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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 63/05 OLG Hamm

Leitsatz: Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte.Die Wiederholungsabsicht muss sich hierbei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Diebstahl; Gewerbsmäßigkeit, Wiederholungsabsicht; Doppelverwertungsverbot

Normen: StGB 243; StGB 46

Beschluss: Strafsache
gegen G.K.
wegen Diebstahls u.a.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Schöffengerichts des Amtsgerichts Hagen vom 30. August 2004 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08. 08. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen
aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Schöffengericht Hagen hat mit dem angefochtenen Urteil den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, wie erkannt.

II.
Die Rechtsmittel des Angeklagten ist als (Sprung-) Revision zulässig.
Dem Angeklagten ist durch Beschluss des Senats vom 28. Februar 2005 Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur
Einlegung der Revision gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 30. August 2004 gewährt worden. Der Angeklagte hat nach allem mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2004 rechtzeitig ein Rechtsmittel eingelegt. Er hat sein ursprünglich als „Berufung“ bezeichnetes Rechtsmittel durch die bei dem Amtsgericht Hagen mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2004 abgegebene Erklärung in zulässiger Weise gemäß § 335 StPO als „Sprungrevision“ bezeichnet (vgl. zur Zulässigkeit der Wahl der Rechtsmittel Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 335 Rn. 3) und diese darin form- sowie fristgerecht begründet.

II.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.

1. Die auf die Sachrüge vorzunehmende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt zur Aufdeckung eines Rechtsfehlers zum Nachteil des Angeklagten. Die Ausführungen des Amtsgerichts tragen die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Sinne von § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB noch nicht. Die dazu getroffenen Feststellungen sind lückenhaft.

Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte; unter diesen Voraussetzungen kann sodann schon eine einmalige Gesetzesverletzung ausreichen. Die Wiederholungsabsicht muss sich hierbei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., vor § 52 Randziffer 37 m.w.N., zuletzt siehe auch Beschluss des erkennenden Senats vom 06. September 2004 in 2 Ss 289/04 und des hiesigen 3. Senats für Strafsachen vom 29. Juli 2004 in 3 Ss 280/04).

Die Tatrichterin ist zwar aufgrund des Umstandes, dass beide Täter mit einem PKW anreisten und an dem Tattag in Hagen mehrere Geschäfte in Diebstahlsabsicht aufsuchten sowie aufgrund der Art und Menge der von dem Angeklagten entnommenen Waren und schließlich der Tatsache, dass dieser nur von Sozialhilfe lebte, zu der Überzeugung gelangt, dass dieser die Druckerpatronen ebenso wie andere erwünschte Beute - habe verkaufen und sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle habe verschaffen wollen.
Allein der Umstand, dass der Angeklagte das gestohlene Diebesgut und andere erwünschte Beute gewinnbringend veräußern wollte, rechtfertigt aber noch nicht die Annahme einer Wiederholungsabsicht und damit eines gewerbsmäßigen Handelns. Denn die besondere Kennzeichnung einer gewerbsmäßigen Straftat besteht nicht darin, dass der Täter durch die Verwertung des Diebesguts eine Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse anstrebt, sondern dass er die Absicht hat, sich die erstrebte nicht nur vorübergehende Einnahmequelle durch die wiederholte Begehung von Straftaten zu verschaffen (vgl. BGH NJW 1996, 1069, 1070; Senatsbeschluss a.a.O.; im Ergebnis ebenso OLG Köln NStZ 1991, 585).
Eine solche Wiederholungsabsicht des Angeklagten zur Erzielung einer nicht nur vorübergehenden Einnahmequelle - und somit auch zu anderen Zeiten als an dem Tattage der Begehung des ihm vorgeworfenen Diebstahls - lässt sich aber aus den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils noch nicht entnehmen.

2. Die zu dem Diebstahl vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellte tateinheitlich begangene fahrlässige Körperverletzung wird von der Aufhebung mitumfasst.

3. Schließlich halten die Strafzumessungsgründe einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.
Zwar ist die Strafzumessung Aufgabe des Tatrichters und vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen. Der Tatrichter muss aber seine Zumessungserwägungen in einem die Nachprüfung ermöglichenden Umfang darlegen. Dabei beinhalten die Strafzumessungsgründe zum einen die Strafzumessungstatsachen und zum anderen die Strafzumessungserwägungen. Die Tatsachen zur Strafzumessung müssen ebenso wie diejenigen zum Schuldspruch einwandfrei festgestellt und erwiesen sein. Mängel der Tatsachenfeststellung begründen die Revision nach den selben Kriterien wie bei der Schuldfeststellung (vgl. Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 05. August 2003 in 1 Ss 456/03 m.w.N.). Nach § 46 Abs. 3 StGB dürfen bei der Strafzumessung Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, nicht berücksichtigt werden. Das Doppelverwertungsverbot bedeutet dabei über den Wortlaut des § 46 Abs. 3 StGB hinaus aber auch, dass Umstände, die bei besonders schweren Fällen ein Regelbeispiel begründen, nicht zur Strafschärfung herangezogen werden dürfen (Tröndle/Fischer, a.a.O., § 46 Rdnr. 82 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Das Amtsgericht hat lediglich ausgeführt, „die besonderen Umstände der Tat“ strafschärfend berücksichtigt zu haben, ohne dazu die näheren erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Dem Urteil kann nämlich nicht entnommen werden, welche besonderen Umstände der Tat, die nicht bereits Merkmale des gesetzlichen Tatbestands im Sinne von § 46 Abs. 3 StGB sind, zum Nachteil des Angeklagten ins Gewicht fielen.

IV.
Für die erneute Verhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin:
Die Kennzeichnung der Tat als besonders schwerer Fall gehört nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Sinne des § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO und ist daher nicht in die Urteilsformel aufzunehmen; gleiches gilt für die gemeinschaftliche Regelung einer Tat (vgl. hierzu Meyer-Goßner, a.a.O., § 260 Rn. 24 u. 25 m.w.N.).

V.
Nach alledem war das angefochtene Urteil daher aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revisionen an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hagen zurückzuverweisen.


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