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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 1356/98 OLG Hamm

Leitsatz: Allein das Einbehalten bzw. die Nichtrückgabe einer gemieteten Sache über die im Mietvertrag vereinbarte Zeit hinaus, begründet i.d.R. noch nicht die für die Bejahung einer Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB erforderliche Zueignung.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Unterschlagung durch Einbehalten der Mietsache. Nichtrückgabe der Mietsache, Zueignungsabsicht, Manifestation

Normen: StGB 246

Fundstelle: ZAP EN-Nr. 69/99; StraFo 1999, 65; wistra 1999, 112

Beschluss: Strafsache gegen S.M. wegen Unterschlagung

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 21. August 1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01.121998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:

I. Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Iserlohn wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Hiergegen hat er form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Diese hat er in der Berufungshauptverhandlung auf das Strafmaß beschränkt. Sein Rechtsmittel ist vom Landgericht im angefochtenen Urteil verworfen worden.

Dabei hat das Landgericht auf die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen, die wie folgt lauten:

"Nach wie vor war und ist der Angeklagte, der eigenen Angaben zufolge im homosexuellen Milieu verweilt und hier auch Probleme hat, hochgradig verschuldet. Nachdem er bereits zuvor in der Zeit vom 25. 08. 1997 bis zum 24. 09. 1997 einen Pkw Golf mit dem amtl. Kennzeichen HA-EE 384 bei der Firma R. in Hagen gemietet und auch bar bezahlt hatte, mietete er sodann am 26. 09. 1997 einen anderen Golf III mit dem amtlichen Kennzeichen HA-CM 915 an. Vereinbart war auch hier, dass der Pkw einen Monat später zurückgegeben werden sollte. Der Angeklagte zahlte die erforderliche Mietgebühr in Höhe von 555,00 DM bar an. Am 25. 10. 1997 gab der Angeklagte jedoch den Pkw nicht zurück, sondern behielt ihn im Besitz und fuhr weiter damit. Er wollte ihn zunächst für sich behalten und es dem Zufall überlassen, wann das Fahrzeug wieder an den Eigentümer zurückgegeben würde. Dazu hat er angegeben, dass er zu jener Zeit einen neuen Lebenspartner kennengelernt habe und vor diesem den dicken Mann habe markieren wollen. Nachdem die geschädigte Firma R. bzw. Euromobil in Hagen Anzeige erstattet hatte, konnte der Pkw am 27. 11. 1997 am Arbeitsplatz des Angeklagten, der Firma B., sichergestellt und dann dem Eigentümer zurückgegeben werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsablaufes wusste der Angeklagte, dass er nicht mehr berechtigt war, den Pkw weiter zu benutzen. Insgesamt fuhr der Angeklagte im Zeitraum bis zum Sicherstellungstag etwa 5.800 Kilometer."

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die materielle Rüge erhoben hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.

II. Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.

1. Die auf die erhobene Sachrüge hin von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung, ob die Strafkammer mit Recht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen ist, ergibt, dass die vom Landgericht in Bezug genommenen Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils nicht so vollständig, klar und widerspruchsfrei sind, dass sie eine ausreichende Grundlage für die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. BGHSt 27, 70, 72, siehe auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 318 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen). Vielmehr tragen die vom Landgericht in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung wegen einer Unterschlagung nach § 246 StPO nicht. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen.

Das Landgericht hat - ebenso wie das Amtsgericht - die Verwirklichung des Tatbestandes der Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StPO darin gesehen, dass der Angeklagte den von ihm angemieteten Pkw Golf III nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit am 25. Oktober 1997 nicht zurückgegeben, sondern diesen Pkw bis zu seiner Sicherstellung am 27. November 1997 weiter benutzt hat. Damit ist es offenbar davon ausgegangen, dass - allein - das Vorenthalten des Pkws die für die Erfüllung des Tatbestandes erforderliche Zueignung im Sinn des § 246 StGB darstellt.

