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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 332/05 OLG Hamm

Leitsatz: Das Rechtsbeschwerdegericht darf die vor Erlass des angefochtenen Urteils durch Einspruchsrücknahme oder verspätete Einspruchseinlegung eingetretene Rechtskraft des Bußgeldbescheides vor Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht berücksichtigen.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Zulassungsgründe, Rücknahme des Einspruchs, Bestandskraft des Bußgeldbescheides: Berücksichtigung vor Zulassung

Normen: OWiG 80

Beschluss: Bußgeldsache
gegen K.P.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 17.03.2005 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 05. 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Gütersloh hat mit dem angefochtenen Urteil den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Kreises Gütersloh vom 06.12.2004, durch den gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 12 km/h eine Geldbuße von 25,- € verhängt worden ist, gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Dabei hat das Amtsgericht übersehen, dass der Betroffene den Einspruch gegen den vorgenannten Bußgeldbescheid mit am Terminstage, dem 17.03.2005, um 09.38 Uhr eingegangenem Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage zurückgenommen hatte. Der Termin zur Hauptverhandlung fand dagegen erst um 11.30 Uhr am 17.03.2005 statt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 17.03.2005 aufzuheben. Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 4 OWiG statthafte und fristgerecht eingelegte „Rechtsbeschwerde“ habe Erfolg, da der Einspruch vor dem Termin zurückgenommen worden sei.

II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zu verwerfen.

1. Bei dem Rechtsmittel des Betroffenen handelt es sich entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft nicht um eine gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 4 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde. § 79 Abs. 1 Nr. 4 OWiG betrifft lediglich die Fälle, in denen der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist, ist aber auf die Fälle der Einspruchsverwerfung gemäß § 74 Abs. 2 OWiG nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 74 Rdnr. 48, § 79 Rdnr. 11, je m.w.N.).
Vielmehr handelt es sich bei dem Rechtsmittel des Betroffenen um einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde i.S.v. § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 OWiG, da gegen den Betroffenen durch den fraglichen Bußgeldbescheid eine Geldbuße in Höhe von lediglich 25,- € verhängt worden ist, die die Wertgrenze des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht überschreitet.

2. Im Zulassungsverfahren stellt das Beschwerdegericht gemäß § 80 Abs. 5 OWiG das Verfahren bei Bestehen eines Verfahrenshindernisses aber nur dann ein, wenn das Verfahrenshindernis nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten ist.

Die Bestandskraft des Bußgeldbescheides vom 06.12.2004 infolge der Einspruchsrücknahme stellt aber ein vor Erlass des Urteils eingetretenes Verfahrenshindernis dar. Der Bundesgerichtshof hat insoweit bereits am 16.12.1988 entschieden, dass das Beschwerdegericht seit dem Inkrafttreten des § 80 Abs. 5 OWiG am 1. April 1987 die vor Erlass des angefochtenen Urteils durch Einspruchsrücknahme oder verspätete Einspruchseinlegung eingetretene Rechtskraft des Bußgeldbescheides vor Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht berücksichtigen darf (BGHSt 36, 59). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof insoweit ausgeführt, dass nach dem Sinn des Gesetzes kein Grund zu unterschiedlicher Behandlung denkbarer Verfahrenshindernisse danach bestehe, ob diese zur Einstellung des Bußgeldverfahrens oder - wie hier - nur zur Aufhebung des trotz Rechtskraft des Bußgeldbescheides ergangenen Urteils des Amtsgerichts führten. Nach dem Sinn des Gesetzes bestehe insoweit kein Grund zur unterschiedlichen Behandlung. Wenn schon zur Einstellung führende Verfahrenshindernisse im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt werden sollten, sei umso weniger Anlass gegeben, das Verfahren dahin zu überprüfen, ob Verfahrenshindernisse vorliegen, die dazu führen könnten, dass der Betroffene statt des Urteils (nur) durch Bußgeldbescheid verurteilt bleibe. Auch sonst gebe es keinen sachlichen Grund, das zur Urteilsaufhebung führende Verfahrenshindernis der Rechtskraft des Bußgeldbescheides anders zu behandeln als solche Verfahrenshindernisse, die die Einstellung des Verfahrens zur Folge haben. In beiden Fällen sei die angefochtene Entscheidung unzulässig ergangen. Dies solle nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht schon im Zulassungsverfahren berücksichtigt werden (BGHSt 36, 59, 63 f).

3. Die damit allein noch in Betracht kommende Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 OWiG konnte hier nicht erfolgen.

Anhaltspunkte dafür, dass das angefochtene Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben wäre, § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, bestehen nicht. Allein darin, dass das Gericht die Einspruchsrücknahme nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen hat, liegt noch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Diese wäre nur dann gegeben, wenn dieser Umstand dazu geführt hätte, dass dem Betroffenen das rechtliche Gehör zu der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit selbst abgeschnitten worden wäre (vgl. KG, StV 2003, 586, 587). Dies war hier indes nicht der Fall.

Auf die Verletzung von Verfahrensbestimmungen kann die Rechtsbeschwerde bei der hier verhängten Geldbuße von nicht mehr als 100,- € gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht gestützt werden. Vielmehr ist die Rechtsbeschwerde bei einer derart geringfügigen Geldbuße nur zur Fortbildung des materiellen Rechts gegeben. Eine Zulassung unter diesem Gesichtspunkt kommt aber bereits deshalb nicht in Betracht, weil hier allein noch die verfahrensfehlerhafte Behandlung der Einspruchsrücknahme durch das Amtsgericht und damit gerade keine Frage des materiellen Rechts ent-scheidungserheblich sein kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 S. 2 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.


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