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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 BL 240/94 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: BL6

Stichworte: Aufhebung, Belastungsanzeige, Erkrankung des Vorsitzenden, keine Kompensation, Vertreter, Vertretung, Umterminierung, Verhältnismäßigkeit

Normen: StPO 121, StPO 122


Beschluss: Strafsache gegen C.W. wegen Diebstahls u.a., (hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung nach §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01.07.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und der Verteidigerin beschlossen:

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund (79 Gs 4077/93) vom 29. Dezember 1993 wird aufgehoben.

Gründe:
Dem Angeklagten, der sich in vorliegender Sache seit dem 29. Dezember 1993 ununterbrochen in Untersuchungshaft befindet, wird mit dem Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund (79 Gs 4077/93) vom selben Tage zur Last gelegt, am 27. und 28. Dezember 1993 in Drewelow, Dortmund und an anderen Orten einen Diebstahl, eine Trunkenheit im Verkehr und ein Fahren ohne Fahrerlaubnis begangen zu haben. Er soll am 27. Dezember 1993 gegen 3.00 Uhr auf der Dorfstraße in Drewelow den dort vor dem Haus Nr. 74 geparkten Pkw Ford Granada, amtliches Kennzeichen K - AE 1881, des Herrn H.G. entwendet haben, indem er den unverschlossenen Pkw mit einem im Zündschloß steckenden Schlüssel gestartet haben und mit dem Fahrzeug davongefahren sein soll. Anschließend soll er mit diesem Fahrzeug über Oranienburg nach Dortmund gefahren sein, obwohl er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sein soll. Ein am 28. Dezember 1993 gegen 2.15 Uhr durchgeführter Alkoholtest soll eine Blutalkoholkonzentration von 1,83 o/oo ergeben haben. Vor der Kriminalpolizei am 28. Dezember 1993, und vor dem Haftrichter des Amtsgerichts Dortmund am 29. Dezember 1993 räumte der Angeklagte die ihm im Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 29. Dezember 1993 zur Last gelegte Tat ein.

Unter dem 14. Januar 1994 erhob die Staatsanwaltschaft Dortmund wegen der im Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 29. Dezember 1993 umschriebenen Tatvorwürfe Anklage vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Dortmund. Die Gerichtsakten mit der Anklageschrift gingen am 19. Januar 1994 beim Amtsgericht Dortmund ein. Noch am selben Tage veranlaßte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Zustellung der Anklageschrift (§ 201 StPO). Die Zustellung an die Verteidigerin erfolgte am 24. Januar 1994, die Zustellung an den Angeklagten am 25. Januar 1994. Am 20. Februar 1994 wurde das Hauptverfahren vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Dortmund eröffnet; gleichzeitig wurden die Strafverfahren 64 Ls 55 Js 1348/93 - 163/93 und 64 Ls 55 Js 1096/93 - 11/93 - Amtsgericht Dortmund verbunden. In diesen Verfahren werden dem Angeklagten mehrere Vergehen des Diebstahls, des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, der Straßenverkehrsgefährdung, der Trunkenheit im Verkehr und des unerlaubten Entfernens vom Unfallort zur Last gelegt. Ausweislich der zugrundeliegenden Anklageschriften der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 6. Dezember 1993 und vom 21. Juli 1993 ist der Angeklagte auch hinsichtlich dieser Tatvorwürfe in vollem Umfang geständig. Am Tag der Eröffnung des Hauptverfahrens beraumte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Hauptverhandlung auf den 19. April 1994 an; er sah dabei - offenbar im Hinblick auf die geständige Einlassung des Angeklagten in allen drei Strafverfahren - von der Ladung von Zeugen ab. Am 13. April 1994 wurde die Hauptverhandlung vom 19. April 1994 "wegen Erkrankung des Dezernenten" aufgehoben. Wer diese Terminsaufhebung (Bl. 86 GA) vorgenommen hat, lässt sich der Verfügung nicht abschließend entnehmen, weil sie lediglich mit einer unleserlichen Paraphe unterzeichnet worden ist. Ein Vergleich des Schriftbildes der Verfügung vom 13. April 1994 mit anderen in der Gerichtsakte befindlichen Vermerken spricht dafür, dass die Terminsaufhebung vom Geschäftsstellenbeamten vorgenommen worden ist. Am 2. Mai 1994 beraumte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Hauptverhandlung auf den 9. August 1994 an; dieser Termin war vom Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts fernmündlich mit der Kanzlei der Verteidigerin abgestimmt worden (vgl. Bl. 88, 89 GA). Unter dem 5. Mai 1994 legte der Angeklagte durch seine Verteidigerin Haftbeschwerde ein, die er u.a. damit begründete, dass die auf den 9. August 1994 terminierte Hauptverhandlung mehr als sieben Monate nach Beginn der Untersuchungshaft stattfände. Nach Eingang der Haftbeschwerde legte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts am 11. Mai 1994 einen Vermerk (Bl. 92 R GA) nieder, in dem es u.a. heißt:

