Aktenzeichen: 2 Ss 1426/98 OLG Hamm
Leitsatz: Die Sperrwirkung des § 55 Abs. 2 JGG gilt auch für den Fall der Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1.
Senat: 2
Gegenstand: Revision im Jugendgerichtsverfahren
Stichworte: Jugendgerichtsverfahren, Sperrwirkung des § 55 Abs. 2 JGG, Rechtsmittel, Verwerfung der Berufung
Normen: JGG 55, StPO 329
Fundstelle: StV 1999, 657 (Ls.)
Beschluss: Strafsache gegenX.O., wegen Diebstahls.
Auf die Revision der Angeklagten vom 2. Oktober 1998 gegen das Urteil der 1. großen Jugendkammer des Landgerichts Hagen vom 2. Juli 1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.12.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision wird auf Kosten der Angeklagten als unzulässig verworfen.
G r ü n d e:
I. Die Angeklagte, die Heranwachsende ist, ist vom Jugendschöffengericht Iserlohn mit Urteil vom 12. Februar 1998 u.a. wegen Diebstahls unter Einbeziehung eines früheren Strafbefehls zu einem Dauerarrest von einer Woche und einem Sozialdienst von 100 Stunden nach Maßgabe der Jugendgerichtshilfe verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte rechtzeitig Berufung eingelegt. In dem daraufhin vom Landgericht anberaumten Berufungshauptverhandlungstermin ist die Angeklagte dann trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Das Landgericht hat ihre Berufung deshalb gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Ein dagegen gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist zwischenzeitlich vom Landgericht durch Beschluss vom 10. August 1998 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die Angeklagte wendet sich nunmehr noch mit der Revision gegen das Verwerfungsurteil. Sie trägt vor, sie habe die Ladung verlegt gehabt und sich dann bei einem der geladenen Zeugen nach dem genauen Beginn der Berufungshauptverhandlung, den sie vergessen gehabt habe, erkundigt. Der Zeuge sei aber erst eine Stunde später als sie zur Hauptverhandlung geladen gewesen, so dass sie den Beginn der Hauptverhandlung versäumt habe.
II. Die Revision ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen.
1. Die Revision ist - unabhängig von der Frage, ob sie mit dem Revisionsvorbringen überhaupt in zulässiger Weise begründet worden ist - unzulässig, weil, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, die Sperrwirkung des § 55 Abs. 2 JGG einer (weiteren) Anfechtung des landgerichtlichen Verwerfungsurteils entgegensteht. Die Angeklagte hat gegen die Verurteilung durch das Jugendschöffengericht bereits Berufung eingelegt. Damit ist ihr gemäß § 55 Abs. 2 JGG eine Revision gegen das landgerichtliche Urteil verwehrt.
Dieser Grundsatz gilt nach übereinstimmender Meinung in Rechtsprechung und obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. nur Eisenberg. JGG, 7. Aufl., § 55 Rn. 68 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) auch für den Fall der Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO. Dem schließt sich der Senat an. Nach § 55 Abs. 2 JGG ist für dessen Anwendung allein ausschlaggebend, dass der Jugendliche eine zulässige Berufung eingelegt hat. In welcher Weise das Rechtsmittel dann verfahrensmäßig behandelt worden ist bzw. behandelt werden musste, spielt nach dem Gesetzeswortlaut für den Eintritt der Sperrwirkung keine Rolle. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Regelungen des Jugendgerichtsverfahrens, die darauf gerichtet sind, durch ein möglichst straffes Verfahren eine möglichst schnelle Ahndung des dem jugendlichen bzw. heranwachsenden Straftäters (vgl. § 109 Abs. 2 in Verbindung mit § 55 JGG) zur Last gelegt Verhaltens zu erreichen. Dem würde aber eine Auslegung des § 55 Abs. 2 JGG dahin, dass dieser bei Verwerfung der Berufung des Jugendlichen nach § 329 Abs. 1 StPO nicht gilt, widersprechen (so auch OLG Düsseldorf MDR 1994, 1141).
2. Die Revision wäre im übrigen aber auch - unabhängig davon, ob sie mit dem Revisionsvorbringen überhaupt begründet werden konnte (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 329 StPO Rn. 48 mit weiteren Nachweisen) -, unbegründet gewesen. Das Revisionsvorbringen der Angeklagten lässt nämlich nicht erkennen, dass das Berufungsgericht der Begriff der "genügenden Entschuldigung" im Sinn des § 329 Abs. 1 StPO verkannt hat. Die Angeklagte hat selbst vorgetragen, dass sie die Ladung zum Hauptverhandlungstermin Anfang Mai 1998 erhalten, diese dann aber verlegt hat. Wenn sie deshalb nicht mehr sicher war, zu welcher Terminsstunde die Berufungshauptverhandlung gegen sie beginnen sollte, hätte sie sich danach beim Gericht und nicht bei einem der Zeugen erkundigen müssen. Der Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass die Erkundigung bei einem Zeugen und dessen falsche Angaben nicht ausreichen, das Fernbleiben eines Angeklagten in der Hauptverhandlung zu entschuldigen. Die Ladungsfrist war im übrigen vorliegend auch nicht derart lang, dass ggf. deshalb ein Vergessen des Termins entschuldigt wäre (vgl. dazu OLG Saarbrücken NStZ 1991, 147). Sie betrug nämlich gerade knapp zwei Monate.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. der Senat hat keinen Anlas gesehen, von der Möglichkeit des § 74 JGG Gebrauch zu machen.
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