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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 603/04 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen ein im OWi-Verfahren ergangenes Verwerfungsurteil.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Rechtsbeschwerde; Begründung; Zulassung; Entbindung vom Erscheinen in der Hauptverhandlung; Verletzung rechtlichen Gehörs

Normen: StPO 344; OWiG 73, OWiG 74; OWiG 80

Beschluss: Bußgeldsache
gegen M.A.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 27.10.2003 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 01. 12. 2004 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin (§ 80 a Abs. 1 OWiG n.F.) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Essen hat mit dem angefochtenen Urteil den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Essen vom 02.06.2003 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Betroffene sei im Hauptverhandlungstermin ohne genügende Entscheidung ausgeblieben.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

II.
Dem Zulassungsantrag ist der Erfolg zu versagen.

Gegen den Betroffenen war in dem zugrunde liegenden Bußgeldbescheid eine Geldbuße von nicht mehr als 100,- € festgesetzt worden, so dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG bereits nicht statthaft ist. Ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG ist aber mit der Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 74 Randziffer 48 b m.w.N.).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist hier auch nicht gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs muss im Wege der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Vorliegend fehlt es aber an einer den Anforderungen der §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Darstellung dieser Verfahrensrüge. Wird, wie es hier der Fall ist, gerügt, der Tatrichter habe den Betroffenen zu Unrecht nicht gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden, so muss neben der Mitteilung des Entbindungsantrages und der ablehnenden Gerichtsentscheidung vollständig und genau dargelegt werden, aus welchen Gründen von der Anwesenheit des Betroffenen unter keinen Umständen ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes hätte erwartet werden können und daher ein Rechtsanspruch auf Entbindung bestand. Hierzu ist erforderlich, den im Bußgeldbescheid gemachten Tatvorwurf und die konkrete Beweislage im Einzelnen vorzutragen (vgl. Senatsbeschluss vom 27.04.2004 - 3 Ss OWi 166/04 -; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 74 Rdnr. 48 c).

In formeller Hinsicht ist die Entbindung von der Anwesenheitspflicht gemäß § 73 Abs. 2 OWiG davon abhängig, dass der Betroffene einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Der Verteidiger bedarf zur Stellung des Entbindungsantrages einer - über die Verteidigervollmacht hinausgehenden Vertretungsvollmacht (vgl. vorgenannten Senatsbeschluss; BayObLG NStZ-RR 2000, 247; OLG Köln NStZ-RR 2002, 114).

Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Rechtsbeschwerde im vorliegenden Verfahren nicht. Es wird nämlich nicht mitgeteilt, dass die Verteidigerin des Betroffenen eine entsprechende, dem Gericht nachgewiesene Vollmacht zu dessen Vertretung hatte. Darüber hinaus wird aber auch nicht vorgetragen, welcher Tatvorwurf gegen den Beschuldigten in dem Bußgeldbescheid erhoben worden ist. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung lässt sich hier lediglich entnehmen, dass der Betroffene in eine Geschwindigkeitskontrolle geraten ist, bei der die Geschwindigkeiten mit einem Messgerät des Typs Traffipax speedophot gemessen worden sind sowie, dass der Betroffene zwar seine Fahrereigenschaft nicht bestreitet, wohl aber „das dem Bußgeldbescheid zugrunde liegende Messverfahren beanstandet“. Ob und in welchem Umfange dem Betroffenen möglicherweise eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt werden kann, ist unter Berücksichtigung dieser Umstände noch nicht endgültig aufgeklärt, so dass es näherer Ausführungen dazu bedurft hätte, aus welchen Gründen von der Anwesenheit des Betroffenen unter keinen Umständen ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes hätte erwartet werden können.

Die Erhebung der Sachrüge gegen ein Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ermöglicht lediglich die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf das Vorliegen von Verfahrenshindernissen, da das Verwerfungsurteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ein Prozessurteil ohne sachlich-rechtlichen Inhalt darstellt (vgl. Senatsbeschluss vom 27.04.2004 - 3 Ss OWi 166/04 -; Senge in KK, OWiG, 5. Aufl., § 74 Randziffer 55). Klärungsbedürftige Rechtsfragen diesbezüglich, die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts als geboten erscheinen ließen, sind im vorliegenden Verfahren nicht ersichtlich und von dem Betroffenen auch nicht geltend gemacht worden.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.


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