Aktenzeichen: 4 Ss 692/94 OLG Hamm
Senat: 4
Gegenstand: Revision
Stichworte: Diebstahl, Fortsetzungszusammenhang, Warenautomat, Leistungsautomat
Normen: StGB 242, StGB 243, StGB 265 a
Beschluss: Strafsache gegen Z.A. wegen Diebstahls.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der IV. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 7. März 1994 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.06.1994 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Berufung des durch Urteil des Amtsgerichts Rheine vom 4. November 1993 wegen fortgesetzten Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer - zur Bewährung ausgesetzten - Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilten Angeklagten verworfen.
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte am 23. August 1992 gegen 14.00 Uhr an dem am Hause Grevener Damm 163 in Emsdetten befindlichen Zigarettenautomaten des Zeugen R. sechs Schachteln Zigaretten gezogen, wobei er jedoch kein deutsches Geld, sondern präparierte polnische Zloty-Münzen benutzte.
Am 24. August 1992 gegen 22.25 Uhr zog der Angeklagte erneut mehrfach Zigaretten aus dem vorgenannten Automaten. Bei der alsbald nach diesem Vorfall erfolgten Überprüfung des Zigarettenautomaten wurde festgestellt, dass in dessen Geldbehältnis zu oberst 30 präparierte Zloty-Münzen lagen. Als die Polizei nach erfolgter Halterfeststellung den Pkw des Angeklagten überprüfte, wurden in einer Sporttasche unter dem Fahrersitz 84 Schachteln Zigaretten der Marke "Marlboro gefunden. Aus dem Zigarettenautomaten des Zeugen R. waren an beiden Tattagen insgesamt Zigaretten im Werte von 55 DM entwendet worden.
Die Einlassung des den Tatvorwurf bestreitenden Angeklagten, die bei ihm gefundenen Zigaretten am Vormittag des 24. August 1992 von einem unbekannten Türken in der Fußgängerzone von Meppen für 200 DM gekauft zu haben, hat die Strafkammer nach eingehender Beweiswürdigung für widerlegt angesehen.
Aufgrund der getroffenen Feststellungen hat die Strafkammer den Angeklagten des - fortgesetzten - Diebstahls gem. §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB für schuldig erachtet, wobei sie die Annahme des Fortsetzungszusammenhanges nicht näher begründet hat und im Hinblick auf den Gesamtschaden von 55 DM davon ausgegangen ist, dass nicht lediglich ein - die Annahme eines erschwerten Falles ausschließender - Diebstahl geringwertiger Sachen vorliegt.
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
Die Strafkammer ist zwar rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. Insoweit hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dies gilt - entgegen der Auffassung der Revision - auch für die rechtliche Beurteilung der Tat als Diebstahl i.S.v. § 242 StGB. Bei dem Zigarettenautomaten handelt es sich um einen Warenautomaten, auf den nach herrschender und zutreffender Meinung die für Leistungsautomaten geltende Bestimmung des § 265 a StGB keine Anwendung findet und bei dem Manipulationen als Diebstahl gem. § 242 zu werten sind (vgl. Schönke/Schröder-Lenckner, 24. Aufl., Rn. 4 zu § 265 a m.w.N.; OLG Koblenz NJW 1984, 2425; anderer Ansicht Dreher/Tröndle, 46. Aufl., Rn. 1 a zu § 265 a StGB).
Das angefochtene Urteil kann jedoch deshalb keinen Bestand haben, weil die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen einer fortgesetzten Tat nicht tragen. Die Strafkammer hat diese Annahme nicht näher begründet. Die Voraussetzungen für einen Fortsetzungszusammenhang ergeben sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der getroffenen Feststellungen. Insbesondere ist diesen nicht zu entnehmen, dass sich der Angeklagte zu den einzelnen Teilakten seiner Tat so rechtzeitig entschlossen hat, dass dies die Annahme eines Gesamtvorsatzes, was schon nach bisheriger Rechtsauffassung immer der näheren Feststellung und Begründung bedurfte, rechtfertigen könnte.
Im übrigen erscheint es unter Zugrundelegung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den engen Voraussetzungen, unter denen die Annahme einer fortgesetzten Handlung möglich bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 1994 - GSSt 2 u. 3/93 - DRiZ 94, 214) ohnehin zweifelhaft, ob sich die Annahme einer Fortsetzungstat bei den hier abzuurteilenden Diebstahlsdelikten überhaupt rechtfertigen lässt.
Durch die Annahme einer fortgesetzten Handlung kann der Angeklagte im vorliegenden Fall auch beschwert sein. Angesichts einer Gesamtbeute im Werte von nur 55 DM liegt es nahe, dass es sich in jedem der zugrundeliegenden Einzelfälle jeweils nur um einen Diebstahl geringwertiger Sachen gehandelt hat, was gem. § 243 Abs. 2 StGB die Annahme eines schweren Falles i.S. des sonst verwirklichten - § 243 Abs. 1 Ziff. 2 StGB ausschließen würde. Bei Wegfall einer Fortsetzungstat müsste es darüber hinaus im Hinblick auf die in der Anklage vom 8. Januar 1993 enthaltenen, der Verurteilung aber nicht zugrundegelegten weiteren Teilakte zu einem Teilfreispruch kommen.
Nach allem konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückzuverweisen.
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