"Eine frühere Terminierung ist angesichts der Belastung nicht möglich, in der Abt. 64 wird zur Zeit der Aug. 1994 terminiert. Überlastungsanzeige ist gestellt, jedoch unentschieden. Die Terminierung setzt im Übrigen voraus, dass der Gesundheitszustand des Dezernenten die Wahrnehmung der Termine zuläßt."

Durch Beschluss vom 20. Mai 1994 verwarf die I. Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Dortmund (14 (I) Qs 13/94) die Haftbeschwerde des Angeklagten. In den Beschlußgründen führte die Beschwerdekammer aus, es komme für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Beschwerdekammer an, nicht auf den Zeitpunkt der anberaumten Hauptverhandlung. Die Beschlußgründe enden mit folgendem Satz:

"Hier wird das Präsidium des Amtsgerichts organisatorische Maßnahmen treffen müssen, welche eine frühere Terminierung dieser eiligen Haftsache ermöglichen."

Am 31. Mai 1994 nahm der Präsident des Amtsgerichts Dortmund Kenntnis von der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Dortmund vom 20. Mai 1994 (Bl. 103 GA). Ebenfalls am 31. Mai 1994 nahm der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts eine Umterminierung zweier Strafsachen vor, die dazu führte, dass die Hauptverhandlung in vorliegender Strafsache nunmehr auf den 26. Juli 1994 anberaumt ist. Bereits vorher hatte der Dezernent der Staatsanwaltschaft wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Terminierung der Hauptverhandlung auf den 9. August 1994 unvertretbar sei (vgl. Bl. 93 R, 102 GA). Unter dem 8. Juni 1994 bat der Dezernent der Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden des Schöffengerichts "unverzüglich um Darlegung, warum diese Haftsache nicht anderen Verfahren vorgezogen wird" (B1- 107 a GA). Diese Anfrage der Staatsanwaltschaft ging am 9. Juni 1994 beim Amtsgericht Dortmund ein. Ebenfalls am 9. Juni 1994 ordnete der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Fortdauer der Untersuchungshaft an und übersandte die Akten über die Staatsanwaltschaft Dortmund an das Oberlandesgericht zur Haftprüfung gem. § 121 StPO. Auf das Anschreiben der Staatsanwaltschaft vom 8. Juni 1994 ging der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts nicht ein.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus anzuordnen. Sie ist der Auffassung, dass die besonderen Voraussetzungen des § 121 StPO vorlägen. Das Verfahren sei mit der gebotenen Beschleunigung gefördert worden. Vermeidbare Verzögerungen seien nicht erkennbar. Dem Vermerk des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts vom 11. Mai 1994 sei zu entnehmen, dass wegen Überlastung des Jugendschöffengerichts eine frühere Terminierung nicht möglich sei. Es lägen danach wichtige Gründe vor, die ein Urteil bisher nicht zugelassen hätten.

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 29. Dezember 1993 war aufzuheben.
Aufgrund seiner Geständnisse vor der Kriminalpolizei und vor dem Haftrichter ist der Angeklagte der ihm im Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 29. Dezember 1993 zur Last gelegten Straftaten dringend verdächtig. Soweit der Angeklagte in der Haftbeschwerde vom 18. Februar 1994 bestritten hat, am 28. Dezember 1993 in Dortmund eine Trunkenheit im Verkehr begangen zu haben, ergibt sich der dringende Tatverdacht (auch) aus den Angaben des Zeugen Polizeiobermeister K. Auch der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ist nach Einschätzung des Senats zweifellos gegeben.

