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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 VAs 44/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Frage, wann die Ablehnung einer Zurückstellung nach § 35 BtMG mit dem Vorliegen einer weiteren Verurteilung begründet werden kann.

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Zurückstellung; Strafvollstreckung; BtM; weitere Verurteilung

Normen: BtMG 35

Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend den B.P.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 15. Juli 2004 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 15. März 2004 in der Form des Beschwerdebescheids des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 16. Juni 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 09. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:
Der Betroffene ist durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 16. September 2003 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Das Urteil ist seit dem 9. Januar 2004 rechtskräftig. Die Hälfte der Strafe hatte der Verurteilte unter Berücksichtigung von 322 Tagen Untersuchungshaft am 20. August 2004 verbüßt, 2/3 der Strafe werden am 19. Februar 2005 vollstreckt sein. Das Strafende ist auf den 20. Februar 2006 notiert. Darüber hinaus ist der Betroffene durch Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 20. März 1997 wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt war. Mit Beschluss vom 3. Mai 2004, rechtskräftig seit dem 17. Juni 2004, hat das Landgericht Krefeld die angeordnete Strafaussetzung zur Bewährung wegen der erneuten Verurteilung durch das Landgericht Krefeld vom 16. September 2003 widerrufen. Die Anschlussvollstreckung in dieser Sache ist notiert.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 hat der Betroffene beantragt, die Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 16. September gemäß § 35 BtMG zurückzustellen. Die Staatsanwaltschaft Krefeld hat am 15. März 2004 die Zurückstellung der Strafvollstreckung zur Durchführung einer Therapie gemäß § 35 BtMG mit der Begründung abgelehnt, dass die erforderliche Zustimmung des Landgerichts Krefeld nicht erteilt worden sei. Das Landgericht Krefeld hatte mit Beschluss vom 4. Februar 2004 seine Entscheidung wie folgt begründet:

„Voraussetzung für eine Zurückstellung der Vollstreckung ist , dass der Verurteilte die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat. Es muss ein unmittelbarer Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non zwischen der Abhängigkeit und der Straftat bestehen. Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn die Betäubungsmittelabhängigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Straftat als Folge entfiele. Fehlt es an der Kausalität, so ist der Zurückstellungsantrag zurückzuweisen (Körner, BtMG, 5. Aufl., § 35 Rdnr. 46). Die Kausalität kann sich aus dem Urteil ergeben oder muss sonst feststehen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.“

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf mit Verfügung vom 16. Juni 2004 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschwerdebescheid richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG vom 15. Juli 2004. Der form- und fristgerecht angebrachte Antrag ist unbegründet.

Unabhängig davon, ob die von der Staatsanwaltschaft für die Ablehnung des Antrags auf Zurückstellung der Strafvollstreckung gegebene Begründung ausreichend ist, kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft aufrechterhalten bleiben, da eine Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG aufgrund zwingender gesetzlicher Regelung hier nicht in Betracht kommt. Einer Zurückstellung der Vollstreckung steht § 35 Abs. 6 Ziffer 2 BtMG entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Zurückstellung der Vollstreckung zu widerrufen, wenn eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Diese Bestimmung hat zwingenden Charakter (OLG Hamm, Beschluss vom 23. Oktober 1984 - 1 VAs 145/84 -; OLG Hamm, MDR 1983, 429). Damit hat die Vollstreckungsbehörde keinen Ermessensspielraum, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Ziffer 2 BtMG die Zurückstellung widerrufen will.

Zwar hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich den Fall geregelt, ob die Vollstreckung infolge von Betäubungsmittelabhängigkeit verwirkter Freiheitsstrafen zurückgestellt werden kann, sofern eine andere Freiheitsstrafe noch zu vollstrecken ist. Da aber der Gesetzgeber in § 35 Abs. 6 Ziffer 2 BtMG klar bestimmt hat, dass, wenn eine weitere Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist, eine zuvor gewährte Zurückstellung widerrufen werden muss, folgt daraus sein Wille, dass stets eine weitere zu vollstreckende Strafe einer Vergünstigung nach § 35 Abs. 1 BtMG entgegensteht. Es kann dabei nicht darauf ankommen, ob die weitere zu vollstreckende Strafe erst nach oder bereits vor Gewährung der Vergünstigung verhängt worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 23. Oktober 1984 - 1 VAs 145/84 -; OLG Hamm, MDR 1983, 429; OLG Hamm, Beschluss vom 5. Mai 1998 - 1 VAs 10/98 -; OLG Hamm, Beschluss vom 2. März 2000 - 1 VAs 7/00 -; Körner, BtMG, 5. Aufl., § 35 Rdnr. 142).

Allerdings kann die Ablehnung einer Zurückstellung nach § 35 BtMG nur dann mit dem Vorliegen einer weiteren Verurteilung begründet werden, wenn endgültig feststeht, zumindest aber offensichtlich ist, dass diese mangels dort gegebener Aussetzungs- oder Zurückstellungsmöglichkeit zu vollstrecken ist (OLG Hamm, Beschluss vom 2. März 2000 - 1 VAs 7/00 -; OLG Karlsruhe, MDR 1983, 76; Körner, BtMG, 5. Aufl., § 35 Rdnr. 143). Vorliegend ist gegen den Betroffenen noch eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 20. März 1997 wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu vollstrecken. Es ist offensichtlich, dass die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Straftaten nicht aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden sein können. Darüber hinaus hat der Betroffene nach den Feststellungen des Landgerichts Krefeld im Urteil vom 16. September 2003 während dieser Zeit Betäubungsmittel nur in geringem Umfang konsumiert. Demgemäß hindert die noch ausstehende Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach, wie aus den obigen Darlegungen folgt, die Zurückstellung der Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 16. September 2003.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war daher zu verwerfen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


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