Aktenzeichen: 3 Ss 498/04 OLG Hamm
Leitsatz: Will der Angeklagte mit der Revision gegen ein Urteil, durch das seine Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens verworfen worden ist, beanstanden, das Gericht habe von Amts wegen seiner Aufklärungspflicht entsprechend den Sachverhalt durch weitere Nachfragen beim Betroffenen oder beim Arzt weiter aufklären müssen, muss er im Einzelnen darlegen, aufgrund welcher Anhaltspunkte das Gericht sich weiter zur Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen und mit welchen Beweismitteln welche Tatsachen aufzuklären waren und insbesondere, welches konkrete Ergebnis die Bemühungen gehabt hätten.
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Verwerfungsurteil; Verfahrensrüge; Begründung; Berufung; Aufklärungspflicht, unentschuldigtes Fernbleiben im Hauptverhandlungstermin
Normen: StPO 329; StPO 344
Beschluss: Strafsache
gegen R.F.
wegen Betruges
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XIV. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 29. April 2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 12. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Halle (Westf.) hatte den Angeklagten durch Urteil vom 17. Januar 2003 unter Freisprechung im Übrigen wegen Betruges in sechs Fällen in Tatmehrheit mit Vereiteln der Zwangsvollstreckung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld durch Urteil vom 29. April 2004 gemäß § 329 StPO verworfen. In den Urteilsgründen hat die Kammer u.a. Folgendes ausgeführt:
Das vorgelegte ärztliche Attest reicht zur Entschuldigung nicht aus. Denn es enthält nicht die vom Verteidiger angekündigten Angaben über Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit des vorzunehmenden Eingriffs. Auch eine Nachfrage des Vorsitzenden bei dem das Attest ausstellenden Arzt hat hierzu keine Kenntnisse erbracht. Aufgrund dessen ausweichender Antwort und des Verweises auf Dr. B. ist die Kammer vielmehr davon überzeugt, daß der Krankenhausaufenthalt ohne weiteres hätte verschoben werden können. Eine weitere Nachfrage bei Dr. B. erschien deshalb nicht erforderlich, zumal auch insoweit eine Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht vorliegt.
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 14. Mai 2004 legte der Angeklagte gegen das Urteil Rechtsmittel ein und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Den Wiedereinsetzungsantrag hat die XIV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch Beschluss vom 08.07.2004 rechtskräftig als unbegründet verworfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die Revision des Angeklagten war gemäß § 349 Abs. 1 StPO bereits als unzulässig zu verwerfen. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO ist nämlich nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Form erhoben worden; die Sachrüge ist ebenfalls unzulässig.
Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass der Angeklagte nicht genügend entschuldigt gewesen sei, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus (vgl. OLG Hamm VRS 98, 203, 204 m.w.N.; Pfeiffer, StPO, 4. Aufl., Rdnr. 12 zu § 329). Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen des Angeklagten nicht gerecht. ist die Wiedergabe des Urteilsinhalts dann nicht erforderlich, wenn sich aus dem Verwerfungsurteil selbst ergibt, dass der Angeklagte Entschuldigungsgründe vorgebracht hatte. Da der Angeklagte vorliegend jedoch offenbar beanstanden will, das Gericht habe von Amts wegen seiner Aufklärungspflicht entsprechend den Sachverhalt durch weitere Nachfragen beim Betroffenen oder beim Arzt weiter aufklären müssen, hätte er im Einzelnen darlegen müssen, aufgrund welcher Anhaltspunkte das Gericht sich weiter zur Aufklärung hätte gedrängt sehen müssen und mit welchen Beweismitteln welche Tatsachen aufzuklären waren und insbesondere, welches konkrete Ergebnis die Bemühungen gehabt hätten. Dem Vorbringen des Angeklagten ist indes nicht zu entnehmen, dass er sich zum Terminszeitpunkt überhaupt unaufschiebbar einem stationären Krankenhausaufenthalt unterziehen musste und wie das Gericht diesen Umstand hätte ermitteln und aufklären können. Die zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen teilt die Revision hierzu nicht mit. Die Revision enthält lediglich die Wertung des Verteidigers, die Verwerfung der Berufung durch das Landgericht sei rechtsfehlerhaft gewesen, sowie Ausführungen zur Begründung dieser Wertung.
Soweit dem Revisionsvorbringen auch die Sachrüge zu entnehmen ist, ist diese ebenfalls unzulässig. Die Sachrüge führt bei einem Verwerfungsurteil nach § 329 StPO lediglich zur Prüfung, ob Verfahrenshindernisse vorliegen (vgl. Pfeiffer, a.a.O. m.w.N.). Da weder mit der Sachrüge behauptet wird, das Amtsgericht habe ein Verfahrenshindernis mißachtet, das bei der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils vorgelegen habe, noch sonst Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ver-fahrenshindernisses bestehen, ist die Sachrüge ebenfalls unzulässig.
Das Rechtsmittel war mithin gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen; die Kostenfolge beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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