Es liegt jedoch kein wichtiger Grund i.S.d. § 121 Abs. 1 StPO vor, der ein Urteil bisher nicht zugelassen hätte. Nach dieser Vorschrift darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besonderen Schwierigkeiten oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Die Ermittlungen waren weder besonders schwierig noch besonders umfangreich, was schon daraus erhellt, dass die Staatsanwaltschaft bereits 17 Tage nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens Anklage erhoben hat. Auch ein "anderer wichtiger Grund" i.S.d. § 121 Abs. 1 StPO, der ausnahmsweise die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Vielmehr hat das Amtsgericht Dortmund die vorliegende Haftsache verzögerlich bearbeitet, so dass bisher ein Urteil noch nicht ergangen ist.

1. Die (ursprüngliche) Terminierung der Hauptverhandlung auf den 19. April 1994 war unter Beachtung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebotes (gerade noch) hinnehmbar, obwohl zwischen Terminierung und vorgesehener Hauptverhandlung ein Zeitraum von immerhin zwei Monaten lag.

2. Dagegen verstoßen die Umstände, die zur Aufhebung der Hauptverhandlung vom 19. April 1994 geführt haben, gegen das in Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot. Die krankheitsbedingte zeitweise Abwesenheit des Vorsitzenden des Jugendschöffenuerichts stand - auch ohne besondere organisatorische Maßnahmen - einer weiteren Bearbeitung des gegen den Angeklagten geführten Strafverfahrens nicht entgegen. Gerade für diesen Fall ist durch die Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan Vorsorge getroffen und daher die weitere Sachbehandlung möglich und gewährleistet (vgl. hierzu BVerfG StV 1993, 481 f.). Die auf den 19. April 1994 anberaumte Hauptverhandlung hätte also unter Mitwirkung des im Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Dortmund vorgesehenen Vertreters des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts durchaus durchgeführt werden können, zumal im Hinblick auf die geständige Einlassung des Angeklagten - auch in den beiden verbundenen Strafverfahren - keine umfangreiche Beweisaufnahme zu erwarten war. Es wäre lediglich noch - im Hinblick auf die Ausführungen in der Haftbeschwerde vom 18. Februar 1994 - die Vernehmung des Polizeibeamten K. als Zeuge in Betracht gekommen. Das Amtsgericht Dortmund scheint sich jedoch im Zusammenhang mit der Aufhebung der Hauptverhandlung vom 19. April 1994 der Möglichkeit, auf den im Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Vertreter des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts zurückzugreifen, überhaupt nicht bewusst gewesen zu sein. Nachdem der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts erkrankt war, sind die Akten seinem Vertreter offenbar überhaupt nicht vorgelegt worden. Es kann aber nicht hingenommen werden, dass die Geschäftsstelle eines Gerichts - dazu noch in einer Haftsache - über die Aufhebung einer terminierten Hauptverhandlung entscheidet. Selbst wenn - was allerdings aus der Verfügung vom 13. April 1994 (Bl. 86 GA) nicht erkennbar ist die Aufhebung der Hauptverhandlung vom 19. April 1994 auf Anordnung des erkrankten Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts erfolgt sein sollte, so bleibt jedenfalls zu beanstanden, dass nicht bereits am 13. April 1994 eine neue Hauptverhandlung anberaumt worden ist. Die Akten hätten also in jedem Fall dem im Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Dortmund vorgesehenen Vertreter des erkrankten Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts vorgelegt werden müssen, was unterblieben ist.

3. Nachdem die auf den 10. April 1994 terminierte Hauptverhandlung - aus zweifelhaften Gründen - nicht durchgeführt worden ist, hat der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts erst am 3. Mai 1994 eine neue Hauptverhandlung anberaumt. Warum zwischen der Aufhebung der Hauptverhandlung vom 19. April 1994, die am 13. April 1994 erfolgt ist, und der erneuten Anberaumung einer Hauptverhandlung drei Wochen verstrichen sind, lässt sich anhand der Gerichtsakten nicht nachvollziehen, zumal der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Akten bereits am 20. April 1994 wieder bearbeitet hat (zu vgl. Bl. 87 GA).

