Aktenzeichen: 2 Ss 1061/93 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Einstellung des Verfahrens in der Revisionsinstanz
Gegenstand: Revision
Stichworte: Einstellung in Revision, geringe Schuld
Normen: JGG 47, StPO 153
Beschluss: Strafsache gegen L.W. wegen Verdachts des unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Dortmund vom 14. Mai 1993 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.03.1994 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das Verfahren wird gem. § 47 Abs. 1 Nr. 1 JGG auf Kosten der Staatskasse eingestellt, die auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat.
Gründe:
Das Amtsgericht - Jugendgericht - Dortmund hat den Angeklagten im Urteil vom 14. Mai 1993 des unerlaubten Entfernens vom Unfallort schuldig befunden und mit einer Verwarnung belegt. Der Jugendrichter hat festgestellt, der Angeklagte habe am Abend des 25. Oktober 1992 am Steuer des Pkw seines Vaters in die Ausfahrt des Parkplatzes am Hauptbahnhof in Dortmund zurückgesetzt; dabei habe er die geschlossene Aluminiumschranke übersehen. Es sei "wahrscheinlich, dass der Angeklagte beim Zurücksetzen mit der abgeschrägten Heckscheibe gegen die Aluminiumschranke stieß und beim weiteren Zurücksetzen diese Aluminiumschranke aus der Verankerung löste, so dass sie wahrscheinlich auf dem Wasserfilm des regennassen Autos auf dem Kofferraum entlangrutschte und zu Boden fiel". Beim weiteren Zurücksetzen sei der Angeklagte mit einem oder beiden Reifen der Hinterachse über die gelöste und auf den Boden gefallene Aluminiumschranke gefahren (UA 2). Aufgrund seiner (bestreitenden) Einlassung und "der mit Überzeugungskraft vorgetragenen Bekundungen des Zeugen Köhler" sei das Gericht davon überzeugt, "dass der Angeklagte sehr wohl die Umstände eines Unfalles wahrgenommen und erkannt hat" (UA 3). Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht.
Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens gem. § 47 Abs. 1 Nr. 1 JGG, weil die Schuld des Angeklagten allenfalls gering wäre und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht besteht (vgl. § 153 StPO).
Die Gründe des angefochtenen Urteils tragen den Schuldspruch nicht, weil es schon an sicheren Feststellungen zu einem Unfallgeschehen im Straßenverkehr, bei dem ein nicht völlig belangloser Schaden entstanden ist, fehlt. Um so weniger kann die zugrundeliegende Beweiswürdigung, insbesondere auch zum subjektiven Tatbestand überzeugen.
Der Akteninhalt lässt es als zweifelhaft erscheinen, dass der vom Jugendrichter angenommene Sachverhalt in einer erneuten Hauptverhandlung bewiesen werden könnte. Der Angeklagte bestreitet die erhobenen Vorwürfe und lässt sich dahin ein, er habe ein schepperndes Geräusch gehört; dieses habe er darauf zurückgeführt, dass er bei Nachsicht unter seinem Fahrzeug eine Metallatte vorgefunden habe, die er für Baumaterial gehalten habe. Demgegenüber hat der Zeuge K. im Ermittlungsverfahren zwar bekundet, er habe "genau gesehen", dass der Angeklagte "beim Zurücksetzen die Ausfahrtsschranke ... voll abgefahren" habe (Bl. 17 d.A.). Indes lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass der Zeuge erst durch das beim Überfahren der Metallatte entstandene Geräusch auf das vom Angeklagten geführte Fahrzeug aufmerksam geworden ist. Ist deshalb der Nachweis des bisher festgestellten Unfallgeschehens unwahrscheinlich, so lassen die vom Angeklagten eingeräumten objektiven Umstände (Überfahren einer "Metallatte, Wahrnehmung eines scheppernden Geräusches) und die Schadensschätzung der Polizei doch die Schlußfolgerung zu, dass bei erneuter Verhandlung und Entscheidung der Angeklagte nicht ohne weiteres freigesprochen werden würde.
Der Schuldvorwurf wäre allerdings gering. Wird dann noch berücksichtigt, dass es sich bei dem Angeklagten um einen zur Tatzeit unbescholtenen Abiturienten handelt, besteht ein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Prognose für eine Verurteilung im Falle der Zurückverweisung unsicher ist.
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