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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 506/94 OLG Hamm

Leitsatz: Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge, mit der geltend gemacth wird, dem Angeklagten sei das letzte Wort nicht erteilt worden.
Keine Erstreckung der Aufhebung des Urteils auf einen Mitangeklagten bei erfolgreicher Verfahrensrüge .

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Nichterteilung des letzten Worte, Ausreichende Begründung der Verfahrensrüge, Erstreckung der Aufhebung auf Mitangeklagten, formelle Rüge

Normen: StPO 258, StPO 333, StPO 357

Beschluss: Strafsache gegen H. u.a., hier: M.N. wegen versuchten Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten N. gegen das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Schwelm vom 15. Januar 1993 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03.04.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schwelm - Strafrichter - zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht - Strafrichter - Schwelm hat den Revisionsführer am 15. Januar 1993 "wegen gemeinschaftlichen versuchten schweren Diebstahls" (gemeint ist offenbar: wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 55 DM verurteilt; der frühere Mitangeklagte H. ist "wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls" zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 80 DM verurteilt worden. Die Revision des früheren Mitangeklagten H. ist durch Beschluss des Amtsgericht Schwelm vom 3. August 1993 gem. § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden; das Urteil des Amtsgerichts Schwelm vom 15. Januar 1993 ist hinsichtlich des früheren Mitangeklagten H. rechtskräftig.

Die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Sprungrevision (§ 335 Abs. 1 StPO) des Angeklagten N., die in zulässiger Weise die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schwelm - Strafrichter -.

Die in zulässiger Weise erhobene formelle Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2, 2. Halbsatz, Abs. 3 StPO ist begründet. Der Strafrichter hat es unterlassen, dem Revisionsführer in der Hauptverhandlung das letzte Wort zu gewähren.
Die knappe Mitteilung der Tatsache, dass dem Revisionsführer nicht das letzte Wort gewährt worden sei, genügt im vorliegenden Fall bereits den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. BGHSt. 21, 288 ff. m.w.N.). Hiernach braucht die Revision nicht anzugeben, was der Revisionsführer vorgebracht hätte, wenn ihm das letzte Wort erteilt worden wäre. Die Zulässigkeit der Revision wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Revision keine Angaben über den Gang der Hauptverhandlung mitteilt. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass der Revisionsführer durch die Angabe, ihm sei "das letzte Wort" nicht gewährt worden, damit zum Ausdruck bringt, er habe nach Schluss der Beweisaufnahme und vor der Urteilsverkündung keine Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gehabt. Die bloße Mitteilung des Umstandes, dass dem Revisionsführer das letzte Wort nicht erteilt worden ist, wird deshalb den Anforderungen an die Ausführungen dieser formellen Rüge noch gerecht (vgl. KK-Pikart, 3. Aufl. 1993, § 344 StPO, Anm. 43).

Der Nachweis des behaupteten Verfahrensverstoßes wird mit dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 15. Januar 1993 geführt. Danach ist dem Revisionsführer nach den Schlußvorträgen des Vertreters der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers das letzte Wort nicht erteilt worden. Wegen der ausschließlichen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls bezüglich der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten (§ 274 StPO) kommt es auf die Beweisantritte der Revision (Zeugnis des früheren Mitangeklagten H. und des Verteidigers) nicht an.

Das angefochtene Urteil beruht auf dem gerügten Verfahrensverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Revisionsführer hat die ihm zur Last gelegte Tat in der Hauptverhandlung bestritten. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn dem Revisionsführer das letzte Wort gewährt worden wäre.
Ohne dass es - hinsichtlich des Revisionsführers - auf die Sachrüge noch ankam, waren deshalb das angefochtene Urteil gem. § 353 StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der vorliegende Fall nötigt nicht zur Revisionserstreckung auf den früheren Mitangeklagten Hackbarth (vgl. § 357 StPO). Die Verletzung formellen Rechts ist für die Anwendung des § 357 StPO ohne Bedeutung (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 85, 125 f.). Die vom Revisionsführer in zulässiger Weise erhobene Sachrüge hätte keinen Erfolg gehabt. Es sind auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Verfahrenshindernissen erkennbar. Für eine Revisionserstreckung auf den früheren Mitangeklagten H. ist deshalb kein Raum.

Der neue Tatrichter hat auch über die Kosten der Revision zu befinden, weil der Erfolg des Rechtsmittels i.S.d. § 473 StPO bisher noch nicht feststeht.


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