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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ws 211 u. 230/05 OLG Hamm

Leitsatz: Wird auf Rechtsmittel gegen ein Urteil verzichtet, so umfasst das auch die sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 StPO gegen die Kostenentscheidung

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Rechtsmittelverzicht; Umfang; Kostenentscheidung, Ergänzung der Kostenentscheidung

Normen: StPO 302; StPO 473; StPO 33a

Beschluss: Strafsache
gegen R.J.
wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Kostenentscheidung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 19. November 2004 und die Beschwerde vom 26. Januar 2005 gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Dortmund im Urteil vom 18. November 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 05. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die sofortige Beschwerde und die Beschwerde werden auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.
Das Amtsgericht Kamen hat den Beschwerdeführer am 07. Juli 2004 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50,00 € verurteilt, ihm zugleich die Fahrerlaubnis entzogen, die Einziehung des Führerscheins angeordnet und eine Sperrfrist von 8 Monaten für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis verhängt. Die dagegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch, namentlich die Höhe des Tagessatzes und die Entziehung der Fahrerlaubnis, beschränkte Berufung des Verurteilten hat das Landgericht Dortmund am 18. November 2004 mit der Maßgabe verworfen, dass eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40,00 € und ein Fahrverbot von 3 Monaten verhängt worden sind, während die Entziehung der Fahrerlaubnis nebst Einziehung des Führerscheins und Anordnung einer Sperrfrist in Wegfall geraten ist. Ferner hat die Strafkammer folgende Kostenentscheidung getroffen:„Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Staatskasse.“; zur Begründung hat sie ausgeführt: „Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO“.

In dem am 26. November 2004 fertiggestellten Hauptverhandlungsprotokoll vom 18. November 2004 ist vermerkt:“Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt. Der Angeklagte und sein Verteidiger erklärten:“Ich verzichte auf die Einlegung von Rechtsmitteln“. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärte ebenfalls Rechtsmittelverzicht.“

Mit am 22. November 2004 bei dem Landgericht Dortmund eingegangenem Schreiben vom 19. November 2004 hat der Verurteilte beantragt, die ihm entstandenen Auslagen in Höhe von 1.140,10 € gegen die Staatskasse festzusetzen. Unter dem 26. Januar 2005 hat der Verurteilte beanstandet, dass über seinen Kostenantrag noch keine Entscheidung ergangen sei und insoweit Beschwerde eingelegt, falls bis zum 11. Februar 2005 der Kostenfestsetzungsantrag nicht erledigt worden sei. Mit Verfügung vom 18. März 2005 teilte das Amtsgericht Kamen dem Verurteilten mit, seinem Kostenfestsetzungsantrag könne nicht entsprochen werden, da der Landeskasse nicht die notwendigen Auslagen des Angeklagten, sondern nur die Kosten des Verfahrens auferlegt worden seien. Mit Schriftsatz vom 30. März 2005 hat der Verurteilte gegen diese Mitteilung Gegenvorstellungen eingelegt, die er im Falle der Nichtabhilfe als Beschwerde behandelt wissen wollte. Darüber hinaus beantragte er, im Wege einer Urteilsergänzung auch die notwendigen Auslagen des Verurteilten der Staatskasse aufzulegen. Am 12. April 2005 teilte das Gericht mit, eine Urteilsergänzung sei nicht möglich. Mit Schriftsatz vom 21. April 2005 hat der Verurteilte mit näheren Ausführungen erklärt, dass die sofortige Beschwerde ebenso aufrechterhalten bleibe wie die über die bisherige Sachbehandlung.

II.
Die gem. § 464 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte sofortige Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Zwar ist der binnen der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO bei dem Landgericht Dortmund eingegangene Kostenfestsetzungsantrag vom 19. November 2004 als sofortige Beschwerde auszulegen. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag nicht das ausdrückliche Begehren einer Anfechtung der Kostenentscheidung enthält, denn entsprechend dem Rechtsgedanken des § 300 StPO ist ein Rechtsmittel so zu deuten, dass der erstrebte Erfolg möglichst erreichbar ist. Nach diesem Maßstab verdeutlicht der Kostenfestsetzungsantrag das erkennbare Bestreben des Verurteilten, sich mit der einer Auslagenerstattung entgegenstehenden Kostenentscheidung nicht zufrieden geben zu wollen (OLG Stuttgart Strafverteidiger 1994, 651).

