Aktenzeichen: 2 BL 439/94 OLG Hamm
Senat: 2
Gegenstand: BL9
Stichworte: Abtrennung, Belastung, Einarbeitungszeit, EÖB, Terminierung, Verhinderung des SV, Zustellung, Zwischenverfahren
Normen: StPO 121, StPO 122
Beschluss: Strafsache gegen
1. K.H.
2. H.O.
3. K.B.
4. R.B.
5. W.S.
wegen Körperverletzung mit Todesfolge, (hier: erneute Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).
Auf die erneute Vorlage der Akten (vier Bände Doppelakte Nr. 7) zur Entscheidung nach den §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.11.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, der Angeklagten und ihrer Verteidiger beschlossen:
Die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird erneut dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.
Gründe:
Der Senat hat bereits im besonderen Haftprüfungsverfahren nach den §§ 121, 122 StPO durch Beschluss vom 19. Juli 1994 die Haftfortdauer angeordnet. Er hat dabei zu den allgemeinen Voraussetzungen der weiteren Untersuchungshaft ausgeführt, die fünf Beschuldigten, gegen die Haftbefehle wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Totschlags erlassen worden waren, seien dringend verdächtig, sich jedenfalls der gemeinschaftlichen Körperverletzung mit Todesfolge nach § 226 Abs. 1 StGB schuldig gemacht zu haben. Mit Anklageschrift vom 11. August 1994 hat die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen die jetzigen Angeklagten Anklage wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge vor dem Schwurgericht des Landgerichts Dortmund erhoben. Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat am 24. August 1994 die Zustellung der Anklageschrift angeordnet. Die Schwurgerichtskammer hat durch Beschluss vom 10. Oktober 1994 die Anklage zur Hauptverhandlung unverändert zugelassen, das Hauptverfahren vor sich eröffnet und die Fortdauer der Untersuchungshaft aus den Gründen der Anordnung beschlossen. Schließlich hat der (stellvertretende) Vorsitzende Termin zur Hauptverhandlung auf die Zeit vom 6. bis zum 20. Februar 1995 an insgesamt sieben Verhandlungstagen anberaumt und in einem Vermerk vom selben Tage dargelegt, dass die Hauptverhandlung mit voraussichtlich sieben Verhandlungstagen nach der Geschäftslage des Schwurgerichts nicht vor dem 12. Dezember 1994 beginnen könnte und weiter zu berücksichtigen gewesen sei, dass der Sachverständige Dr. med. P. ab 19. Dezember 1994 verhindert sei und die Sachverständige Dr. med. S. wegen einer länger geplanten und nicht mehr verschiebbaren Urlaubsreise im Monat Januar 1995 erst ab 6. Februar 1995 zur Verfügung stehe.
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, im Rahmen der nach § 122 Abs. 4 StPO erforderlichen Wiederholungsprüfung die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft erneut anzuordnen, ist zu entsprechen.
Die allgemeinen Voraussetzungen der weiteren Untersuchungshaft liegen auch derzeit noch vor. Am dringenden Tatverdacht hat sich seit dem Senatsbeschluss vom 19. Juli 1994 nichts geändert. Die Erwägungen zum Haftgrund der Fluchtgefahr treffen trotz der seit dem 19. Juli 1994 verstrichenen Zeit noch weiter zu. Das gilt auch für den an der Bedeutung der Sache und der Straferwartung zu messenden allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Schließlich liegen auch die besonderen Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 121 Abs. 1 StPO vor, obwohl diese mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft immer enger auszulegen ist. Auch seit dem Senatsbeschluss vom 19. Juli 1994 konnte aus verfahrensbedingt wichtigen Gründen ein Urteil noch nicht ergehen. Die dafür erforderliche Anklageerhebung ist nach Abschluß der auf psychiatrischem Gebiet liegenden Ermittlungen zügig erfolgt. Unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungspflichten und der erforderlichen Bearbeitungszeit, die den Mitgliedern der Schwurgerichtskammer einzuräumen ist, ist das Zwischenverfahren mit einem vertretbaren Zeitaufwand durch den Eröffnungsbeschluß vom 10. Oktober 1994 abgeschlossen worden. Der Umstand, dass eine Hauptverhandlung nach der Geschäftslage der Schwurgerichtskammer erst rund zwei Monate danach ab 12. Dezember 1994 möglich gewesen wäre, ist noch als eine Folge durchschnittlicher Belastung einer Schwurgerichtskammern zu bewerten, zumal nicht beliebig viele Schwurgerichtskammer nebeneinander eingerichtet werden dürfen. Eine zeitlich weiträumigere Terminsplanung ist bei einem Schwurgerichtsverfahren, das sich gegen fünf Angeklagte richtet, voraussichtlich sieben Verhandlungstage erfordern wird und in dem mehrere Sachverständige vernommen und anwesend sein müssen, systemimmanent. Der Umstand, dass bis jetzt im Zeitpunkt der Wiederholungsprüfung ein Urteil noch nicht vorliegt, nötigt deswegen zu einer Aufhebung der Haftbefehle aus dem Gesichtspunkt des besonderen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes des § 121 Abs. 1 StPO nicht. Auch der weitere Umstand, dass die Hauptverhandlung erst ab Anfang Februar 1995 terminiert ist, nötigt dazu ebenfalls nicht, weil die dargestellte Verhinderung der zwei Sachverständigen keine andere Wahl ließ, wenn man eine Abtrennung der Verfahren gegen die Angeklagten B. und S. außer, Betracht lässt. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 19. Juli 1994 (Seite 7) eine Aufspaltung in getrennte Verfahren gegen jeden der fünf Beschuldigten als prozeßökonomisch unhaltbar ausgeschlossen. Diese Erwägung steht auch der vorstehend erörterten Abtrennung gewichtig entgegen.
Mit der Übertragung der Haftprüfung für die nächsten drei Monate hat der Senat erneut von dem ihm in § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.
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