Aktenzeichen: 1 VAs 51/04 OLG Hamm
Leitsatz: Für die Entscheidung, einem Rechtsanwalt
als Verteidiger bei Besuchen des Untersuchungsgefangenen in der
Justizvollzugsanstalt die Mitnahme des Laptops zu gestatten ist, ist nach
§ 119 Abs. 6 Satz 1 StPO der Haftrichter zuständig.
Senat: 1
Gegenstand:
Justizverwaltungssache
Stichworte: Verteidiger; Besuch in
der Justizvollzugsanstalt; Laptop; Mitnahme; Verweigerung, Zuständigkeit;
Anfechtung
Normen: EGGVG 23, StPO 119
Beschluss: Justizverwaltungssache
betreffend
Rechtsanwalt S.L.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der
Justizbehörden, (hier: Verweigerung der Mitnahme eines Laptops beim
Verteidigerbesuch).
Auf den Antrag des Betroffenen vom 13. August 2004 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12. 10. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im Verfahren nach den
§§ 23 ff. EGGVG unzulässig.
Die Sache wird an den im
Verfahren 401 Js 284/04 StA Aachen (41 Gs 2527/04 AG Aachen) zuständigen
Haftrichter verwiesen.
Gründe:
I.
Der Betroffene ist Rechtsanwalt und hat
die Verteidigung des Beschuldigten G., der sich in Untersuchungshaft in der
Justizvollzugsanstalt Düsseldorf befindet, in einem gegen diesen
anhängigen Strafverfahren übernommen. Als der Betroffene den
Beschuldigten am 6. Juli 2004 in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf zu
einem Mandantengespräch aufsuchte, wurde ihm durch den Pfortenbeamten der
Justizvollzugsanstalt die Mitnahme seines Laptops verweigert. Auf ein
Beschwerdeschreiben des Betroffenen vom 14. Juli 2004 teilte ihm der Leiter der
Justizvollzugsanstalt Düsseldorf mit Schreiben vom 21. Juli 2004 mit, dass
die Verweigerung der Mitnahme des Laptops bei dem Besuch des
Untersuchungsgefangenen G. zu beanstanden sei. Bei dem Beschuldigten handele es
sich nach Hinweisen des Amtsgerichts Aachen und der Sicherheitsbehörde um
einen sicherheitsproblematischen Inhaftierten, bei dem in
besonderem Maße Fluchtgefahr so wie die Gefahr der Gewalttätigkeit
gegeben sei. Eine Gegenvorstellung des Betroffenen blieb erfolglos.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 13. August 2004 begehrt der Betroffene die Erlaubnis, zu Mandantengesprächen mit dem Untersuchungsgefangenen G. seinen Laptop mit in die Justizvollzugsanstalt Düsseldorf nehmen zu können.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im Verfahren
nach den §§ 23 ff. EGGVG unzulässig. Nach §§ 23 Abs. 1
S. 2, 25 EGGVG ist zwar der Strafsenat für Entscheidungen über die
Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen
Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Untersuchungshaft
berufen. Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs. 3 EGGVG
tritt der Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG jedoch zurück,
soweit die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften
angerufen werden können. So liegt der Fall hier, denn für die
Entscheidung, ob dem Betroffenen als Verteidiger bei Besuchen des
Untersuchungsgefangenen G. in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf die
Mitnahme des Laptops zu gestatten ist, ist nach § 119 Abs. 6 S. 1 StPO der
Haftrichter (§ 126 StPO) zuständig. Die Abgrenzung der
Zuständigkeiten für die gerichtliche Überprüfung von
Maßnahmen der Vollzugsbehörde im Vollzug der Untersuchungshaft
zwischen dem Haftrichter gemäß §§ 119 Abs. 6 S. 1, 126
StPO (vgl. auch Nr. 75 Abs. 1 UVollzO) einerseits und dem Oberlandesgericht
gemäß § 23 EGGVG (vgl. auch Nr. 75 Abs. 3 UVollzO) andererseits
ist unter Berücksichtigung der Subsidiaritätsklausel des § 23
Abs. 3 EGGVG wie folgt vorzunehmen: Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung
nach den §§ 23 ff. EGGVG unterliegen nur Maßnahmen der
Vollzugsbehörde, die der Richter nicht abstellen kann, insbesondere
Anordnungen allgemeiner Art, die generell - ohne Bezug auf einen bestimmten
Gefangenen - der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt
dienen und dem Bereich der allgemeinen Vollzugsorganisation zuzuordnen sind, in
den der Haftrichter nicht eingreifen darf; hingegen ist die vorrangige
Zuständigkeit des Haftrichters nach den §§ 119 Abs. 1, 126 StPO
gegeben, wenn - wie in der Regel - das individuelle Haftverhältnis
betroffen ist und es um die gerichtliche Überprüfung von
Beschränkungen in Bezug auf einen bestimmten Untersuchungsgefangenen geht
(vgl. BGHSt 29, 135; OLG Karlsruhe, NStZ 1997, 497; KG StV 1996, 326; GA 1977;
Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 23 EGGVG Rdnr. 18; KK-Schoreit,
StPO, 5. Aufl., § 23 EGGVG Rdnr. 102 sowie KK-Boujong, a.a.O., § 119
Rdnr. 92; Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 23 EGGVG Rdnr. 63 u. 126
ff.; Cassardt in NStZ 1994, 523 ff.). Vorliegend wendet sich der Betroffene als
Verteidiger gegen die Beschränkung seines aus § 148 StPO
fließenden Besuchsrechts seitens der Vollzugsbehörde in Bezug auf
einen bestimmten Untersuchungsgefangenen, nämlich den Beschuldigten G.,
den er zu Mandantengesprächen unter Mitnahme seines Laptops in der
Justizvollzugsanstalt Düsseldorf aufsuchen möchte. Da es somit um die
konkrete Ausgestaltung eines individuellen
(Untersuchungs-)Haftverhältnisses geht, muss sich der Betroffene gegen die
ihn beschwerende Anordnung der Justizvollzugsanstalt durch Anrufung des
Haftrichters nach § 119 Abs. 6 S. 1 StPO wehren. Der Senat hat daher den
Antrag in der gewählten Form entsprechend § 17 a Abs. 2 GVG für
unzulässig erklärt und die Sache an den gemäss §§ 119
Abs. 6, 126 StPO zuständigen Haftrichter verwiesen.
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