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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 BL 534/94 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: BL6

Stichworte: § 112 Abs. 3 StPO, Abgrenzung Mord/Totschlag, Ermittlungsverfahren, Gutachten, weitere Ermittlungen, Sachverständigengutachten

Normen: StPO 121, StPO 122


Beschluss: Ermittlungssache gegen H.H. wegen Mordes,
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die Vorlage der (Dritt-)Akten zur Entscheidung nach §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13.01.1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Beschuldigten und des Verteidigers beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
Dem Beschuldigten, der sich seit dem 28. Juni 1994 in Untersuchungshaft befindet, wird mit Haftbefehl des Amtsgerichts Schwelm vom selben Tage (54 Gs 245/94) zur Last gelegt, am 27. Juni 1994 gegen 15.00 Uhr-Gevelsberg aus niedrigen Beweggründen seine von ihm getrennt lebende Ehefrau D.H. im Haus der Schwiegereltern durch mehrere Stiche mit einem Fleischmesser vorsätzlich getötet zu haben, weil er glaubte, deren Scheidungsabsichten nicht verwinden zu können. Des weiteren soll er seinem Schwiegervater H.W., der seiner Tochter zur Hilfe geeilt war, zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz zwei tiefreichende Messerstiche in die Brust versetzt haben, wodurch dieser lebensgefährlich verletzt wurde.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hat die Staatsanwaltschaft Hagen am 3. August 1994 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten in Auftrag gegeben, das nach Beiziehung weiterer Krankenunterlagen und Durchführung ergänzender Untersuchungen am 11. Dezember 1994 erstellt wurde. Nach dem Ergebnis des schriftlichen Gutachtens, das 187 Seiten umfaßt, ist nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte bei Begehung der ihm vorgeworfenen Taten unter konstellativem Alkoholeinfluß in seinem Persönlichkeitsgefüge so erschüttert war, dass er sich im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit befand. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Hagen vom 16. Dezember 1994 wird derzeit die Anklageschrift erstellt.
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen, ist zu entsprechen.

Die allgemeinen Voraussetzungen der weiteren Untersuchungshaft (§ 120 Abs. 1 StPO) liegen vor.

Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Handlungen dringend verdächtig, wobei der Senat allerdings offenläßt, ob der Beschuldigte die vorgeworfenen Tötungsdelikte aus niedrigen Beweggründen heraus beging. Im Rahmen des vom Sachverständigen geführten Explorationsgesprächs hat sich der Beschuldigte erstmals zu den Vorwürfen geäußert und unter Aussparung des Kerngeschehens die Abläufe unmittelbar davor und danach geschildert. Im übrigen wird er durch die Aussagen der Zeugen H. und S.W. sowie der Zeugin H.S. Stute belastet.

Bei ihm besteht auch weiterhin der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO. Es ist nicht auszuschließen, dass sich der zu unbedachten Reaktionen neigende Beschuldigte, der nur über geringe soziale Bindungen verfügt, im Falle seiner Freilassung angesichts der ihm drohenden langjährigen Freiheitsstrafe absetzt, um sich dem Verfahren zu entziehen. Die alsbaldige Ahndung der Taten wäre somit ohne die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft gefährdet, weshalb auch eine Haftverschonung in entsprechender Anwendung des § 116 Abs. 1 StPO nicht in Betracht kommt.

Die weitere Untersuchungshaft steht auch zur Bedeutung des Tatvorwurfs und der im Verurteilungsfalle zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis.

Schließlich hat der besondere Umfang der Ermittlungen ein Urteil bislang nicht zugelassen; er rechtfertigt aber, die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus aufrechtzuerhalten (§ 121 Abs. 1 StPO). Zur Erstellung des bereits fünf Wochen nach den dem Beschuldigten vorgeworfenen Taten in Auftrag gegebenen psychiatrischen Sachverständigengutachtens bedurfte es der Beiziehung ergänzender Unterlagen und der Durchführung von Zusatzuntersuchungen. Darüber hinaus mußte sich das Gutachten im Hinblick auf die Motivlage auf dem Hintergrund zahlreicher Zeugenaussagen bis ins einzelne gehend mit dem Vorleben des Beschuldigten auseinandersetzen und war damit sehr zeitaufwendig, was auch in der Länge des Gutachtens zum Ausdruck kommt. Die hierdurch entstandene Verzögerung ist als verfahrensbedingt anzusehen und vom Beschuldigten hinzunehmen.
Mit der Übertragung der zwischenzeitlichen Haftprüfung hat der Senat von dem ihm in § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.


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