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht indes der zum Schluss der Hauptverhandlung erklärte Rechtsmittelverzicht des Verurteilten und seines Verteidigers entgegen. Der Verzicht erstreckt sich auf alle Rechtsmittel, die gegen die Entscheidung zulässig sind. Wird auf Rechtsmittel gegen ein Urteil verzichtet, so umfasst das auch die sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 StPO gegen die Kostenentscheidung (Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 302 Rdnr. 17). Der Wirksamkeit des Verzichts stünde selbst das Fehlen einer (qualifizierten) Rechtsmittelbelehrung nicht entgegen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 302 Rdnr. 23).

Entgegen der sofortigen Beschwerde ist eine Kostenentscheidung, die sich nicht ausdrücklich über die Auslagen verhält, weder einer Ergänzung noch einer Auslegung dahin, sie umfasse auch die notwendigen Auslagen des Verurteilten, zugänglich (LR-Hilger, StPO, 25. Aufl., § 464 Rdnr. 24 ff.; Meyer-Goßner, a.a.O., § 464 Rdnr. 12). Um die gebotene oder zulässige Abwälzung der einem Beteiligten entstandenen Auslagen zu effektuieren (§ 464 b StPO), bedarf es nach § 464 Abs. 2 StPO des ausdrücklichen Ausspruchs in der Sachentscheidung, wer die Auslagen zu tragen hat, denn es ist gerade Sinn des § 464 Abs. 2 StPO, dass die Entscheidung über die Auslagen für den Angeklagten und sonstige Beteiligte, aber auch für den Kostenbeamten, in sich klar und verständlich ist. Fehlt es an einem solchen Ausspruch, so bleibt derjenige mit den Auslagen belastet, dem sie entstanden sind; die Entscheidung bedeutet praktisch die Ablehnung einer Überbürdung. Abhilfe ist nur durch Anfechtung (§ 464 Abs. 3 S. 1 StPO) des - versehentlich oder bewusst - unvollständigen Spruchs möglich, nicht aber dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung nachträglich „ergänzt“, denn das wäre in Wirklichkeit eine nicht mehr mögliche Abänderung des Urteils. Aus den gleichen Gründen scheidet eine Umdeutung der Kostenentscheidung in eine Kosten- und Auslagenentscheidung aus.

Es wird zum Teil die Auffassung vertreten, eine nachträgliche Korrektur einer Auslagenentscheidung sei im Verfahren nach § 33 a StPO möglich (LR-Hilger, a.a.O., § 464 Rdnr. 28; OLG Bremen Strafverteidiger 1998, 607; OLG Hamburg MDR 1985, 604; OLG Düsseldorf, VRS 84, 446). Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Meinung zu folgen ist, da hier mangels Vorliegens der Voraussetzungen dieser Norm dieses Verfahren nicht in Betracht kommt. Das Nachverfahren nach § 33 a StPO kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Beschluss unanfechtbar ist. Gemeint ist damit nur der Fall, dass das Gesetz die Anfechtung mit Beschwerde oder weiterer Beschwerde ausdrücklich ausschließt; hat der Betroffene das zulässige Rechtsmittel versäumt oder zurückgenommen, so gilt § 33 a StPO nicht (Meyer-Goßner, a.a.O., § 33 a Rdnr. 4). Der Fall der Rücknahme des Rechtsmittels ist gleichzusetzen mit dem Verzicht auf Rechtsmittel. Es würde nicht der hinter § 33 a StPO stehenden Interessenlage entsprechen, wenn ein Betroffener, nachdem er zunächst auf Rechtsmittel verzichtet hat, im Wege der nachträglichen Gewährung rechtlichen Gehörs gleichwohl eine Änderung der Entscheidung erreichen könnte.

Die Beschwerde des Verurteilten gegen die verzögerliche Bearbeitung seines Kostenfestsetzungsantrags ist bereits unstatthaft, da eine reine „Untätigkeitsbeschwerde“ der StPO fremd ist (Meyer-Goßner, a.a.O., § 304 Rdnr. 3 m. w. N.).

Nach alledem waren die Beschwerden mit der sich aus § 473 StPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.


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