = DAR 2001, 416 = zfs 2001, 428 = BA 2001, 373; Senat in NJW 2002, 2485 = NZV 2002, 414 = VRS 103, 204 = BA 2002, 489 = StraFo 2002, 400; Senat in VRS 104, 310= NZV 2003, 538; offen gelassen von OLG Düsseldorf NZV 2002, 523 sowie KG NZV 2001, 388;). Diese Auffassung des Senats ist von der überwiegenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung abgelehnt worden (vgl. u.a. OLG Hamm (3. Senat für Bußgeldsachen) VRS 102, 115/117 und BA 2004, 268; Beschl. des hiesigen 4. Senats für Bußgeldsachen vom 29. April 2004 4 Ss OWi 256/04; BayObLG NZV 2000, 295; NZV 2001, 524; NJW 2003, 1752; OLG Düsseldorf NZV 2002, 523; OLG Hamburg NZV 2004, 269, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Der Senat hat nunmehr jedoch im Beschluss vom 13. September 2004 (2 Ss OWi 462/04 OLG Hamm) seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben und es als grundsätzlich ausreichend angesehen, wenn bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG mitgeteilt wird, dass die Atemalkoholmessung mit dem so genannten Dräger-Alco-Messgerät durchgeführt worden ist und außerdem der gemessene Wert angegeben wird. Dem wird das angefochtene Urteil hier allerdings nur teilweise gerecht, da es lediglich mitteilt, dass „eine Atemalkoholmessung durchgeführt wurde“. Mit welchem Gerät die Messung durchgeführt worden ist, wird nicht mitgeteilt. Dies führt jedoch - auch nach der nunmehr vom Senat vertretenen Rechtsauffassung - nicht zu einem durchgreifenden Rechtsfehler. Die Angabe
„Atemalkoholmessung“ ist (noch) ausreichend. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 3. April 2001 darauf hingewiesen, dass das Dräger-Alco-Messgerät das einzige zur Messung der Atemalkoholkonzentration verwendete Messgerät ist (vgl. BGH NZV 2001, 267, 270). Andere Geräte sind seitdem - soweit ersichtlich - nicht auf den Markt gekommen. Demgemäss ist es auch ausreichend, wenn bei einer Verurteilung nur mitgeteilt wird, dass eine „Atemalkoholmessung“ durchgeführt worden ist und der festgestellte Atemalkoholwert mitgeteilt wird (vgl. Beschluss des Senats in 2 Ss OWi 462/04). Das ist vorliegend geschehen.

bb) Die getroffenen Feststellungen sind hingegen nicht ausreichend, um die vom Amtsgericht angenommene Schuldform der „Fahrlässigkeit“ zu tragen. Dazu führt der Tatrichter in Zusammenhang mit der Fahrverbotsentscheidung lediglich aus, dass der Betroffene von Anfang an gewusst habe, „dass er im Anschluss an die Feier mit seinem Fahrzeug von Witten nach Mülheim Ruhr zurückkehren werde. In Kenntnis dessen, dass er noch eine Fahrt vor sich hatte, trank er Alkohol. Dieses ist in besonderer Weise leichtsinnig.“ Diese Ausführungen sind - soweit sie überhaupt tatsächliche Feststellungen enthalten - nicht ausreichend. Zwar beruhen die Feststellungen auf dem „Geständnis des Betroffenen“, dies allein reicht jedoch angesichts des festgestellten Atemalkoholwertes von 0,26 mg/l, womit der Grenzwert von 02,5 mg/l gerade überschritten ist, nicht aus. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Betroffene geltend macht, dass er einen Koffer mit Übernachtungsutensilien bei sich geführt habe. Daraus kann möglicherweise geschlossen werden, dass der Betroffene davon ausgegangen ist, noch fahrtüchtig gewesen zu sein. Insoweit dürfte es sich daher empfehlen, die näheren Umstände der Alkoholaufnahme aufzuklären.

III.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin: Die Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung hat derzeit Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen lassen.

Das Amtsgericht hat die für den Fall eine Zuwiderhandlung gegen § 24 a Abs. 1 Alternative 1 StVG von der BußgeldkatalogVO vorgesehene Regelbuße festgesetzt. Das ist im Hinblick auf die mitgeteilten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, die noch ausreichend dargetan sind, nicht zu beanstanden.

Auch die Festsetzung des Regelfahrverbotes von einem Monat begegnet derzeit keinen Bedenken. Der Betroffene ist wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG zur Verantwortung gezogen worden. Damit kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Absehen vom Fahrverbot nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in Betracht (vgl. dazu grundlegend VRS 98, 381 = BA 2000, 513 = NZV 2001, 486). Diese sind vorliegend nicht ersichtlich. Das Amtsgericht wird sich allerdings - falls es den Betroffenen erneut verurteilt - mit der Frage auseinander zu setzen zu haben, ob und welche Auswirkungen der dann lange Zeitablauf zwischen der Tat am 28. März 2003 und dem Urteil auf die Verhängung des Fahrverbotes hat (vgl. dazu zuletzt Senat in StV 2004, 489).


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