Aktenzeichen: 2 Ss OWi 185/05 OLG Hamm
Leitsatz: Wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG begehrt, gelten für den Rechtsbeschwerdevortrag die gleichen Voraussetzungen wie für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde gelten. Der Betroffene muss also substantiiert darlegen, worin die Verletzung des rechtlichen Gehörs besteht und was er im Falle der ordnungsgemäßen Anhörung geltend gemacht hätte bzw. wie er seine Rechte wahrgenommen hätte.
Senat: 2
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Rechtsbeschwerde; Zulassung; Begründung des Zulassungsantrags; Verfahrensrüge; Verletzung des rechtlichen Gehörs
Normen: OWiG 80
Beschluss: Bußgeldsache
gegen E.P.
wegen fahrlässigen Verkehrsverstoßes.
Auf den Antrag des Betroffenen vom 17. Dezember 2004 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. §§ 79 ff OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 13. Dezember 2004 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 23. 03. 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen Führens eines Lkw trotz fahrlässig unterlassener ausreichender Ladungssicherung mit einer Geldbuße von 100,-- belegt. Dagegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag zu verwerfen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg haben.
Da die verhängte Geldbuße nicht mehr als 100 beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den so genannten weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 OWiG) oder wenn das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
Soweit der Betroffene mit seinem Vortrag (auch) die Verletzung materiellen Rechts rügen will, kann er damit keinen Erfolg haben. Denn zur Fortbildung des materiellen Rechts ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (zu vgl. OLG Hamm, VRS 56, 42 f.). Dafür ist vorliegend kein Anlass ersichtlich.
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts gebietet. Die Rechtsbeschwerdebegründung enthält dazu keinerlei Angaben, sondern erschöpft sich im Wesentlichen in Angriffen gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung, die jedoch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
Soweit der Betroffene in der Begründung des Zulassungsantrags rügt, dass sein Beweisantrag nicht hätte abgelehnt werden dürfen, kann er mit dieser formellen Rüge im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht gehört werden. Ein Zulassung wegen formeller Rechtsfehler scheidet aus.
Die Rechtsbeschwerde war aber auch nicht wegen Verkürzung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG; vgl. dazu zuletzt auch Senat im Beschluss 28. Februar 2005, 2 Ss OWi 123/05). Insoweit ist die Rechtsbeschwerde, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, nicht ausreichend im Sinn des § 344 Abs. 2 Satz 2 OWiG in Verbindung mit § 80 Abs. 3 OWiG begründet. Der Senat hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG begehrt wird, für den Rechtsbeschwerdevortrag die gleichen Voraussetzungen wie für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde gelten. Der Betroffene muss also substantiiert darlegen, worin die Verletzung des rechtlichen Gehörs besteht und was er im Falle der ordnungsgemäßen Anhörung geltend gemacht hätte bzw. wie er seine Rechte wahrgenommen hätte. Nur wenn dieses Erfordernis erfüllt ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht prüfen und entscheiden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfassungsverstoß beruht (BVerfGE 28, 17 u.19 f.; Senatsbeschlüsse vom 26. Juli 2002 - 2 Ss OWi 581/02 - mit weiteren Nachweisen, vom 18. Dezember 2002 - 2 Ss OWi 1065/02 - und vom 15. April 2004 - 2 Ss OWi 215/04; vgl. auch Senat in NStZ-RR 2004, 307 = Rpfleger 2004, 585 = VRS 107, 127 = NZV 2004, 595 = NStZ 2004, 307).
Dem wird die Begründung des Zulassungsantrages hier nicht gerecht.
Zwar kann, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, die fehlerhafte Behandlung eines Beweisantrages zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs führen (vgl. dazu Senat im o.a. Beschluss vom 28. Februar 2005). Zur ausreichenden Begründung des Zulassungsantrags wäre es dann jedoch erforderlich gewesen, dass der Betroffene den vermeintlich gestellten Beweisantrag vollständig in einer geschlossenen Darstellung mitgeteilt hätte. Das ist nicht geschehen.
Soweit der Betroffene die Verletzung rechtlichen Gehörs mit der Begründung rügen will, das Amtsgericht habe von sich aus weitere Zeugen vernehmen und ein Sachverständigengutachten einholen müssen, hätte der Betroffene in seiner Rüge substantiiert darlegen müssen, was im Fall der Anhörung der Zeugen geltend gemacht worden wäre und aus welchem Grund sich dem Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen, da nur dann das Rechtsbeschwerdegericht in der Lage gewesen wäre zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Artikel 103 Abs. 1 GG beruht und dem Betroffenen tatsächlich rechtliches Gehör verwehrt worden ist. Dem wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Es fehlt bereits die Darlegung, welche weiteren Zeugen das Amtsgericht hätte vernehmen müssen. Diese sind eben so wenig genannt wie das Beweisthema, zu dem das Amtsgericht sie nach Auffassung der Rechtsbeschwerde hätte vernehmen sollen.
Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.
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