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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 521/04 OLG Hamm

Leitsatz: Die Rechtsbeschwerde ist nicht schon dann zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen worden ist, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Rechtsbeschwerde; Zulassung; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Fehlentscheidung; offensichtlicher Fehler

Normen: OWiG 80

Beschluss: Bußgeldsache
gegen R.S.
wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß
§§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 15. April 2004 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 08. 2004 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a OWiG beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Schwelm hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen fahrlässiger Missachtung des Rotlichts gemäß §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 132.2 BKat, § 4 Abs. 4 BKatV mit einer Geldbuße in Höhe von 125,- Euro belegt. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat es abgesehen.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 05. Dezember 2003 um 18:09 Uhr mit seinem Taxi Pkw Daimler Chrysler, amtliches Kennzeichen: XXXXXXXXX die Bahnhofstraße in Schwelm. Hierbei missachtete er das Rotlicht der Lichtzeichenanlage Bahnhofstraße/Herzogstraße, als dieses bereits länger als eine Sekunde rot zeigte. Der Betroffene hatte hierbei zunächst hinter einem blauen Van an der Rotlicht zeigenden Ampel gestanden. Nachdem beide Fahrzeuge so bereits eine Weile gestanden hatten, fuhr der Van trotz weiterhin Rotlicht zeigender Ampel an und passierte diese. Der Betroffene fuhr ebenfalls an und passierte die Ampel ebenfalls noch bei Rot zeigender Ampelphase.

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffene form- und fristgerecht die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils und einen Freispruch erstrebt, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Schwelm. Der Betroffene führt unter näherer Begründung aus, die Rechtsbeschwerde sei zuzulassen, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei. Angesichts der Beweiswürdigung des Gerichts bestehe die Gefahr, dass die Entscheidung weitere Fehlentscheidungen nach sich ziehe. Die Entscheidung des Amtsgerichts Schwelm beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung. Bei Fortbestand der Entscheidung würde es zu schwer erträglichen Unterschieden in der Rechtsprechung kommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Der form- und fristgerecht gestellte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde musste als unbegründet verworfen werden, da ein Zulassungsgrund nicht gegeben ist.

Nach § 80 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist gegen ein Urteil, durch das wie hier gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 125,- Euro festgesetzt worden ist, die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn sie nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 OWiG zugelassen wird. Dies ist dann der Fall, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) oder wenn es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist von der Rechtsbeschwerde nicht erhoben worden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Amtsgericht hier das rechtliche Gehör des Betroffenen in nicht gesetzlicher Weise beeinträchtigt hätte.

Die Rechtsbeschwerde konnte hier auch nicht zur Fortbildung des Rechts zugelassen werden. Zur Fortbildung des Rechts ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (BGHSt 24, 15, 21 m.w.N.; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 3 und Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 80 Rdnr. 3, je m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung ausreichend geklärt, welche Anforderungen an die Beweiswürdigung zu stellen sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 261 Rdnrn. 1 ff.).

Die Rechtsbeschwerde konnte hier aber auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden.

Dieser Zulassungsgrund liegt dann vor, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise gegeben, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage in ständiger Praxis von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht, nicht aber schon dann, wenn in einem Einzelfall eine Fehlentscheidung getroffen worden ist, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22; Göhler, a.a.O., § 80 Rdnr. 4; Rebmann/Roth/Herrmann, a.a.O., § 80 Rdnr. 4, je m.w.N.). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde soll nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich gerade nicht zur Wahrung der Rechte des einzelnen Betroffenen erfolgen (Regierungsentwurf eines Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, BT-Drucks. V/1269 zu § 68, S. 100; BGHSt 24, 15, 21). Es muss hinzukommen, dass die Fehlentscheidung in einer grundsätzlichen Frage getroffen ist, dass sie schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsanwendung auslösen würde oder dass ohne die höchstrichterliche Entscheidung mit weiteren Fehlentscheidungen in gleichgelagerten Fällen gerechnet werden kann. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist demzufolge nicht bereits dann gefährdet, wenn der Richter lediglich in einem Einzelfall anerkannte Rechtsgrundsätze außer Acht gelassen hat, selbst wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist oder es sich um krasse Fehlentscheidungen handelt, solange nicht aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu befürchten ist, dass mit weiteren Fehlentscheidungen gleicher Art zu rechnen ist, also eine Wiederholungsgefahr besteht (Rebmann/Roth/Herrmann, a.a.O., § 80 Rdnr. 4; Göhler, a.a.O., § 80 Rdnr. 5 je m.w.N.).

Im vorliegenden Fall tragen die Feststellungen des angefochtenen Urteils den Schuldspruch wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes.

Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Überführung des Betroffenen sind stark einzelfallbezogen. Die Frage, wem das Amtsgericht letztlich Glauben schenkt - den Polizeibeamten oder den von dem Betroffenen benannten Zeugen - kann ohnehin immer nur auf den Einzelfall bezogen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.


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