Aktenzeichen: 2 Ss 1157/99 OLG Hamm
Leitsatz: Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen und an die Strafzumessung bei einem durch Unterlassen begangenen Betrug gegenüber dem Sozialamt
Senat: 2
Gegenstand: Revision
Stichworte: Betrug, Sozialamt, Strafzumessung, tatsächliche Feststellungen, Unterlassen, Aufhebung, Schadenshöhe
Normen: StGB 263, StGB 13, StPO 261,
Beschluss: Strafsache gegen B.A. wegen Betruges,
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 12.08.1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am berlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Gründe: Nachdem der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Recklinghausen vom 22.02.1999 wegen Betruges und wegen Verschaffens falscher amtlicher Ausweise zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war, ist er nach teilweiser Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch das angefochtene Urteil wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils besaß der Angeklagte, der sich in der Berufungsinstanz nicht zur Sache eingelassen hat, Anfang 1994 zur eigenen Verfügung einen Geldbetrag von 20.000,- DM, von dem er sich einen PKW BMW 325 i Cabrio kaufte und bar bezahlte. Obwohl ihm insoweit seine Verpflichtung zur Mitteilung seit Abgabe seines Sozialhilfeantrags im Jahr 1990 bekannt war, unterrichtete er das Sozialamt von diesem Umstand nicht und bezog im Jahre 1994 insgesamt 11.475,92 DM Sozialhilfe.
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Strafkammer zu ihrer Überzeugung ausgeschlossen, dass es sich bei den 20.000,- DM um Fremdgeld gehandelt hat, das der Angeklagte treuhänderisch zu verwalten hatte, oder dass er das Fahrzeug für eine andere Person hatte erwerben und in den Libanon ausführen wollen, zumal dafür keine Anhaltspunkte vorgelegen hätten.
In diesem Zusammenhang wird jedoch ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus der verlesenen Bescheinigung Bl. 100 d.A., der die Kammer keinerlei Beweiswert zumesse, ergebe, da sie (die Bescheinigung) allgemein und vage gehalten sei und das darin Bestätigte nicht verifiziert werden könne.
Der auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision des Angeklagten kann ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht versagt werden.
Abgesehen davon, dass die Höhe des zu Lasten des Sozialamtes verursachten Schadens nicht mitgeteilt wird - es wird nur dargestellt, in welcher Höhe der Angeklagte im Jahre 1994 insgesamt Sozialhilfe erhalten hat, nicht aber, wie viel ihm unter den gegebenen Umständen zugestanden hätte -, ist die Beweiswürdigung lückenhaft.
Weder der Inhalt noch die Art der in der Hauptverhandlung verlesenen Bescheinigung, die sich offensichtlich zu der zentralen Frage der Eigentumsverhältnisse an dem Geld bzw. des Fahrzeugs verhält, wird nämlich mitgeteilt oder kann dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden. Der Senat ist daher nicht in der Lage zu überprüfen, ob die Strafkammer zu Recht und rechtsfehlerfrei den Schluss gezogen hat, dass dieser - wie auch immer gearteten - Bescheinigung keine Bedeutung zukommt.
Um die sachlich-rechtliche Nachprüfung durch das Revisionsgericht zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweisführung und Beweiswürdigung auf einer nach-
vollziehbaren Tatsachengrundlage beruht, wobei sie frei von Lücken und Widersprüchen sein müssen (vgl. Senatsbeschluss vom
9.9.1999 in 2 Ss 354/99).
Bereits dieser Begründungsmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Darüber hinaus hätte aber auch der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben können.
Im Rahmen der Strafzumessung findet nämlich nicht nur § 13 Abs. 2 StGB keinerlei Erwähnung, sondern es wird auch der - nicht dargelegte und in seiner Höhe nicht bekannte - nicht unerhebliche Schaden zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt. Auch der pauschale strafschärfende Hinweis, der Angeklagte sei "in der Vergangenheit bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten", gibt deshalb zu Bedenken Anlass, weil nur zwei der Vorverurteilungen - jeweils zu Geldstrafen wegen versuchten Diebstahls und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis - vor 1994 liegen, wobei auch insoweit weder die Tatzeiten noch das Datum der Rechtskraft angegeben werden. Auch bezüglich der mitgeteilten Vorverurteilungen ab Mai 1994 werden weder die Tatzeiten noch die Daten der Rechtskraft mitgeteilt und - bis auf die bereits erlassene Freiheitsstrafe - auch nicht dargelegt, ob die weiteren - möglicherweise gesamtstrafenfähigen - (Geld-)Strafen vollständig vollstreckt worden sind. In diesem Zusammenhang fehlt jedenfalls auch die Erörterung eines möglichen Härteausgleichs für den Fall nicht mehr möglicher Gesamtstrafenbildung.
Danach war das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum zurück zuverweisen (§ 354 Abs. 2 S. 1 StPO).
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