Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 223 u. 224/99 OLG Hamm
Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Begründung der Entscheidung, mit der die Strafvollstreckungskammer Hafturlaub abgelehnt hat.
Senat: 1
Gegenstand: Vollzugssache
Stichworte: Gewährung von Hafturlaub, einstweilige Anordnung, Anforderungen an Begründung der Entscheidung
Normen: (StVollzG 114 Abs. 2 Satz 3, StPO 267
Beschluss: Strafvollzugssache betreffend den Strafgefangenen R.J. wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Vollzugsbehörden, (hier: Gewährung von Urlaub).
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 8. November 1999 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn vom 13. Oktober 1999 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02.12.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Präsidenten des Justizvollzugsamts Rheinland beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswerts aufgehoben, soweit darin der Antrag des Betroffenen vom 14. Juli 1999 auf gerichtliche Entscheidung verworfen wurde. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig auf Kosten des Betroffen verworfen (§§ 121 Abs. 1 und 4 StVollzG, 473 Abs. 1 StPO).
Gründe:
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. Juli 1999 wendet sich der Betroffene gegen die Versagung von Hafturlaub durch die Vollzugsbehörde. Mit seinem weiteren Antrag vom 24. August 1999 begehrt er im Wege der einstweiligen Anordnung gleichfalls die Gewährung von Hafturlaub.
In dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer beide Anträge zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die in zulässiger Weise erhobene Rechtsbeschwerde des Betroffenen.
Das Rechtsmittel hat teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg, im Übrigen war es als unzulässig zu verwerfen.
Soweit sich der Betroffene gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung richtet, erweist sich das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, denn diese Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist nicht anfechtbar (§ 114 Abs. 2 S. 3 StVollzG).
Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen vom
14. Juli 1999 richtet, hat das Rechtsmittel einen zumindest vorläufigen Erfolg.
Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur sind an den Beschluss der Strafvollstreckungskammer in Strafvollzugssachen die gleichen Anforderungen zu stellen, wie nach § 267 StPO an die Begründung eines strafgerichtlichen Urteils. Neben den wesentlichen rechtlichen Erwägungen müssen von der Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen so vollständig wiedergegeben werden, dass anhand dieser Feststellungen eine rechtliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht möglich ist. Dies muss in einer eigenen, in sich geschlossenen Darstellung geschehen, die eindeutig erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen die Strafvollstreckungskammer getroffen und ihrer rechtlichen Würdigung zugrundegelegt hat. Da Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 115 StVollzG die angefochtene Entscheidung des Anstaltsleiters ist, und zwar in der Gestalt, die sie in einem etwaigen Widerspruchsverfahren angenommen hat, müssen in dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer in der Regel diese angefochtene Entscheidung und ggf. auch die Widerspruchsentscheidung mit der von den Behörden gegebenen Begründung in ihrem wesentlichen Umfang dargestellt werden. Nur soweit sich diese behördlichen Entscheidungen bei den Akten befinden, kann zur Vermeidung unnötiger Schreibarbeiten mit einer eindeutigen Verweisung hierauf Bezug genommen werden (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVO 88, 191; KG StV 86, 443; Senatsbeschluss vom 18. März 1996 - 1 Vollz (Ws) 26/96 -).
Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Entscheidung nicht. Abgesehen davon, dass der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen ist, wegen welcher Straftat der Betroffene einsitzt und wie der Vollstreckungsstand ist, ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Erwägungen die Vollzugsbehörde und in der Folge der Präsident des Vollzugsamtes die Gewährung von Urlaub versagt haben. Es wird auch nicht mitgeteilt, wann und in welcher Weise der Betroffene in der Vergangenheit zwei Mal ihm gewährte Lockerungen missbraucht haben soll und was der Betroffene insoweit zu seiner Entschuldigung geltendgemacht hat. Auch soweit die Strafvollstreckungskammer "keinen Anhaltspunkt" sieht, "dass der Antragsteller sich künftig anders verhalten wird", ist nicht ersichtlich, aus welchen gegen den Betroffenen sprechenden Umständen diese negative Prognose abgeleitet werden kann. Allein die Feststellung, dass nicht abschätzbar sei, welchen positiven Einfluss seine Lebensgefährtin und sein Sohn auf ihn haben könnten, vermag diese negative Annahme nicht zu begründen.
Der angefochtene Beschluss war deshalb insoweit aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
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