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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ss OWi 457/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen, wenn dem Betroffene die vorsätzliche Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis erloschen war, vorgeworfen wird.

Senat: 4

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte:

Normen:

Beschluss: Bußgeldsache
gegen K.E.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Rheine vom 22. März 2004 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 08. 2004 durch die Richterin am Landgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Rheine zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Rheine wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen §§ 29 Abs. 1, 49 StVO, 18 Abs. 1, 19 Abs. 2, 69 a StVZO, 24 StVG, 19 OWiG zu einer Geldbuße von 450,- € und wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 28 Abs. 1, 69 a StVZO, 24 StVG, 20 OWiG zu einer Geldbuße von 10,- € verurteilt worden.

Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 14. März 2003 befuhr der Betroffene gegen 23.40 Uhr in Rheine mit dem Pkw Opel Kadett - E - Caravan, Fahrzeugidentitätsnummer XXXXXXXXXXXXXX, mit dem roten Kennzeichen XXXXXXX die Hansaallee in Fahrtrichtung Lingener Damm. Hierbei lieferte er sich vor einer Zuschauerkulisse mit den Beteiligten Zeugen C. und W. einen Beschleunigungsvergleich, indem er und der Zeuge C. nebeneinander und die Zeugin W. hinter dem Betroffenen bei Wechsel der Lichtzeichenanlage Hansaallee/Paulstraße von rot auf grün übermäßig stark beschleunigten und sich mit ihren Fahrzeugen bis zu der 150 m weiter liegenden Kreuzung Hansaallee/Konrad-Adenauer-Ring nebeneinander herschoben. Es kam dabei zu einem Aufheulen der Motoren und Reifenquietschen. Das für rote Kennzeichen vorgeschriebene besondere Fahrzeugscheinheft führte der Betroffene nicht bei sich. Das Fahrzeug des Betroffenen wies folgende durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen abzunehmende Fahrzeugveränderungen auf, ohne dass eine solche Abnahme vorlag: Anstelle der Serienbereifung war das Fahrzeug mit einem Sonderrad der Felgengröße 8 J x 14 H2 (Typ: 801425) und Reifen der Marke Toyo, Typ Proxes T1-S-82V, Größe 225/40 R14 versehen. Ferner waren ein Luftfilter-Kit der Firma K&N, Typ RX - 00002 (Teilegutachten: Nr. 351-0033-98-FBFE) und ein Fächerkrümmer des Herstellers Lexmaul (Teilegutachten Nr. 55291896) angebaut. Die hintere Beleuchtungseinheit war durch eine schwarz eingefärbte des Herstellers Hella ohne eigene reflektierende Wirkung ausgetauscht worden; an zusätzlich anzubringenden Reflektoren fehlte es. Die serienmäßige Scheibenwischereinheit war gegen einen Einarmwischer (Teilegutachten: ) ausgetauscht. Am Endschalldämpfer des Pkw war ein Auspuffendrohr des Herstellers Exhaust - Tailpipe (KBA 90605, Typ: 1260) angebracht, welches um mindestens 2 cm über die Heckstoßstange hinausragte.“

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene sich mit seiner Rechtsbeschwerde gewandt, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die getroffenen Feststellungen tragen zwar eine Verurteilung wegen der vorsätzlichen Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen gemäß §§ 29 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG, nicht hingegen eine Verurteilung wegen einer tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis erloschen war, §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2, 69 a StVZO, 24 StVG.
Zwar sind an die Urteilsgründe in Bußgeldsachen keine hohen Anforderungen zu stellen, sie müssen aber so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht ihnen zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hinsichtlich aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter getroffen hat (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 71 Rz 42). Unerlässlich ist die Angabe der für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit gesehen werden, und zwar hinsichtlich des Sachverhalts einschließlich der Schuldform (vgl. OLG Hamm, VRS 59, 271). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht vollumfänglich gerecht. Die Feststellungen zu einer vorsätzlichen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis erloschen war, sind insoweit lückenhaft, als ihnen nicht zu entnehmen ist, welchen oder welche der Erlöschungsgründe der Betriebserlaubnis gemäß § 19 Abs. 2 StVZO das Amtsgericht vorliegend für gegeben hält.
Gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 StVZO erlischt die Betriebserlaubnis eines Fahrzeugs, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird (Nr. 1) oder durch die eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist (Nr. 2) oder durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird (Nr. 3). Das angefochtene Urteil enthält - wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat - Ausführungen zu den vorgenommenen Veränderungen an dem Kraftfahrzeug, nicht hingegen, welcher Erlöschungsgrund damit erfüllt ist. Auch im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat das Amtsgericht nur auf die festgestellten Fahrzeugveränderungen als maßgebendes Kriterium für das Erlöschen der Betriebserlaubnis abgestellt. Ferner hat es bei der Begründung der Schuldform ausgeführt, dem Betroffenen sei als Mitarbeiter eines Autohauses bekannt, dass die Betriebserlaubnis eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs bei Fahrzeugveränderungen, durch die entweder eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten sei oder das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert werde, erlösche. Allein anhand der Urteilsgründe lässt sich nicht nachvollziehen, dass die festgestellten Änderungen an dem Fahrzeug des Betroffenen zu einer Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens oder einer Gefährdung von Verkehrsteilnehmern geführt haben. Feststellungen dazu, dass eine der vorgenannten Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 StVZO erfüllt sind, enthält das Urteil nicht. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass die Betriebserlaubnis eines zugelassenen Fahrzeugs bereits dann erlischt, wenn Veränderungen an Teilen des Fahrzeugs erfolgt sind.

Auch die Feststellungen des Amtsgerichts zu einem fahrlässigen Verstoß gegen § 28 StVZO - Nichtmitführen des Fahrzeugscheinheftes - tragen den Schuldspruch nicht. So ist den Feststellungen nicht eindeutig zu entnehmen, ob das Amtsgericht die Einlassung des Betroffenen, es habe sich um eine Überführungsfahrt gehandelt, vollkommen als widerlegt angesehen hat, d.h., dass er schon bei Fahrtantritt nie vorgehabt hat, das Fahrzeug zu überführen. Hätte der Betroffene jedoch das Fahrzeug, dessen Betriebserlaubnis erloschen war, für eine andere als eine Überführungsfahrt benutzt, so läge kein Verstoß gegen § 28 StVZO, sondern lediglich gegen § 18 StVZO - hier in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 29 StVO - vor (vgl. BayObLG NZV 1995, 458; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 28 StVZO Randziffer 17).
Eine Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 28, 69 a StVZO läge hingegen dann vor, wenn der Betroffene zunächst eine Überführungsfahrt geplant hatte und anlässlich dieser Überführungsfahrt sodann an dem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen teilgenommen hätte.

Aufgrund der aufgezeigten Mängel war das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und an das Amtsgericht Rheine zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückzuverweisen.


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