4. Die am 2. Mai 1994 vom Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts vorgenommene Anberaumung der Hauptverhandlung auf den 9. August 1994 ist mit dem zu beachtenden Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht zu vereinbaren, worauf die Staatsanwaltschaft Dortmund zutreffend und wiederholt hingewiesen hat. Hieran vermag auch die am 31. Mai 1994 vorgenommene Umterminierung der Hauptverhandlung auf den 26. Juli 1994 nichts entscheidendes zu ändern. Entsprechend dem Vermerk des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts vom 11. Mai 1994 (Bl. 92 R GA) ist zwar davon auszugehen, dass die Monate Mai und Juni 1994 in der zuständigen Jugendschöffengerichtsabteilung bereits vollständig terminiert waren, als die neue Hauptverhandlung anberaumt wurde. Dies besagt jedoch nichts. Haftsachen haben Vorrang vor anderen Strafsachen. Als der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts am 2. Mai 1994 - verspätet - die neue Hauptverhandlung terminierte, hätte er eine andere Strafsache, die für den Monat Mai, spätestens jedoch für den Monat Juni 1994 terminiert war, aufheben müssen. Er hätte dann die vorliegende Haftsache auf den freigewordenen Termin anberaumen können. Der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts führt in seinem Vermerk vom 11. Mai 1994 nicht aus, dass bis zum Ablauf der Frist des § 121 Abs. 1 StPO (29. Juni 1994) ausschließlich Haftsachen in seinem Dezernat terminiert worden seien. Hierfür gibt es auch sonst keine Anhaltspunkte. Dem Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts wäre es somit selbst am 2. Mai 1994 noch durchaus möglich gewesen, die Hauptverhandlung vor Ablauf der Frist des § 121 Abs. 1 StPO durchzuführen. Das in einer Haftsache zu beachtende Beschleunigungsgebot hätte den Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts veranlassen müssen, so zu verfahren. Die am 31. Mai 1994 vorgenommene Umterminierung der Hauptverhandlung auf den 26. Juli 1994 ist auch schon deshalb für die Prüfung des Senats unbeachtlich, weil zu diesem Zeitpunkt die Frist des § 121 Abs. 1 bereits vier Wochen abgelaufen sein wird.

5. Soweit der Vorsitzende des Jugendschöffengerictits in seinem Vermerk vom 11. Mai 1994 ausgeführt hat, er habe eine "Überlastungsanzeige gestellt,', ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltung des Amtsgerichts Dortmund offenbar insoweit nichts veranlaßt hat, obwohl sie am 31. Mai 1994 von dem Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 20. Mai 1994 Kenntnis genommen hat, in dem bereits darauf hingewiesen worden ist, dass das Präsidium des Amtsgerichts organisatorische Maßnahmen treffen müsse, die eine frühere Terminierung "dieser eiligen Haftsache" ermöglichen. Ob es sich bei der vom Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts bei der Verwaltung des Amtsgerichts Dortmund angezeigten Überlastung lediglich um eine kurzfristige, nicht vorhersehbare Überlastung handelt oder nicht, vermag der Senat anhand der Akten nicht zu beurteilen. Hierauf kommt es aber für die Entscheidung des Senats nicht mehr an, weil bereits die oben dargestellten Umstände eindeutig gegen die Annahme eines wichtigen Grundes i.S.d. § 121 StPO sprechen.

6. Die verzögerliche Bearbeitung der vorliegenden Haftsache durch das Jugendschöffengericht ist als so erheblich anzusehen, dass die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus nicht gerechtfertigt ist. Sie wird auch nicht durch die sehr zügige Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Dortmund kompensiert. Unabhängig von der zu erwartenden Strafe setzt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer Grenzen. Dem trägt die Vorschrift des § 121 Abs. 1 StPO Rechnung. Sie lässt nur im begrenzten Umfang Ausnahmen zu und ist eng auszulegen (BVerfG NJW 91, 689). Wird durch verzögerliche Bearbeitung der Strafbehörden ein Urteil verhindert, so darf grundsätzlich die Untersuchungshaft nicht über sechs Monate hinaus aufrechterhalten bleiben. Im vorliegenden Fall ist keine Ausnahme ersichtlich.


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