Das ist indes rechtsfehlerhaft. Denn allein das Einbehalten bzw. die Nichtrückgabe einer gemieteten Sache über die im Mietvertrag vereinbarte Zeit hinaus begründet in der Regel noch nicht die für die Bejahung der Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StPO erforderliche Zueignung. Nach allgemeiner Meinung in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung kann nämlich das bloße Unterlassen der vertraglich geschuldeten Rückgabe noch nicht als Manifestation des Zueignungswillens angesehen werden (Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., § 246 Rn. 20; Tröndle, StGB, 48 Aufl., § 246 StGB Rn. 17; Schmidt MDR 1981, 806, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; vgl. auch OLG Koblenz StV 1984, 288). Die Verletzung der Rechtspflicht zur Rückgabe der Sache ist nämlich nicht gleichbedeutend mit deren Einverleibung in das eigene Vermögen. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass die Nichtherausgabe gerade Ausdruck der Zueignung ist (Schmidt MDR 1981, 807). Diese können z.B. darin gesehen werden, dass die Sache durch den Gebrauch erheblich an Wert verliert (vgl. u.a. BGHSt 34, 309; OLG Celle NJW 1974, 2326), wobei es nach Auffassung des Senats allerdings nur auf den durch den unberechtigten Weitergebrauch entstehenden Wertverlust ankommen kann. Auch ist die (Weiter-)Benutzung eines nur für wenige Tage gemieteten Autos weit über die Zeit hinaus und das anschließende Stehenlassen in weit entfernter Großstadt als Unterschlagung angesehen worden (KG VRS 37, 438). Die Betätigung des Zueignungswillens kann schließlich auch darin gesehen werden, dass der Standort der Sache gegenüber dem Eigentümer verheimlicht wird (Ruß, a.a.O., mit weiteren Nachweisen). Entscheidend für die sog. Manifestation des Zueignungswillen des Täters ist es demnach, dass der Täter ein Verhalten an den Tag legt, dass den sicheren Schluss zulässt, dass er den Gegenstand unter Ausschluss des Eigentümers seinem eigenen Vermögen endgültig einverleiben will, indem er z.B. die Sache vor dem Eigentümer verborgen hält oder aber auch den Besitz ableugnet (BGHSt 34, 309, 311 mit weiteren Nachweisen).

Ein solches Verhalten des Angeklagten lässt sich den bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Nach den tatsächlichen Feststellungen ist vielmehr davon auszugehen, dass der Angeklagte den gemieteten Pkw Golf lediglich zunächst für sich behalten und es nur dem Zufall überlassen wollte, wann er das Fahrzeug an den Eigentümer zurückgeben würde. Eine endgültige Enteignung kann darin nicht gesehen werden. Dafür spricht auch, dass der Angeklagte den Pkw von Anfang für einen Monat gemietet und den erforderlichen Mietzins in bar entrichtet hatte. Nach den Urteilsfeststellungen war dem Eigentümer zudem der Zugriff auf die Mietsache ohne weiteres möglich, da der Pkw offenbar ohne Schwierigkeiten am Arbeitsplatz des Angeklagten sichergestellt und sodann dem Eigentümer zurückgegeben werden konnte. Die Möglichkeit des Zugriffs war dem Eigentümer augenscheinlich auch nicht erschwert - insoweit fehlen allerdings Angaben dazu, wo die Firma, bei der der Angeklagte beschäftigt war, ihren Sitz hatte -, da der örtliche Verbleib des Fahrzeugs für den Vermieter ersichtlich ohne weiteres feststellbar war. Den getroffenen Feststellungen lässt sich schließlich auch nicht eindeutig entnehmen, ob und inwieweit gerade durch die Nutzung des Fahrzeugs über die vereinbarte Mietzeit hinaus der Pkw erheblich an Wert verloren hat. Insoweit wird nämlich nur die gesamte mit dem Pkw in der Zeit vom 26. September bis zum 27. November 1998 zurückgelegte Fahrstrecke von 5.800 km mitgeteilt, ohne diese auf den vertraglich vereinbarten Zeitraum und auf die darüber hinausgehende Nutzungszeit aufzuteilen. Damit muß derzeit zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen werden, dass der wesentlich größere Teil der mit dem Pkw zurückgelegten 5.800 km während der vertraglich vereinbarten Mietzeit zurückgelegt worden ist und somit durch die weitere - unberechtigte - Nutzung kein erheblicher Wertverlust eingetreten ist.

Nach allem war damit das angefochtene Urteil wegen lückenhafter tatsächlicher Feststellungen aufzuheben. Die Möglichkeit einer Berichtigung des Schuldspruchs dahin, dass der Angeklagte ggf. wegen eines bei Anmietung des Pkw Golfs begangenen Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB zu verurteilen wäre, bestand für den Senat nicht. Auch insoweit wären noch weitere tatsächliche Feststellungen in subjektiver Hinsicht erforderlich. Da der Angeklagte den Mietzins für einen Monat im Voraus entrichtet hatte und er zudem offenbar einer Arbeit nachging, lässt sich nämlich nicht ohne weiteres der Vorwurf des Betruges bei Anmietung des Fahrzeugs begründen. Insoweit müsste der Tatrichter schon feststellen, dass der Angeklagte von Anfang an vor hatte, den Pkw nach Ablauf der Mietzeit nicht zurückzugeben.

Da dem Senat insgesamt weitere Feststellungen möglich erscheinen, kam auch ein Freispruch des Angeklagten im Revisionsverfahren nicht in Betracht. Vielmehr war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückzuverweisen.

III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Tatrichter die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung erneut sorgfältig zu prüfen haben wird. Von besonderer Bedeutung dürfte dabei die seit Tatbegehung verstrichene Zeit und der Umstand sein, ob sich die Lebensverhältnisse des Angeklagten weiter, was bereits in der Vergangenheit zu erkennen war, konsolidiert haben, so dass möglicherweise trotz des erheblichen Bewährungsversagens ausnahmsweise doch eine nochmalige Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung in Betracht zu ziehen sein könnte.


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